Var The Never-Ending Year (2020) - ein Review von chevellion

Var: Never-Ending Year, The - Cover
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9.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Alternative Rock, Post Rock


chevellion
04.05.2020 16:19

Sommermusik machen sie nicht gerade, soviel darf man zum Sound der isländischen Band VAR vorab verraten. Auch wenn deren Zweitling "The Never-Ending Year" passend zur anstehenden heißen Jahreszeit um die Ecke kommt, passt sich die Athmosphäre des Albums eher an die Heimat der Post Rock-Hoffnung an.

Waren die erste EP "Var" sowie das Debutalbum "Vetur" noch überwiegend in der Muttersprache der Musiker daher gekommen, präsentiert das Quartett um Sänger Júlíus Óttar Björgvinsson nun ihr erstes komplett englischsprachiges Album. Und das hat es in sich. VAR zeigen sich auf dem Longplayer erfrischend abwechslungsreich. Während die schwelgerischen Töne in der ersten Vorabsingle "Moments" oder im eigentlichen Albumcloser "Still I Miss You" wahlweise Seele oder Wangen streicheln, drücken in "Where To Find You" verhältnismäßig schwere Gitarrenwände zum Einstieg leicht an die Gurgel. Wähnt man sich durch das etwas stereotype und athmosphärische Instrumental "Drowning" in ruhigen Fahrwassern, reißt einen der zweite Singlevorgeschmack "Run" auf relativ rauhe Weise aus den Träumen. Der Track gibt gut Gas und präsentiert sich als heimlicher Hit der Platte. So viel Geschwindigkeit suchte man auf den ersten Platten der Band vergebens, und diese fügt sich wunderbar in das Bild einer homogenen Platte mit wechselnden Stimmungen ein. Auf "By The Ocean" klinken sich kurzerhand elektronische Beats ein, um den Hörer zunächst zu überraschen, letzten Endes jedoch auf ihrem richtigen Platz im Konstrukt zu beharren. Die samtweiche Stimmlage von Sänger Júlíus wirkt auf seltsame Weise heimelig und nie übertrieben oder überpräsent, zu keinem Zeitpunkt der Platte erhebt sich der Gesang über die eigentliche Atmosphäre der Stücke. Er integriert sich wie ein weiteres Instrument, ohne welches diese Songs nicht funktionieren würden.
Hinzu kommt, dass VAR ihre Stücke trotz sphärischer Klänge und viel Weite auf den Punkt genau komponieren. Lediglich "Run" folgt dem klassichen "Strophe, Refrain, Strophe"-Schema, die übrigen Songs erarbeiten sich auf melodiösen Umwegen trotz allem schnell und einprägsam den Weg in den Gehörgang - ohne im klassischen (wahlweise negativen Sinn) "eingängig" zu sein. Zudem spielt sich außerhalb von "Run" alles im SloMo-/Midtempobereich ab. Und trotzdem wirkt "The Never-Ending Year" zugänglicher und offener als das Debut. Die Gitarren haben an den richtigen Stellen genug Distortion, um knackig zu klingen, lassen jedoch mehr als genug Luft zum Atmen zur Gesang und Keyboardklänge.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass - sollte sich jemand für dieses Album begeistern - eine CD-Version existiert, welche ausschließlich in Japan veröffentlicht wurde. Sie beinhaltet mit "Before Noon" und "The Never-Ending Year" zwei Bonustracks, welche dem regulären Album fehlen. Beide Songs sind sehr getragen, "Before Noon" kommt mit einem akustischen Gitarrengewand aus. Die Athmosphäre ist vergleichbar mit den beiden Instrumentals auf der regulären LP - hier gibt es noch Gesang und Lyrics, eine lohnende Investition. Die CD ist über einen guten deutschen Vinylversand zu bekommen.

Punkte: 9 / 10