Soko Friedhof Wer Hat Angst Vor ... (2008) - ein Review von DarkForrest

Soko Friedhof: Wer Hat Angst Vor ... - Cover
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1 Review
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1 Rating
6.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
26.07.2018 20:13

“Wer Hat Angst Vor… “ ist zu einer ziemlich interessanten Zeit in der Soko Friedhof Geschichte erschienen. Das Projekt hatte sich spätestens mit “Klingeltöne Satans” schon ein gutes Stück von den Wurzeln entfernt. Die Texte waren jetzt ausschließlich deutsch und der Humor etwas platter. Gleichzeitig waren wir hier noch in einer Phase, bevor genretechnich alles aus so richtig daneben ging und David A. Line mit seinem Horror-Metzgerei-Gothic-Porno-Gangster-Verschnitt komplett den Bezug zur Realität verloren hat. Diese Phase, die ich so grob zwischen dem genialen “Jesussaft” und “Totengräber” einordnen würde, hatte ihren ganz eigenen Reiz und ich habe mich jedes Jahr im Herbst auf das neue Album gefreut.

An “Wer Hat Angst Vor…” bin ich aber immer etwas schwer dran gekommen. Hier ist für mich der Punkt an dem die Soko zum ersten Mal etwas geschwächelt hat. Ein Kritikpunkt damals war für mich der Fokus auf düstere Kinderthemen. Ihr wisst schon: Horrorclowns (siehe doofes Cover) oder das Einbeziehen von Märchen oder Kinderliedern. Alle diese drei wahnsinnig originellen Idee finden wir hier. Trotzdem ist es (zum Glück) bei heutiger Betrachtung weniger präsent als ich es in Erinnerung hatte. Ein roter Faden fehlt hier eigentlich komplett. Auch ein Merkmal von Soko Alben in dieser Phase, dass alles ziemlich bunt zusammen gewürfelt wirkt, kommt hier wohl stärker zur Geltung als sonst wo.

Stürzen wir uns also in's akustische Geschehen: der Opener “Die Welt Geht Unter (The End Of Days)” ist der obligatorische Versuch mit Greta Ida an “Blutrünstiges Mädchen” anzuknüpfen. Der tussige Gesang von Greta ist hier wirklich grenzwertig aber durch gute Tanzbarkeit kann ich das Ding nochmal durchgehen lassen. Anders (und besser) sieht es schon bei “Die Nacht Des Jägers” aus. Ein eher langsames, düsteres Stück, welches es schafft nicht total banane zu klingen, obwohl es auf “Fuchs Du Hast Die Gans Gestohlen” basiert. Nett. Sogar noch besser finde ich die Version mit Gretas Vocals im Hintergrund auf der “Very Best Of” aber die ursprüngliche Version gefällt auch schon sehr gut.

Das gilt leider nicht für “Der Clown”. Obwohl mit dem englischen Refrain, den deutschen Strophen und der seltsamen Zirkusmusik nichts so richtig gut zusammen passt, wird die Nummer sehr schnell repetetiv. Mein Geschmack wird hier jedenfalls weit verfehlt. Wieder sehr gut finde ich dagegen “Der Henker”. So verbringt sich hinter dem unauffälligen Synthie Stück eine sehr spannende Geschichte, die uns David A. Line da erzählt und die sogar ein bisschen zum Philosophieren einlädt. So mag ich das!
“Musik Ist Gut Nur Wenn Sie Brennt” inkl. dem Intro “Dr. Mieslings Gewaltmusik” reitet ein wenig darauf herum, dass Soko Friedhof in der Vergangenheit gerne mal (zum größten Teil ungerechtfertigt) von den Medien kritisiert wurden. Ihr kennt ja die üblichen “Böse Musik macht die Jugendlichen zu Massenmördern” - Klischees. Genau die wurden hier verwurstet. Bisschen schwierig das ganze. Der Text hat mich zwar kurz zum Schmunzeln gebracht. Musikalisch klingt es (passend zum Thema) echt daneben und macht eher Kopfschmerzen. Beim ersten Mal hören vielleicht noch ganz witzig aber mit Null Wiederhörwert.

Bei “Schneewittchen” ist es anders herum. Hier geht der Beat echt gut ab und macht Laune direkt mitzutanzen, dafür ist der Text so bekloppt, dass es einem fast schon wieder peinlich ist, das ganze gut zu finden. Wer jetzt einen Runterzieher braucht, findet ihn bei “Du Geile Sau!” - ein durch und durch hässlicher Song, der schonmal einen kleinen Einblick in die spätere “Hauptsache irgendwie schockierend und provozierend - Phase” bietet. Der Unterschied ist allerdings, dass es hier noch nicht ganz so aufgesetzt wirkt, wenn David dem Hörer “Du geile Sau” in's Ohr haucht gefolgt von wirklich unschönen Texten rund um’s Thema Prostitution. Trotzdem natürlich nichts, was unbedingt die Stimmung hebt.

“Ich Glaube” ist zwar ähnlich negativ ausgerichtet, aber eher mal typische Soko-Oldschool-Kost, die direkt Spaß macht und an der es überhaupt nichts auszusetzen gibt. “Mach 3 Kreuze” ist auch extrem nett. Ein schöner, verträumter Song im Stil von “Hexensommer”. Überhaupt erinnert er stark an “Jesussaft” - Zeiten, die damals ja noch nicht so lange her waren. “One Night Stand” geht dagegen gar nicht. Ähnlich hässlich wie “Du Geile Sau!” aber noch mit extrem nervigen Geklingel… Geklimper… kein Plan und Schreien unterlegt. Urgs - Nein danke! “Das Ende (The Beginning)” ist vor allem eins - lang. Fast 6 Minuten und ich habe mich nicht einmal mitgerissen gefühlt. Damit schließt das Album leider auch noch extrem unspektakulär ab.

“Wer Hat Angst Vor…” ist für mich leider das erste Album, bei dem die Soko nicht ganz die gewohnte Qualität abliefert. Das mag daran liegen, dass ein Album pro Jahr für so ein Side-Project auch ein recht hoher Output ist und so wirkt es dann auch: als hätte man nicht genug Ideen für ein ganzes Album gehabt. Der eine oder andere Song wirkt doch recht unausgegoren und auch wenn ich nichts gegen etwas bunter zusammen gewürfelte Alben habe, ist hier gar nicht zu erkennen in welche Richtung “Wer Hat Angst vor…” gehen soll - eher, dass man alles mögliche verwurstet hat, um auf die 12 Songs zu kommen. Trotzdem ist das Album bei weitem nicht so schlecht wie das, was David A. Line später so verbrochen hat. Insgesamt ist es immer noch ganz gut hörbar. Songs wie “Der Henker” oder “Ich Glaube” finde ich sogar richtig gut und auch “Die Nacht Des Jägers” oder “Mach 3 Kreuze” kann ich vorbehaltlos empfehlen. Aber die Menge an langweiligen oder gar ungenießbaren Songs ist mir hier zu groß, sodass sowohl “Klingeltöne Satans” als auch “Totengräber” für mich die bessere Wahl sind. Für Fans absolut okayes Album. Zum Einstieg eher nicht geeignet.

Punkte: 6 / 10


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