Watchtower Control And Resistance (1989) - ein Review von holg

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2 Reviews
34
34 Ratings
9.31
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Jazz Metal, Power Metal, Progressive Metal, Speed Metal, Thrash Metal



24.06.2009 21:58

Bei diesem Album könnte ich euch mit einer endlosen Liste an Superlativen langweilen, ohne auch nur einen Funken der Genialität in Worte gekleidet zu haben, die hier vertont wurde. Es ist aber nun mal Fakt, dass WATCH TOWER die Urväter des progressiven Techno-Thrash sind und damals mit seltsamen Adjektiven umschrieben wurden, da kaum jemand von progressiver Metalmusik sprach. Sie haben einfach etwas vollkommen Einmaliges und Eigenständiges geschaffen, das bis heute noch keine andere Band in der Lage war zu rekapitulieren. Man hätte eigentlich nach ihrer Eigenveröffentlichung "Energetic Disassembly" vorgewarnt sein müssen, dass hier eine Götterspeise entstehen würde. Dass es aber so gut werden würde, damit hatten wohl nicht einmal damalige Hardcore-Anhänger der Truppe gerechnet.

Aber mal sachte. Viele der Songs auf "Control & Resistance" waren den Freaks bereits durch die Demos und etliche Livetapes bekannt. Trotzdem gab es zwei fette Überraschungen, als das Werk dann endlich zu erwerben war: Zum einen war an vielen Songs noch einmal kräftig herumgebastelt worden, so dass man teilweise glaubte, komplett neue Stücke zu hören, und zum zweiten hatte ja noch niemand diese Nummern mit dem gerade erst eingestiegenen Alan Tecchio (vormals HADES) zu hören bekommen. Und auch wenn die Stimme seines Vorgängers Jason McMaster ebenfalls schrill und für ungeübte Ohren anstrengend klang, toppte Alan mit seinen spitzen Höhen seinen Vorgänger um Längen. Aber dazu später mehr. Wenden wir uns den Kompositionen zu.


Eingeläutet wird das musikalische Feuerwerk vom kurzweiligen 'Instruments Of Random Murder'. Die Rhythmusarbeit lässt hier sicherlich bereits jeden Hörer gradliniger Strukturen verschreckt die CD wechseln, und wenn Mr. Tecchio dann auch noch seine Lungenflügel ausbreitet, dürften nicht wenige zu Aspirin greifen. Sollen sie doch. Der geübte Freund solcher Eskapaden wird sich wahlweise genüsslich zurücklehnen oder in ekstatisches Gezappel ausbrechen. Mit 'The Eldritch' können sich die Gehirnwindungen wieder entknoten, denn hier wandert man auf Chartpfaden. Gab es zu dieser Nummer doch ein herrlich hektisches Video, welches jeden Freund schneller Schnitte sicherlich begeistern dürfte. Ob dieser allerdings mit der musikalischen Umsetzung solch visueller Spielereien auch seine Freude haben wird, bleibt fraglich. Was nun folgt, verschlägt mir auch heute noch immer den Atem. 'Mayday In Kiev' überrascht mit einem eingängigen Metal-Chorus, der gar Mitshout-Passagen aufweist, verfügt ansonsten über einen mehr als verschachtelten Aufbau, und wiederum fragt man sich ungläubig, ob da wirklich nur ein Gitarrist zu hören ist. Ron Jarzombek zelebriert sein Können mit einem Spielwitz, dass man unwillkürlich die Luftgitarre auspacken möchte, um sich dabei die Finger zu verrenken. Wer die Band einmal live erlebt hat, weiß, mit wie vielen Spuren der Mann arbeitet und dass er dies alles tatsächlich auch reproduzieren kann. Denkt man nun, es könne keine Steigerung mehr geben, fällt einem 'The Fall Of Reason' in den Rücken. Beim alleinigen Gedanken an dieses Meisterwerk muss ich mich erstmal andächtig hinsetzen. Doug Keyser jongliert hier mit Basslinien, dass mir schwindelig wird, Rick Colaluca behandelt sein (elektronisches) Drumkit mit einer Präzision, dass man sich fragt, wie schräg ein Takt klingen kann und unser Held an der Sechssaitigen dürfte nach diesem Track wohl blutige Fingerkuppen haben. Spätestens wenn die Herrschaften in all diesem Gefrickel urplötzlich das Gaspedal durchtreten und mit einem heftigen Doublebass-Gewitter über den völlig verstörten Hörer herfallen, ist es um mich jedes Mal geschehen.



Über allem intoniert Alan mit ungeahnter Inbrunst die Texte der Herren Keyser und Jarzombek, dass man meint, er hätte sie selber verfasst. Atemberaubend. Der Titelsong geht es dann lässig an, bevor auch hier der überall verwendete Stereo-Effekt zuschlägt. Als wären die Kompositionen noch nicht kompliziert genug, passiert nämlich auf beiden Kanälen des Kopfhörers, den ich zum totalen Genuss dieses Wunderwerks natürlich immer aufhabe, teilweise Unterschiedliches. Allerdings ist besagter Song verhältnismäßig straight. Zumindest für WATCH TOWER. Nicht so 'Hidden Instict'. Abgehackte Rhythmik und ein von Beginn an sehr hohes Tempo lassen hier wieder die Nerven blank liegen. Zur Abkühlung servieren uns die Texaner hiernach mit 'Life Cycles' ihre Homage an RUSH. An dieser Nummer habe selbst ich mir aufgrund der seltsamen Gesangsmelodie, die normalerweise als Anker in den heftigen Wellen der drei wahnsinnigen Musikanten dient, anfänglich die Zähne ausgebissen. Hat man sich aber erst einmal in diese Komposition hineingehört, wird sie schnell zu einem der ... ähm ... acht Highlights! Im Mittelteil werden WATCH TOWER nämlich kurzzeitig sphärisch und wandern auf relaxten Bahnen. Unglaublich. Der Song vor dem unweigerlichen Betätigen der 'Repeat'-Funktion hört auf den ulkigen Titel 'Dangerous Toy'. Ulkig deshalb, weil die neue Band des früheren Sängers Jason McMaster genauso hieß. Wer die Version vom "Doomsday News"-Sampler mit ex-OBLIVION KNIGHT-Sänger Mike Soliz kennt, wird von der verbesserten Gesangsleistung begeistert sein. Ein grandioses Finale eines noch grandioseren Gesamtwerkes.



WATCH TOWER haben mit dieser Sammlung von extravaganten Songkonstrukten einen Meilenstein der progressiven Rockmusik abgeliefert. Daran lässt sich nicht rütteln. Das ist einfach so. Völlig objektiv und ohne rosarote Brille betrachtet. Hier verschmelzen Genie und Wahnsinn zu einer mitreißenden musikalischen Reise, die aber nicht jeder antreten wollen wird. Verständlich, denn wie oft schon wurde Geniales erst Dekaden später als solches erkannt. Beinahe zwei Dekaden sind bereits vergangen ...


Anspieltipps: In diesem Fall tatsächlich alles.

http://www.powermetal.de/review/review-Watchtower/Control__Resistance,6501.html
Note: 10.0 / 10

Punkte: 10 / 10


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