:Wumpscut: Fuckit (2009) - ein Review von DarkForrest

:Wumpscut:: Fuckit - Cover
1
1 Review
4
4 Ratings
9.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic: Electro


DarkForrest
24.05.2016 18:22

Das Musikprojekt :Wumpscut: von Rudi Ratzinger ist ja in erster Linie für seine älteren Werke bekannt. Zumindest ich denke da eher an Songs wie „Soylent Green“, „Bunkertor 7“ oder „Koslow“, also das ganze 90’er Zeug. Dabei gibt es auch unter den neuen Sachen sehr viel gutes Material, aber als nicht Hardcore-Fan komme ich bei einem Album pro Jahr einfach nicht hinterher. Weder mit kaufen noch mit hören und habe nach dem 2010’er „Siamese“ auch komplett den Überblick verloren. Als „neue Alben“ würde ich jetzt mal ganz frei alles bezeichnen, was nach „Bonepeeler“ kam, aber das ist nur meine Einordnung. Um mal ein bisschen was nachzuholen, habe ich die Tage gründlich und intensiv das 2009’er Werk „Fuckit“ durchgehört.

Wie bei allen neuen Alben gibt es natürlich auch hier die Hardcore-Fan Edition mit allem möglichen Fanboy-Stuff. T-Shirt, Sticker, Postkarten und ich glaube bei irgendeinem Album war sogar mal ein Strandtuch oder so dabei. Da ich aber ganz gerne die Remix-CDs habe, bin ich oft wohl oder übel gezwungen mir auch den ganzen anderen Krempel dazu zu kaufen. Bei „Fuckit“ bin ich zum Glück auf eine nette Polybox Edition mit beiden CDs und ohne den ganzen Plunder gestoßen. Dafür ein fettes Plus. Eigentlich wollte ich ja noch Witze darüber reißen, dass es mir diesmal wahrscheinlich erspart geblieben ist, mir original „Fuckit“-Kondome als Beilage zu kaufen, bis ich in der Beschreibung der Box gesehen habe, dass da ohne Scheiß original „Fuckit“-Kondome beiliegen. Oh man...

Mein Review bezieht sich also auf die 2-CD Version, wobei ich bei der Wertung natürlich das eigentliche Album mehr mit reinspielen lasse. Vom Cover her sieht man, dass Rudi diesmal nicht mit Nazi-Thematik provozieren möchte, sondern sich diesmal eher mit Kommunismus-Kitsch versucht. Keine Panik: im eigentlichen Album hört man davon eher weniger raus. Im Vorfeld muss ich noch sagen, dass ich mit der zugehörigen DJ-Dwarf Single, auf der ganze 4 Songs des Albums waren ziemlich gehyped wurde, denn die Nummern waren allesamt allererste Sahne.

Los geht’s mit dem gleichen Intro wie auf „DJ-Dwarf 9“, „Schlechter Mensch“, welches ich jetzt mal nicht als eigenständigen Song zähle. Gut gemacht finde ich das Intro trotzdem, in dem man mal wieder einen Nachrichtenbericht verwurstet hat, in welchem :Wumpscut: für eine Straftat verantwortlich gemacht wird. Diesmal der Amoklauf von Matti Juhani Saari, welcher sich im Internet Wumpscut86 (oder Vampscout86, wie die nachrichtensprecherin es ausspricht) nannte. So richtig los geht’s dann aber mit „The Boo“, welches ich schon von der Single kannte. Sehr gelungener Auftakt, auch wenn ich den Song persönlich nicht nach ganz vorne gesetzt hätte. Der Song hat alles, was ein moderner :Wumpscut: Song braucht. Er ist gut tanzbar, halbwegs originell, was durch den Einsatz von Streichinstrumenten gut umgesetzt wurde, hat einen treibenden Beat, gute Hooklines und mit den Vocals von Rudi klingt das Ganze fast nach einer elektronischen Version von Rob Zombie, was ich persönlich absolut geil finde.

