Tom Waits Rain Dogs (1985) - ein Review von manisimmati

Tom Waits: Rain Dogs - Cover
1
1 Review
21
21 Ratings
8.55
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Alternative Rock, Blues Rock
Blues
Singer / Songwriter / Liedermacher


manisimmati
19.08.2012 14:07

Wie soll man Tom Waits' "Rain Dogs" beschreiben? Als musikalischer Schlag in Fresse? Als gurgelnde, gleissende, grummelnde Tour de Force? Als betrunkene Stimme, die zwischen Jazz, Rock, Folk, Blues und Batshit Craziness hin und her torkelt? Als bestes Album, das ihr jemals hören werdet? Wahrscheinlich liegt in allen diesen Beschreibungen etwas Wahres. Doch nichts, was ich mit meinen unwürdigen Fingern in diesen Laptop tippen kann, wird diesem genialen Album jemals gerecht werden. Trotzdem, versuchen kann man's ja …

Beginnen wir mit den konventionelleren Titeln: TIME zeigt Waits' melancholische Seite und sein lyrisches Ausnahmetalent. Selten habe ich so einen wunderschönen Liedtext gehört. Hier kann fast jede Zeile für sich selbst stehen. "The things you can't remember tell the things you can't forget" ist nur ein Juwel in diesem poetischen Wunderwerk. DOWNTOWN TRAIN ist eine gemächliche, verschlafene Rock-Ballade, die idealerweise um 4.00 Uhr nachts gehört werden sollte. BLIND LOVE ist der coolste Country-Song ever, und GUN STREET GIRL erinnert an rohe Folk-Lieder ganz alter Schule.

Was "Rain Dogs" einzigartig macht, sind allerdings jene Songs, die schulterzuckend zwischen Gefälligkeit und Avantgarde schweben. Jene Songs, bei denen man sich zweierlei zugleich fragt: 1) "Was zur Hölle höre ich da gerade?" und 2) "Wie geil ist das denn?" SINGAPORE und CEMETERY POLKA stampfen unaufhaltsam vor sich hin, mit schräger Instrumentierung und krächzendem Gesang. CLAP HANDS schaukelt wie eine Gondel durch einen verruchten Hafen. Und der Titeltrack RAIN DOGS versetzt einen unvermittelt in die dreckige Gosse. In diesen Liedern riecht man förmlich den Gestank; man hört es zischen und dampfen.

Diese Musik hat mehr als nur Ecken und Kanten; sie hat Widerhaken und Stacheln. Sie versetzt einen direkt in die düsteren Ecken einer Stadt. Das ist abstossend und faszinierend zugleich. Abstossend ist es, da die Roh- und Sperrigkeit bestimmter Lieder beinahe weh tut – zum Beispiel beim grotesken Spoken Word-Stück 9TH & HANNEPIN, oder beim strunzbetrunkenen TANGO 'TIL THEY'RE SORE. Faszinierend ist es, weil das Handwerk, das hinter diesen Seltsamkeiten steckt, stets klar erkennbar ist. Unbestreitbar: Hier ist ein meisterhafter Singer-Songwriter am Werke; und er zieht alle Register, um die Erbärmlichkeit Obdachloser zu authentischen Klängen zu verdichten. Bei ANYWHERE I LAY MY HEAD ist Waits' Spagat zwischen Genie und Wahnsinn am deutlichsten hörbar. Da kotzt er sich die Einsamkeit aus dem Leib, während die Bläser eine zuckersüsse Melodie vor sich hin trällern. "Well, I don't need anybody, because I learned, I learned to be alone." Was für ein grandioser Kontrast!

Fazit: "Rain Dogs" ist ein zuweilen ekliger und irritierender Abstecher in die Schattenseiten des Lebens. Aber meine Fresse, hört er sich geil an! Wer dieses Album nicht gehört hat, hat was verpasst.

Punkte: 10 / 10


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