NEIN!! Der 1984 veröffentlichte Nachfolger konnte dort anschliessen, wo man mit "Opel-Gang" aufgehört hatte; fieser Punkrock vom allerfeinsten! Doch die Messlatte wurde noch höher gelegt und erfolgreich übersprungen. Metal-Elemente wurden dezent eingebracht, ausgeklügelte Melodien schmückten die grösstenteil sehr rohen Songs aus und auch produktionstechnisch gab es für jene Zeit ordentlich was auf die Ohren! Dabei schien diese Offensive der Düsseldorfer Punk-Piraten vorerst erbärmlich im Sog des Pleitegeiers unterzugehen; wohl war "Opel-Gang" kommerziell ein ziemlich beachtlicher Erfolg, dennoch war die Band chronisch pleite. Zudem mussten die Aufnahmen zu "Unter falscher Flagge" wieder und wieder unterbrochen werden, da Campino und Breiti ihren Zivildienst leisten mussten...
Nichts desto trotz knallt die Platte auch heute noch unglaublich; der Opener - eine Coverversion von Ennio Morricones "Man with the harmonica" - von den Hosen fälschlicherweise mit "Spiel mir das Lied von Tod" betitelt, bereitet den geneigten Hörer auf melancholisch-spannende Art und Weise auf den Pogokracher "Liebesspieler" vor. Noch heute ein Bestandteil ihrer Liveshows und ein echter Klassiker!
Auch balladeske Songs kamen zum ersten mal zum Zug ("Letzte Wache", "Der Schandfleck") und zeigten eine deutliche Weiterentwicklung der Hosen...
Der Titeltrack "Unter falscher Flagge" fährt das volle Brett und hinterlässt bloss noch ein erbärmliches Häufchen Asche; Punk-Metal vom allerfeinsten!
Und schliesslich liess Campino mit "Sekt oder Selters" seiner Phantasie zu Heirat, Familie und Spiessertum freien Lauf - heute wohl etwas überholt!
Zu den Grosstaten der Scheibe gehört auch das gedrückte, leicht bedrohlich und gespenstisch wirkende "Im Hafen ist Endstation" - welch ein wunderbarer Refrain! Selten hat ein Hosen Song eine solch dichte Atmosphäre aufbauen können wie in diesem Track.
Mein persönlicher Favorit ist jedoch "Der Mord an Vicky Morgan"; endgeiles Riff, spannender Songaufbau, kraftvoll gespielt und Campino schreit und brüllt, als wäre es das letzte mal...
Auch live kamen die Fans auf ihre Kosten: anstelle einer - wie gewöhnlich - schlechten Vorband, wurden die Nerven der angereisten Punks via dem "Wahren Heino" strapaziert! "Der wahre Heino" war nichts anderes als ein Freund der Band, der allabendlich mit blonder Perücke und schwarzer Sonnenbrille Heino-"Hits" der Marke "Blau blüht der Enzian", "Karamba, Karacho, ein Whisky" und ähnlichen Schrott zum besten gab. Berichten zu Folge war die Hölle los und die Hosen hatten es danach schwer, die angeheizte Stimmung halten zu können!
So gut die Idee mit dem "Wahren Heino" auch immer war, der echte Heino fand das gar nicht lustig und verklagte den falschen Heino auf 500'000.- Mark.
Den Hosen erging es auch nicht besser; da sie auf dem Original-Vinyl-Cover den EMI-Hund als Skelett karikiert haben, drohte ihnen seitens EMI ebenfalls eine satte Geldstrafe... So wurde das Cover entschäft und zensiert!
Ja, Humor wurde anno 1984/1985 noch ganz, ganz klein geschrieben!
Ich besitze die Demos zur Scheibe - 9 Tracks, zudem erschien auf der Jubiläumsausgabe von "Unter flascher Flagge" der Song "Unter falscher Flagge" und "Der Schandfleck" ebenfalls - wohl auch aus den Sessions - als Demo, so kann ich folgende Songs als Demos aufweisen:
-Liebesspieler
-Der Mord an Vicky Morgan
-Im Hafen ist Endstation
-Unter falscher Flagge
-Der Schandfleck
-Betrunken im Dienst
-Shake hands
-Es ist vorbei (hat es nicht auf's Album geschafft)
-Kriminaltango (wurde mit Kurt Raab eine Vorabsingle)
So kann man den Klang und die Arrangements gut mitverfolgen. Ich muss sagen, dass mir die Demo-Version von "Im Hafen ist Endstation" fast besser gefällt als die auf dem Album... Aber das ist Erbsenzählerei, denn auch die Albumversion ist grossartig!!
Punkte: 10 / 10