Tierra Santa sind in diesen Tagen mit ihrem „elften“ Album wieder auf der Bildfläche aufgetaucht. Die spanischen Iron Maiden, seit 1997 aktiv, spielen darauf nach wie vor ihren Mix aus Hard Rock und Metal, wobei dieses Mal der Hard Rock überwiegt. Nichtsdestotrotz erkennt man diese einzigartige Band sofort.
Die Anfangsphase von Tierra Santa strotzt nur so vor Energie, und so brachte es die Band innerhalb von sechs Jahren fertig, fünf großartige Alben zu veröffentlichen, die fast ausschließlich die Luft des klassischen Heavy Metal atmen. Danach folgten zwei eher verzichtbare Alben bevor es für zwei Albumlängen wieder ein wenig aufwärts ging. Zuletzt wurde mit „Esencia“ eine Best-of… inklusive akustischer Versionen aufgenommen. Spannend ist also, welchen Weg Tierra Santa mit dem neuen Album einschlagen.
Der Titeltrack „Quinto Elemento“ beginnt gleich mit Synthesizern und somit wird man sogleich leicht enttäuscht. Tierra Santa scheinen ihre Härte nicht wiederentdeckt zu haben. Stattdessen geht es also träumerisch los. Der Song bleibt insgesamt auch in rockigen Gefilden, wobei ein gewisser Ohrwurmfaktor durchaus vorhanden ist. Dieser fehlt jedoch bei der ersten Single „Cain“, der zu allem Übel auch noch permanent hintergründig mit Keyboards unterlegt ist, und somit also auch eher ein vorbeirauschender Song ohne große Höhepunkte ist. „Donde moran los malditos“ geht dann sogar noch einen Schritt zurück und ist ein langsamerer Track, der sehr atmosphärisch aufgebaut ist. Man wartet hier stetig auf den großen Ausbruch, der leider nicht kommt.
Die Stärken dieser Scheibe sind leider rar gesät. Da ist zum einen die immer noch tolle Stimme von Sänger Angel San Juan, die aber auch nicht mehr die Stärke vergangener Tage erreicht, aber die Songs zumindest aus der völligen Bedeutungslosigkeit hebt. Der Härtegrad, der mittlerweile den Gitarren und dem ganzen Soundfundament fehlt, wird ebenso bei ihm vermisst. Es kommt einem die typische angezogene Handbremse in den Sinn oder ist es Altersmilde? „Revolucion“ ist einer der Songs, die noch am besten funktionieren. Gute Melodien und ein einprägsamer Chorus machen diesen zackigen Song zu einem der besseren. „Fuego en el Paraiso“ hat auch noch ansatzweise das alte Feuer in sich und kann als Anspieltipp durchgehen.
Eine Ballade wie „Hombre sin Tierra“ oder „De la calle al cielo“, noch zudem durch eine zahme Band dargeboten, braucht jedoch keiner. Wer also auf bessere, härtere Zeiten in La Rioja gehofft hat, wird enttäuscht. Der Band geht jegliche Härte verloren, und wenn dann eigentlich ein fettes Gitarrensolo kommen sollte … kommt einfach nur zahmes Geschwurbel. Die Keyboards sind dann nur noch der (übelste) Zuckerguss obendrauf. Möglicherweise hätte man mit einer anderen Produktion noch etwas mehr herausholen können, denn schöne Melodien schütteln die Mannen aus dem spanischen Norden nach wie vor aus dem Ärmel. Dieses reicht dann auch durchaus noch, um beim Bügeln mitzuwippen – mitbrüllen will man hier gar nichts. Tut in der Band ja auch keiner.
Ich hätte sehr gerne ein anderes Fazit unter die Platte gesetzt, aber es geht einfach nicht. Ich lege jedem, der die Band nicht kennt, dringend ans Herz, einmal in Klassiker wie „Sangre de reyes“ hineinzuhören. Dazwischen liegen mittlerweile Welten. In der aktuellen Form sind Tierra Santa eher mit den Heroes del Silencio zu vergleichen, allerdings – und das ist bezeichnend – mit weniger Esprit.
Punkte: 6 / 10