Die Pixies haben mit diesem Album den Sound der 90er vorweggenommen und beeinflussten damit viele Musiker in nicht geringerem Maße als berühmtere Zeitgenossen wie Sonic Youth oder R.E.M.; selbst ein Kurt Cobain war bekanntlich großer Bewunderer der Band. Das überrascht auch nicht, wenn man sich 'Doolittle' anhört. Die Pixies verstanden es schon hier, ruhigere Strophen mit lauten Refrains zu verbinden. Eine Formel, die Nirvana später aufgriffen und dann nochmal weitergedacht haben.
Was macht 'Doolittle' für mich so besonders? Immer wenn ich das Album auflege, packt es mich von Neuem, vom ersten Ton an. Auch nach Jahren verliert es seine Wirkung nicht. Die Pixies schaffen es, nicht einfach nur herkömmliches Indie-Geschrammel abzuliefern, sondern verleihen ihren Songs ein Herz und eine Seele. Man hört, dass da Musiker mit Liebe und Leidenschaft am Werk sind, die eine kaum vergleichbare Atmosphäre innerhalb der Songs schaffen können und die sich bei jedem Song Gedanken zu den Arrangements und Strukturen gemacht haben. Der erste Song 'Debaser' hat gleich so viel Energie, dass man beim Erstdurchlauf meinen könnte, sie hätten mit diesem Track bereits ihr ganzes Pulver verschossen. Der weitere Hörgenuss jedoch belehrt eines Besseren. Die Power der Band lässt zu keinem Zeitpunkt nach, außer vielleicht beim meiner Meinung nach schwächsten Track, 'Silver'. Die Songs sind in Punk-Manier eher kurz gehalten (zwischen 2-3 Minuten), was aber auch eine gute Entscheidung war, da die Songs dadurch nur noch reizvoller werden und zum Zurückkehren einladen. Nur 'No. 13 Baby' ist zum Ende hin etwas ausschweifend, was allerdings ebenfalls erfreulich ist, wenn man die geniale Schlussphase des Songs hört. Es erwacht der Eindruck, dass die Band selbst so angetan von diesem Riff war, dass sie keine Lust hatten, den Song zu Ende zu spielen.
Hervorheben kann ich eigentlich so gut wie alle Songs; 'Here Comes Your Man' ist etwas unorthodox und auch ungewöhnlich für einen Pixies-Song, zudem enthält es Surf-Elemente und gehört definitiv zu den stärksten Titeln im gesamten Backkatalog. 'Crackity Jones' fährt hohes Tempo und wirkt durch Blacks bissige Vocals herrlich bizarr und irgendwie krankhaft. Dringendste Anspieltipps außerdem: 'Wave Of Mutilation', 'I Bleed', 'Monkey Gone To Heaven', 'Gouge Away'.
Sänger Black Francis (der sich erst als Solokünstler Frank Black nannte) leistet hier hervorragende Arbeit, indem er seine Stimme extrem wandelt und zudem auch die Kunst des Schreigesangs versteht. Bassistin Kim Deal trägt nicht nur die Songs durch ihr präzises Bassspiel, sondern lässt durch Backing Vocals auch etwas Schönheit in den sonst eher 'dreckigen' Sound einfließen. Auf 'La La Love You' fungiert ausnahmsweise Drummer David Lovering als Leadsänger, der natürlich nicht an Black heranreicht, jedoch solide Arbeit leistet.
'Doolittle' ist ein ästhetisches, unberechenbares und tiefgründiges Album ohne dabei zu versäumen, heavy zu sein. Ein bisschen noisig ist es hier und da, im Kontrast dazu finden sich auch romantische Passagen, ohne einen Hauch von Pathos. Man kann sagen, dass hier das System Laut/Leise auf ein neues Level gehievt wurde. War damals seiner Zeit voraus und hört sich definitiv nicht nach 1989 an.
Wer auf die Lyrics achtet, sollte sich bewusst machen, dass diese sehr abstrakt wirken und nicht gleich nachzuvollziehen sind. Ich habe schon viele Interpretationen bestimmter Songs mitbekommen, allerdings hat Black selbst einmal behauptet, dass er oft nur Worte gewählt hat, welche (akustisch, nicht inhaltlich) gut in den Kontext passen. Ich lege deshalb mein Augenmerk bewusst nicht auf die Texte, ähnlich wie bei Nirvana.
Meilenstein und persönlicher Favorit von mir, deshalb kann es nur die Höchstwertung geben (auch wenn mir 'Silver' einfach nicht gefallen will).
Punkte: 10 / 10