Soko Friedhof Totengräber (2009) - ein Review von DarkForrest

Soko Friedhof: Totengräber - Cover
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7.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
23.12.2024 18:49

Ende 2009 erschien Soko Friedhofs neuntes Album “Totengräber”, welches nicht nur das Jahrzehnt, sondern auch eine ganze Ära vom Side-Project der Untoten abschließen sollte. Noch einmal wurde versucht mit einer Mischung aus schwarzem Humor, satirisch aufgearbeiten Klischees über die schwarze Szene und möglichst tanzbaren Elektro, neue Hits zu produzieren, die evtl. an “Blutrünstiges Mädchen” anknüpfen können. Und ich meine das gar nicht mal im negativen Sinne. Ich mochte diese Phase der Soko. Trotzdem hat man ab “Wer Hat Angst Vor…?” gemerkt, dass sich das Konzept langsam abnutzte und die Soko erstmals schwächelte. Das lag meiner Meinung nach aber eher mal daran, dass David A. Line wirklich jährlich Alben rausbrachte - also alleine für Soko Friedhof - und das noch neben seinem Hauptprojekt Untoten. Die vermeintliche Lösung für dieses Problem sollte dann leider darin bestehen, die Frequenz an Alben erstmal noch mehr zu erhöhen und die Qualität noch stärker zu verringern, aber lassen wir das Thema an der Stelle mal und bleiben wir bei “Totengräber”.

13 neue Tracks werden hier auf uns losgelassen und dieses Mal ist das Konzept hinter dem Album ziemlich offen, während es zuletzt ja immer eine Art roten Faden gab, der durch die Alben führte. Okay, ich glaube in den Promo-Texten hieß es damals, dass das Thema “Friedhof” sich durch das Album ziehen sollte, aber come on: das könnte man auch über das ganze Projekt sagen, dass das Wort Friedhof im Namen hat und es gibt doch recht viele Songs, die nicht wirklich etwas mit dem Thema zu tun haben. Aber das ist okay - ich mag es eigentlich wenn A. Line sich einfach nur austobt und ich kann schonmal sagen, dass es auch musikalisch sehr abwechslungsreich zur Sache geht. Allerdings muss man gleichzeitig dazu sagen, dass hier keine wirklich neuen Ideen umgesetzt werden. Die Soko macht auf “Totengräber” einfach nur das, was sie die letzten Alben ganz gut hinbekommen hat. Dazu passt das Artwork für das Albumcover. Es ist sicherlich nicht das hässlichste in der gesamten Diskographie, aber wahrscheinlich das uninspirierteste von allen.

Der Opener ist gleichzeitig der Titeltrack und macht schonmal jede Menge richtig. Er heizt ganz gut ein, die Hookline “tot, tot, tot - ich bin der Totengräber” funktioniert erstaunlich gut und die über 5 Minuten vergehen hier wie im Flug. Wirklich starker Einstieg.

Das gleiche kann ich leider nicht von “Made In Germany” sagen. Wisst ihr noch damals Ende der 2000’er als zuerst Eisbrecher mit “This Is Deutsch” und dann Rammstein mit “Pussy” jeweils einen ziemlich erfolgreichen Song hatten, der nur darin bestand, möglichst viele international bekannte deutsche Klischeewörter aneinander zu reihen? “This Is Deutsch” war zumindest musikalisch echt stabil, bei “Pussy” konnte ich dann schon nie so recht verstehen, warum Leute das so gefeiert haben. Tja, und das ist nun Soko Friedhofs Take zu der ganzen Sache. Leider klingt alles musikalisch extrem lahm und wird vorgetragen mit einer Stimme, die überhaupt nicht für NDH-Songs geeignet ist. Und ich höre schon direkt das Argument: das ist eine Parodie - das soll so klingen. Okay, dann klingt es mit Absicht kacke, aber leider immer noch kacke. Erstaunlicherweise war aber selbstbewusst genug, ausgerechnet “Made In Germany” als einzigen Song von “Totengräber” auf die kurz darauf erschienene “Very Best Of” zu packen. Merkwürdig…

“Schluss Mit Dir” geht dagegen völlig in Ordnung. David A. Line gibt hier Ratschläge bei Beziehungskonflikten und überrascht dabei mit ziemlich flottem Tempo und einem schon fast Rock n’ Roll lastigen Song. Nicht schlecht.

Richtig gut gefällt mir aber “Doppelleben” - wieder ein Song, der vorsichtig die anstehende Entwicklung in Richtung Hip Hop durchblicken lässt, aber auf eine wirklich gelungene Art und Weise. “Doppelleben” ist düster, abgefuckt und geht trotzdem richtig gut in's Ohr. Starker Song, der sich etwas weiter von der Comedy-Ausrichtung entfernt.

“From Soko With Love” ist dagegen reine Parodie. Alles wirkt bewusst kitschig und fast schon hippiesk natürlich mit einem Text, der nicht unbedingt nur auf Harmonie abgestimmt ist. Ist so einer dieser Gimmick-Songs, die man ein paar Mal hört und dann über hat, im Vergleich zu ähnlichen Tracks, aber doch sehr gut gelungen für das, was es darstellen soll.