Der Titeltrack „Fuckit“ zieht dagegen ein richtig schnelles Tempo durch und knallt ordentlich. Natürlich gibt es auch hier keinen Industrial-Lärm wie ganz früher, aber wenn man sich so wie ich mit den eher eingängigen Sachen anfreunden kann, dann passt alles. Guter und schön schneller Titeltrack auf jeden Fall, bei dem man die etwas albernen Lyrics direkt mitsingen kann und auch will. „Cut To See How Much I Bleed“ ist wieder etwas langsamer geworden und lebt vor allem von seiner recht eingängigen Melodie, die den Song zu einem ziemlichen Ohrwurm werden lassen kann. Hat bei mir ein bisschen gedauert, bis ich’s mochte, aber mittlerweile stehe ich da ziemlich drauf.

„Achtung, Menschen“ wäre dann der erste Song, der nicht auf der Single ist und auch der erste Song, der mich nicht so ganz überzeugen konnte. Alles klingt schön düster, aber so richtig wollen mit die halb geflüsterten, halb gesprochenen Vocals von Rudi nicht zusagen. Das Ganze wirkt auch ein wenig unfertig und hat keine richtigen Highlights, bis er ziemlich abrupt aufhört. Trotzdem: als Filler noch ganz in Ordnung. „Autophagy Day“ schafft dann aber, was „Achtung, Menschen“ nicht vermochte: dafür sorgen, dass sich über die Single hinaus noch großartige Songs auf „Fuckit“ befinden. Im Gegensatz zum Vorgänger wirkt dieser Song wirklich gut durchdacht, fängt langsam an, steigert sich, bis plötzlich die Lyrics einsetzen und schafft dabei eine richtig schön düstere und kaputte Atmosphäre. So und nicht anders klingen richtig gute :Wumpscut: Songs!

„Pooch“ ist dann wieder von der Single bekannt. Weder schnell noch brachial aber trotzdem sehr eingängig ohne langweilig zu werden. Plus: ich mag die Lyrics. „Leichenteilchen“ ist dann ein nettes kleines Instrumental. Ich mag instrumentale Songs von :Wumpscut: ganz gerne und obwohl „Leichenteilchen“ jetzt keine Offenbarung ist, finde ich den Song ganz angenehm. Geht für mich eher in die Richtung „creepy Entspannungsmusik“. Sicherlich Geschmackssache, aber wen ich nach dem Ende des Songs direkt die Repeat-Taste drücke, hat er bei mir irgendetwas richtig gemacht.

„Broken“ fängt etwas zäh an und braucht ca. eine Minute bis er so richtig aus dem Quark kommt, aber danach wissen mich die elektronischen Arrangements sehr gut für den Rest, des fast 6 Minuten langen Songs zu unterhalten, sodass ich mir während des Songs wünsche in irgend so einem Gruftieclub dazu abzutanzen. „Bloodbathing Tub“ passt mir nicht so recht zusammen. Insgesamt eine eher lässige Nummer, die zwischendurch dann doch lieber hart sein will. Kann man ähnlich wie „Achtung, Menschen“ als Filler machen, bleibt aber nicht wirklich hängen. Beim zweiten Instrumental „Rumpelkammer“ wird’s mir dann aber wirklich zu belanglos. Der Song rumpelt komplett ohne Höhepunkte vor sich hin und langweilt stark. „Gulag“ bildet dann den Abschluss und passt thematisch wohl am ehesten zum roten Look des Albums. Sehr ruhige Nummer mit ein paar ganz gut eingesetzten Samples. Kein krönender Abschluss aber auch nicht gerade übel.

Das wäre erstmal das eigentliche Album. Ziemlich stark meiner Meinung nach, auch wenn „Fuckit“ gegen Ende die Puste ausgeht und auch das sehr hohe Niveau der Songs, die ich bereits kannte die ganze Zeit über aufrecht erhalten werden konnte. Werfen wir nochmal einen Blick auf die Bonus-CD. Vielleicht kann sie noch den einen oder anderen Punkt an der Wertung drehen, ansonsten sehe ich sie eher als nette Bonus-Dreingabe. Meine Erwartungen sind bei sowas eh eher, dass viel experimentiert wird und sich jeder dann seine 2-3 Remixe raussucht, die seinen persönlichen Geschmack entsprechen. Deshalb ist die Wertung von mir hier natürlich besonders subjektiv.

