Als dunkler Gegenpol zum optimistischen Sixties-Pop haben Velvet Underground & Nico nur wenig Konkurrenz.
Der Sound ist kratzig, Lo-fi – kein Wunder, die LP wurde in einer einzigen Session für etwa 2.000 Dollar eingespielt. Die intensiven Texte von Lou Reed führen in eine beunruhigende Halbwelt: „Venus in Furs“ – ein sinnliches Loblied auf den Sadomasochismus: Cales rückkoppelnde Viola streichelt und schnappt wie die Peitsche. „Heroin“ – das entwaffnend wertfreie Bild der Droge: wohltuende Klänge wechseln sich ab mit Chaossound. Doch die Velvets machten auch verführerisch bezaubernde Musik wie „Sunday Morning“. „All Tommorrow`s Parties“ war Andy Warhols liebster Velvet-Song: eine Momentaufnahme der Schönen und der Verlorenen in Warhols Factory in New York.
Die eindeutige Sprache über Sex und Drogen führte zum Verbot der Platte bei den Radiosendern in New York – das übrige Amerika nahm sie gar nicht zur Kenntnis. Die Kritiker hassen die Platte; viele hielten sie für systematischen Sarkasmus von Andy Warhol (der auch die berühmte abziehbare Bananenhülle entworfen hatte). Rolling Stone ließ sich zu keiner Besprechung herab. Und zum damaligen Zeitpunkt kaufte kaum jemand die Platte. Doch wie Brian Eno einmal kommentierte – alle, die sie kauften, gründeten eine Band. New Wave erbte den kantigen Minimalismus der Velvets (Joy Division, Talking Heads, Television). Lou Reeds spöttisch-schnoddriger Gesang inspirierte unzählige Punk-Sänger. Die Feedback-Exzesse wurden von The Jesus And Mary Chan kopiert, die auch den Look mit schwarzem Leder und Sonnenbrille klauten.
Punkte: 6.5 / 10