:Wumpscut: Dried Blood (1994) - ein Review von DarkForrest

:Wumpscut:: Dried Blood - Cover
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1 Review
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1 Rating
9.00
∅-Bew.
Typ: Single/EP
Genre(s): Dark Wave / Gothic: EBM, Industrial


DarkForrest
22.02.2020 22:21

Mit "Music For A Slaughtering Tribe" sollte Rudy Ratzinger 1993 einen Überraschungshit landen, der sich auch heute noch sehr gut hören lässt. Bevor es zwei Jahre später mit "Bunkertor 7" weitergehen sollte, wurden allerdings noch flink zwei EPs rausgehauen: "Dried Blood" im Jahr 1994 und "Gomorra" 1995 kurz vor "Bunkertor 7". Die beiden passten irgendwie so gut zusammen, dass sie etwas später zusammen als "Dried Blood Of Gomorrha" veröffentlicht wurden und diese Version heutzutage unter Fans sogar deutlich bekannter ist als die einzelnen EPs.

Zu "Gomorra" habe ich ja schon ein Review geschrieben und es ist ein fucking Meisterwerk - 4 absolut großartige Songs, an denen es nicht das geringste auszusetzen gibt. Wie sieht es jetzt mit dem großen Bruder "Dried Blood" aus? Optisch fügt es sich schonmal perfekt in die frühe :Wumpscut: Zeit ein. Das Cover passt perfekt zur morbiden Grundstimmung und den Texten der EP und auch wenn es zumindest bei meiner Version im Gegensatz zu "Gomorra" kein richtiges Booklet gibt, hat die gesamte optische Gestaltung der CD sehr viel Seele und ist mal wieder angenehm verstörend. Diesmal gibt's 5 Songs - also einer mehr als auf "Gomorra".

Ich habe ja im letzten Review geschrieben, dass in den Clubs gefühlt zu 90% "Soylent Green" gespielt wird, wenn es :Wumpscut: sein soll. Die restlichen 10% dürften dann wohl auf "Black Death" fallen - wohl eher wegen des Bekanntheitsgrades und weniger wegen der (nicht unbedingt ausgeprägten) Tanzbarkeit. Nun, umsonst ist das Ding sicher nicht so bekannt. Rudy liefert sich hier eine Art Duett mit einer gewissen Selene welche die französischen female Vocals stellt. Im Gegensatz zu "Fear In Motion" entsteht der Kontrast dadurch, dass "Black Death" sich musikalisch sehr ruhig gibt solange Selene am Start ist und dann an Intensität zunimmt wenn Rudy zum Zug kommt, bis irgendwann ein brachiales Gitarrenriff aufgefahren wird. Das klingt erstmal recht simpel ist aber wirklich großartig und mit viel Liebe zum Detail umgesetzt. Es gibt viele Feinheiten, dezente Übergänge und auch Passagen in denen Rudy mal ganz ruhig und entspannt singen darf - sehr nett.

Trotzdem hätte ich auf sehr hohem Niveau eine Kleinigkeit zu meckern. Die ruhigen Parts sind mir etwas zu monoton. Auch wenn Selene sicher eine tolle Stimme hat finde ich die Parts in denen sie ihren französischen Text aufsagt (und die machen einen guten Teil des Songs aus) doch etwas unspannend. Sicherlich soll das so, aber im Laufe der Jahre gab es neben dem "French Concept" welches wir hier hören immer wieder neue Herangehensweisen wie zum Beispiel das "Muted Concept" oder mein persönlicher Favorit den Fluid-0 Mix, der fast schon eine Antithese zum Original darstellt indem er die female Vocals durch Growls ersetzt.

"Dying Culture [First Movement]" klingt dagegen etwas mehr nach was, was auch gut auf "Music For A Slaughtering Tribe" gepasst hätte. Wie der Titel vermuten lässt sollte es später auf "Bunkertor 7" auch noch ein "Second Movement" geben - der gleiche Song, nur nochmal deutlich aufgemotzter. Im Prinzip mag ich beide Versionen und würde keine missen wollen. Diese hier ist etwas roher und hat weniger Beiwerk, aber wenn ich mich für eine entscheiden müsste würde ich die neuere nehmen. Doch auch wenn mit "Dying Culture [First Movement]" keine komplett neuen Wege gegangen werden ist das Ding genau so wie es ist klasse und macht ordentlich Spaß anzuhören.