Als erstes versucht Yendri sich an „Pooch“. Wäre jetzt nicht unbedingt der Song gewesen, den ich mir für Remixe ausgesucht hätte, aber gut. Das Ergebnis ist leider ziemlich unspektakulär. Etwas mehr Beat über den gleichen Song gelegt wie es mir scheint, was wenig passt. Tanzbar wird er dadurch aus nicht. Ich bleibe beim original. Next!

„Cut To See How Much I Bleed“ haben wir auf der Bonus CD gleich 6 mal im Remix. Es liegt zwar auf der Hand, dass sich die Nummer wegen der eingängigen Melodie dafür anbietet, aber 6 mal? Na egal. Den Anfang machen Advent Resilience, die bei „Autophagy Day“ schonmal ganz gute Arbeit geleistet haben, die man hier lustigerweise NICHT zu hören bekommt, sondern erst auf „DJ-Dwarf 10“. Dieser Remix hier ist eher eine recht ruhige eigenständige elektronische Komposition, bei der die ursprüngliche Melodie immer mal wieder dezent auftaucht und welche von Bohrgeräuschen und Schreien unterbrochen wird...merkwürdig. Besser als der erste Remix, aber irgendwie...hmmm...

A propos „Autophagy Day“: Piscide legen hier einen richtig genialen Remix hin. Weniger creepy, dafür deutlich brachialer und dank Einsatz von Streichinstrumenten auf ähnliche Weise genial wie „The Boo“. Sehr starkes Stück, dass sich perfekt mit dem Original ergänzt. Leider der einzige Remix von „Autophagy Day“. Danach gibt es Remix Nummer 2 von „Cut To See How Much I Bleed“, den Vivisection Remix. Auch wieder instrumental, aber unglaublich langsam, düster und fast schon “doomig”. Macht wirklich Spaß, dem Stück zu lauschen.

Dann hätten wir das gescheiterte Experiment, bei „The Boo“ einfach mal den Beat rauszunehmen. Warum sollte man das machen? Der Percussion Remix, der auch noch von Rudy selbst stammt, versucht genau das. Okay, jetzt ist der Song halt nicht mehr tanzbar und auch so überhaupt nicht mehr treibend, sonst wurde soweit ich das raushöre nichts geändert. Muss nicht sein. Der EK-Remix von “Cut To See How Much I Bleed” ist dann etwas für alle, die neugierig sind, wie die Nummer als Marschlied klingt. Ziemlich kurios, aber nicht uninteressant.

Recently Deceased versuchen sich dann nochmal an „Pooch“ und machen etwas mehr draus als Yendri. Objektiv kann ich nichts dagegen sagen, weil man sich einigermaßen Mühe gegeben hat mit Piano und allem. Aber meinen geschmackt trifft es leider trotzdem nicht. Zumal die Vocals auch nur begingt dazu passen. Ich bleibe weiterhin bei der Frage, warum man gerade „Pooch“ remixen muss. „Cut To See How Much I Bleed“ Remix Nummer 4 von VProject ist in so fern eine Besonderheit, dass nur hier von allen Remixen dieses Songs die Vocals erhalten geblieben sind. Die ganzen elektronischen Sachen wurden etwas heruntergefahren, die Samples spielen eine größere Rolle und das ganze Tempo ist gefühlt etwas langsamer, was dem ganzen mal wieder eher einen finstereren Look verleiht. Passt von meiner Seite aus so und kann ich mir gerne mal als Alternative zum Original in die Playlist einschmeißen.

