Vital Remains Dechristianize (2003) - ein Review von MLSnick

Vital Remains: Dechristianize - Cover
2
2 Reviews
8
8 Ratings
8.69
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal


MLSnick
17.03.2013 15:51

Endlich sind wir alle zusammen gekommen, um uns im Hörsportverein zu messen. Ein Wettbewerb sollte es eigentlich weniger sein, der Genuß 'extremer' Scheiben steht ganz klar im Vordergrund, doch dies scheint Klaus "Eisenohr" niemand gesagt zu haben. Auf die Frage mit welchem Album wir denn unseren Einstand geben sollten, zieht "Eisenohr" eine dämonisch rot glühende CD aus seiner Tasche hervor. Der arme Teufel will also direkt mit solch einem Brocken beginnen? Im Kreis der Vereinsmitglieder beginnt ein unheilvolles Gemurmel, nachdem ein eher kurzes, erschrecktes Lachen den Raum erfüllt hat. Man kenne schlicht niemanden der dieses Werk je an einem Stück überstanden habe, heißt es in allen Ecken. Doch man wolle ja nicht direkt vor solch einer Herausforderung kneifen, denn schließlich sei man jetzt im Hörsportverein und habe ein gewisses Maß an Härte und Schmerz auszuhalten.

Also begeben wir uns alle in den Hörraum und je eher der Silberling rotiert, um so schneller sind diese 60 Minuten vorbei, in denen uns infernalisches Geknüppel, scharfe Hochgeschwindigkeitsgitarren und das allseits bekannte Böse in Form des DEICIDE-Frontmanns Glen Benton entgegen bellt.

Schon das sehr aufwendige Intro tut sein Werk, wenn ich da in einige erstarrte Gesichter der Kollegen gucke. Die Kreuzigungsszene ist schon sehr emotional mit Orff's Carmina Burana inszeniert und dann diese Worte, die einem den Schauder über den Rücken jagen: "Are you the son of god?" "Yes, I am".
"Let the killing begin" schallt es dann besessen, bevor das Inferno richtig losgeht. "Eisenohr" grinst, denn das Brett das jetzt jedem entgegenschlägt ist so derb, das es schon wieder geil ist.
"Krautrock" Günther steht auf und geht. ich habe ihn seitdem nicht wieder gesehen. Er hat wohl mehr Jazz und eben Krautrock im Verein erwartet, aber direkt mit diesem Brocken konfrontiert zu werden, war wohl mehr als er ertragen konnte. Hinsichtlich der Songlängen wäre er von Dechristianize begeistert gewesen, denn da wird gerne mal an der 10 Minuten-Marke geknabbert.

Ja, der Titelsong ist schon was feines. In keiner DeathMetal-BestOf-Liste sollte dieser Killer fehlen. Derbes Geknüppel und Gekeife wechseln sich ab mit feinsten fragilen Gitarrenläufen, die einem mit ihrer Virtuosität und Musikalität runtergehen wie Butter. Hätte Günther nur bis zu einer dieser Stellen gewartet....
Mit diesem Rezept, dem Vermischen von Brutalität und Virtuosität geht es dann lustig weiter. Vielen steht der Schweiß nach 4 Titeln schon auf der Stirn. Da haben sich einige wohl ein falsches Bild vom Hörsport gemacht. Vielleicht hätte man auch die gut gemachte Doppel-LP auflegen sollen, da hätte man beim Drehen und Wechseln der Platten eine kurze Verschnaufpause gehabt, aber soweit ich weiß ist "Eisenohr" ein CD-Junkie.

Die Stimmung ist auch irgendwie im Keller, wer sich noch bewegt nippt an seinem Bier oder schwenkt seinen Rotwein oder Whiskey. Keiner spricht. Okay, das war auch so abgemacht. Während des Hörens haben Gespräche zu unterbleiben. Die Mitte der Scheibe kann leider nicht halten, was der grandiose, alles zerberstende Anfang verspricht. Interessant ist es trotzdem. Aber auch zermürbend für diejenigen, die ExtremMetal nicht gerade zum Frühstück verzehren. Ich merke das die Musik an den Nerven einiger Mithörer kratzt und je näher wir dem Ende kommen, umso leerer wird der Raum. Durch die schalldichte Scheibe sehe ich sie schimpfen und böse Blicke in den Hörraum werfen. "Nirvana" Norbert übergibt sich sogar.

Ab dem sechsten Track bekomme ich auch so langsam meine Probleme. Die Aufmerksamkeit läßt nach, ich beginne mit meinen Fingern zu spielen. Ich stupse "Eisenohr" und zeige auf die CD-Hülle. Er gibt sie mir grinsend und ich schaue mir das Teil mal an. Die übliche blaspemische Bookletgestaltung halt. Nur die asiatischen Gesichter der zwei Hauptmitglieder fallen aus dem Rahmen. Der eine, Lazaro ist nur für die Gitarre zuständig. Suzuki, der andere, macht den Rest und der bekloppte Benton intoniert mal wieder geiligts die Stimme des großen Biestes.

Der vorletzte Track "At war with god" ertönt. Nur ich und "Eisenohr" sind noch im Raum. Meine Hände sind schwitzig. Ich bin genervt und "Eisenohr" geht mir schon durch sein bloßes, cooles Dasitzen mächtig auf den Senkel. Wenn ich dran denke, das das letzte Stück ganze 10 Minuten in Anspruch nimmt, wird mir schlecht. Ich denke es ist Zeit die Segel zu streichen. "Eisenohr" hat gewonnen. Der Sack! Bevor ich gehe blitzt noch einmal die Genialität des Openers auf. Ist dies ein Zeichen? Soll ich weiter kämpfen? Mein Würgereiz sagt was anderes.
Das letzte Stück "Entwined by vengeance" kenne ich natürlich. Zwar habe ich die Scheibe nie ganz am Stück geschafft, aber es war mit eines der Highlights von Dechristianize.

Die CD ist mittlerweile vorüber und Klaus "Eisenohr" sitzt immer noch da. Langsam dämmert uns, das da etwas nicht stimmt und wir eilen in den Hörraum. Er brabbelt unverständliches Zeug und scheint desorientiert. Eine Fahrt ins Krankenhaus wird wohl nicht ausbleiben und es kommt, wie es kommen muß. Zum Einstand unseres Vereins landet unser guter Klaus in der Geschlossenen. Wir haben uns natürlich dazu entschlossen ihn weiterhin als Ehrenmitglied zu führen. Und wenn wir uns dann hin und wieder treffen um Musik zu hören, sprechen wir noch ehrfürchtig von Klaus "Eisenohr", dem Mann der Dechristianize überlebte, doch letztendlich daran zerbrach.

Punkte: 5.5 / 10


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