"Body Parts [Radio Edit]" fängt sehr langsam und ruhig an, schlägt dann aber eine ganz ähnliche Richtung ein. Wahrscheinlich der beste Clubhit auf "Dried Blood" - zumindest wenn man ordentlich abgehen will. Tempo und Härte stimmen und die kurzen Pausen mit den geflüsterten Texten geben dem Song einen netten Touch. Auch dieser Track hätte sich gut auf dem Debütalbum gemacht, hätte stilistisch gut drauf gepasst, sich aber trotzdem positiv abgehoben.

Etwas experimenteller wird es dann mit "Funeral Diner [Red Tape Version]" (ähnlich wie auf "Gomorra" muss jeder Song irgendeinen Zusatz haben, auch wenn mir nur eine Version bekannt ist). Wir haben ein nettes Akustikgitarren Intro und über den ganzen Song eine recht groovig - entspannte Atmosphäre. Zwischendurch kommen auch mal Rob Zombie Vibes durch, was ich sonst eher von den späteren :Wumpscut: Stücken kenne. Also für :Wumpscut: ein angenehm progressiver Song sozusagen.

Auch sehr interessant ist der Radical Cut von "Dried Blood", welcher im Gegensatz zu "Funeral Diner" nicht nach vorne, sondern eher mal einen Schritt zurück geht. Soll heißen: digitales Geschrammel à la "Default" wie man's eigentlich eher auf den ganz frühen Sachen vor "Music For A Slaughtering Tribe" finden kann - allerdings klasse umgesetzt. Ich kann das Ding wirklich feiern, allerdings erscheint es mir recht kurz. Gerade wenn ich gut drauf eingestellt bin, sind die knapp 2 Minuten um. Gut, dass davon woanders auch ein Extended Cut nochmal released wurde, welcher etwa doppelt so lang ist.

Nach ziemlich genau 20 Minuten sind wir durch und ich kann nicht sagen, dass ich enttäuscht wurde. Ehrlich gesagt ist auch auf "Dried Blood" jeder Song für sich genommen absolut klasse. Es gibt eigentlich nur zwei Kleinigkeiten die dafür sorgen, dass "Gomorra" das ganze nochmal toppt. Auf der einen Seite traut sich "Gomorra" mit Songs wie "Turns Off Pain" oder "Crucified Division" vom bekannten Schema abzuweichen und auch mal musikalisch neuen Grund zu erschließen, was wir hier höchstens bei "Funeral Diner" und ein wenig "Black Death" hören. Ich finde das jetzt nicht direkt schlimm, dass "Dried Blood" etwas mehr das Konzept von "Music For A Slaughtering Tribe" fortsetzt, denn das wird hier teilweise auf einem höheren Niveau getan als auf dem Album selbst. Trotzdem wären hier noch Bonuspunkte drin gewesen. Die zweite Sache ist die, dass von 3 der 5 Songs mittlerweile alternative Versionen existieren, die ich jeweils dem Original vorziehe. Vielleicht ist das aber aus heutiger Sicht etwas unfair, denn zum damaligen Zeitpunkt waren das die einzigen Versionen und alles was danach kam baut entsprechend auf "Dried Blood" auf. Außerdem muss ich klar sagen, dass auch das "First Movement" von "Dying Culture" oder das "French Concept" von "Black Death" klasse gealtert sind und sie auch heute noch neben den alternativen Versionen ihre Daseinsberechtigung haben.

Bleibt unterm Strich eine wirklich großartige EP, die nur knapp an der Perfektion von "Gomorra" vorbei schrammt. Wenn ihr mal an :Wumpscut: interessiert seid und nicht wisst wo ihr anfangen sollt, dann gönnt euch ruhig "Dried Blood Of Gomorrha" und ihr macht ganz sicher nichts falsch. Ich liebe jedenfalls beide EPs sehr und werde sie mir wohl noch sehr oft geben.

Punkte: 9 / 10


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