“Alte Liebe (Rostet Nicht)” ist schon ziemlich abgedroschen und kommt mit seiner simplen Melodie und den billigen Reimen echt primitiv daher, aber was soll ich sagen? Es macht trotzdem irgendwie Spaß und kann sich zu einem echt fiesen Ohrwurm entwickeln. Musikalisches Fast Food, das als Filler doch irgendwie gut klargeht.

Das wahrscheinlich zumindest teilweise autobiographische “Mein Kampf”, welches natürlich nur ganz zufällig einen etwas kontroversen Titel trägt, ist der poppigste Song auf “Totengräber”. Das Ding ist tanzbar wie ein Clubhit, zugänglich wie schwarzer Schlager und hat dazu noch ein angenehmes Tempo. Mag ich ganz gerne.

Bei “Neutronenbombe” hört es bei mir dann aber auf. Die Soko hatte schon einige langsame und monotone Stücke, die mir gut gefallen haben, aber die “Neutronenbombe” erweist sich bei mir mit seinem Keyboardgeklimper und ständigen Wiederholungen als Blindgänger. Und dann auch noch knapp 7 Minuten davon? Ne danke.

Gegen Ende bekomme ich nochmal den Eindruck, dass man hier versucht, unbedingt nochmal einen Clubhit zu produzieren, mit dem man nichts falsch machen kann und der allen gefällt. Versuch Nummer 1 wäre “Friedhofskinder” und was soll ich sagen: der Song macht zumindest tatsächlich nichts falsch - alles sehr nett und eingängig, aber auch nichts, was wir bei der Soko so nicht schon öfters gehört haben. Wenn wir uns aber von dem Anspruch befreien, dass "Friedhofskinder” der absolute Burner sein muss, der Soko Friedhof wieder zu neuem Ruhm verhilft, dann ist der Track echt solide.

“Sensenmann” ist der einzige richtige Song, der ohne Vocals auskommt und nur auf Musik und Samples basiert und ich bin positiv überrascht. Der Stil erinnert an frühe Soko-Zeiten, die Qualität ist aber deutlich besser und das Stück ausgereifter als die meisten Songs auf “Grabschönheiten” oder “Im Beichtstuhl Der Begierde”.

Mit “Loser” gibt es noch einen kurzen Filmausschnitt von ein paar Sekunden, wie man es auf dem einen oder anderen Album öfter mal zu hören bekommt. “Loser” ist hier allerdings der einzige Track seiner Art, kommt aus dem Nichts, wirkt etwas verstörend, passt aber gleichzeitig auch nicht so richtig zum Rest des Albums und mir ist nicht so richtig klar, wozu das Ganze gut sein soll.

Mit “Armee Der Blutrünstigen Mädchen” versucht A. Line sogar noch offensichtlicher an alte Erfolge anzuknüpfen und für mich gilt hier dasselbe wie für “Friedhofskinder”: überhaupt nicht originell, aber für sich betrachtet absolut solide und spaßig, wenn man nicht unbedingt Innovation erwartet.

Den Abschluss macht “Germany” - knapp eine Minute aus Samples, die nochmal direkt an “Made In Germany” anknüpfen. Hätte man auch weglassen können, schadet aber auch nicht direkt und ist keine so harte Unterbrechung wie “Loser”, sondern eher ein etwas unspektakulärer Ausklang.

Ja und damit wäre “Totengräber” dann auch erstmal leergefeuert. Ich kann zwar absolut verstehen, dass sich an diesem Punkt so langsam eine Ernüchterung bei den Fans breit gemacht hat. Jedes Jahr auf den gleichen Stil zu setzen hat so langsam dafür gesorgt, dass die Soko selbst zu einem Klischee verkommen ist und wem das Ganze bei den letzten Alben zu langweilig wurde, der wird hier wenig finden, was seine Meinung dazu ändert.

Auf der anderen Seite macht “Totengräber” das, was es macht, erstaunlich gut. Zumindest für mich gibt es hier nochmal einen merkbaren Qualitätsanstieg gegenüber “Wer hat Angst Vor…?”. Auch ein paar einzelne Songs, die für sich betrachtet echt gut hinhauen und problemlos in eine Soko-Playlist passen, lassen sich hier finden. Und im Vergleich zu dem, in was sich die Soko für die nächsten 4 Alben entwickeln sollte, ist “Totengräber” schon ein großer Qualitätsunterschied. Meiner Meinung nach wäre es wahrscheinlich besser gewesen, einen ähnlichen Stil beizubehalten, aber sich etwas mehr Zeit zwischen den Alben zu lassen. Trotzdem ist “Totengräber” ganz gut gealtert. Leute, die andere Soko-Alben Mitte der 2000’er mögen, bekommen hier mehr vom selben und machen damit wenig falsch.

Punkte: 7.5 / 10


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