Nein, tatsächlich entspricht das nicht der Wahrheit. So klischeebeladen auch der erste Eindruck des Schaffens von "Totengeflüster" aufgrund viel zu vieler Enttäuschungen sein mag, bekommt man hier richtig durchdachten, aggressiven, schwarzen und atmosphärischen Black Metal geboten, wie man ihn unter Neuveröffentlichungen in letzter Zeit wohl eher nicht genießen durfte. Das deutsche Trio setzt auf ihrem Debüt-Album "Vom Seelensterben" dort an, wo Genre-Vorreiter schon vor längst vergangenen Tagen einmal waren, sich dann aber einfach viel zu weit vom Kern entfernt haben. Klar, man wird – und es kann gar nicht anders sein – beim Hören der Platte unweigerlich an frühe Stücke von Bands wie "Dimmu Borgir" erinnert, aber nicht wegen einfallsloser Lieder, sondern weil "Totengeflüster" den Charme der damaligen und bis heute reichenden Interpretation von Symphonic Black Metal sehr gut eingefangen haben.
Die Kälte des Genres ist sehr klar das Fundament des Albums, das durch die orchestrale Umkleidung nicht mechanisch und lieblos erbaut, sondern viel mehr zum Leben erweckt wird. Die scharfen, verzerrten Gitarrenklänge und das heisere Gekeife bilden zusammen mit eben jener Ummantelung eine Einheit, die Schmerz, Angst und alle anderen in die Texte eingearbeiteten Emotionen sehr schön transportiert. "Vom Seelensterben" ist ein Album, das tatsächlich mehr als nur Klangwellen zu bieten hat, und das gibt es heute leider nicht mehr allzu oft. Alle erwähnten Eindrücke werden noch dazu von einem wirklich mehr als gelungenen Artwork unterstützt, für das sich Gründer Totleben verantwortlich zeigt. Fein gemacht, der Herr!
"Vom Seelensterben" ist ein von vorne bis hinten sehr gut durchdachtes, funktionierendes Werk geworden. Es gibt lediglich zwei Faktoren, die das Album von einer zehn Punkte-Bewertung fernhalten. Erstens ist es der teilweise ins Matschige driftende Klang des Rundlings, über den man zwar angesichts der sonst sehr guten Arbeit gerne hinwegsehen kann, der objektiv aber einfach vorhanden ist. Zweitens fehlt noch der allerletzte Kick, der aus dem sehr soliden und flüssigen Songwriting der deutschen Schwarzmetaller das eine oder andere Meisterstück hervorzaubert.
Für ein Debüt-Album und eine Eigenproduktion sind neun von zehn Punkten meines Erachtens aber schon eine reife Leistung. Außerdem bin ich mir sicher, dass sich die drei Herren mit ihrem nächsten Werk noch steigern wollen, und da wäre es zu schade, nicht noch einen Punkt als die Kirsche für das Sahnehäubchen im Ärmel zu haben!
Wolfgang / RottingHill.at
Punkte: 9 / 10