Yendri versucht sich darauf nochmal an „The Boo“ und konzentriert sich hierbei extrem stark auf die Violinenparts. Ist auf jeden Fall etwas eigenständiges, mir persönlich aber etwas zu wenig. Dann hätten wir noch „Gulag“ im Murmuring Remix. Hätte nicht gedacht, Remixe von „Gulag“ zu hören. Vielleicht nicht unbedingt die dankbarste Vorlage. Das Ergebnis hat mich jetzt auch nicht unbedingt umgehauen. In erster Linie die Samples verwendet, neu zusammengesetzt und ein bisschen eigenes Geklimper hinzugefügt. Kein Totalausfall, aber nach dem Hören sofort wieder vergessen.

„The Boo“ hat dann noch einen Freakshowmusic Remix spendiert bekommen. Nicht unbedingt übel. Auch hier stehen die Violinen im Vordergrund, aber mit etwas mehr Zutaten als Beilage, als das im Yendri Remix der Fall war. Etwas mehr Abwechslung mit der Zeit wäre nett gewesen, aber für zwischendurch mag ich die Nummer. „Cut To See How Much I Bleed“ im Erector Remix ist für mich dann wieder ein kleines Highlight. Klingt fast schon nach ziemlich trashigen Techno, ich kann trotzdem nicht stillhalten, wenn ich’s höre.

Kurz vor Schluss gibt es dann einen zweiten Gulag-Remix von Cerebral Apoplexy. Hier hat man sich etwas mehr an der eigentlichen Struktur des Songs orientiert und z.B. auch die Vocals behalten. Klingt etwas besser, ist aber trotzdem kein wirklicher Gewinn im Vergleich zum Original. Die Hintergrundbeats sind mir auch viel zu monoton und ich bleibe beim Original. Den Abschluss bildet dann der Ustkral Tor Remix von “Cut To See How Much I Bleed”, der 6. und letzte Remix von dem Song. Auch dieser geht ganz gut nach vorne. Ein sehr schneller elektronischer Remix, der ganz gut antriebt. Den ursprünglichen Song erkenne ich darin allerdings zu 0%. Hätte mir jemand gesagt, dass soll „The Boo“ sein, hätte ich den Unterschied nicht gemerkt. Aber das ist mir auch sowas von egal, denn bei 5 anderen Remixen, wo mehr vom Original durchkommt, freue ich mich einfach nur noch über die Abwechslung.

So, das war’s dann auch zur Remix-CD. Wie erwartet war natürlich für mich auch sehr viel Ausschussware dabei. Insgesamt bin ich aber zufrieden, den einen oder anderen richtig guten Remix gefunden zu haben, um den ich meine :Wumpscut:-Playlist erweitern kann. Okay, die Auswahl der Songs hat Verbesserungspotential. Ein Remix von „Broken“ oder „Fuckit“ wäre fein gewesen. Dafür gleich 6 mal “Cut To See How Much I Bleed”, und je 2 mal die meiner Meinung nach eher nicht so geeigneten „Pooch“ und „Gulag“? ...Meh. In eine ganz neue Richtung lenkt die Remix-CD „Fuckit“ jetzt nicht, aber alles in allem ist die Ausbeute okay.

Als Gesamtkunstwerk muss ich „Fuckit“ aber wirklich loben. Es ist abwechslungsreich, hat wenige Filler, legt ein gutes Tempo vor, ohne Monoton zu werden und hat für mich viele erinnerungswürdige Tracks und Momente. Vergleichbar mit den ganz alten Sachen ist es eh kaum, aber unter den neueren Alben, die ich bislang gehört habe, stellt „Fuckit“ meinen persönlichen Favoriten dar. Wirkliche Abstriche gibt’s für mich nur bei dem belanglosem „Rumpelkammer“ und evtl. dem etwas unharmonischen „Bloodbathing Tub“. „Achtung Menschen“ und „Gulag“ sind noch ganz solide Filler, der Rest treibt die Wertung ordentlich nach oben und die Remixe sind mir auch nochmal einen halben Punkt extra Wert für die 2-CD Version.

Punkte: 9 / 10


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