Die Wilsons bewegten sich schon immer in einem stilistisch breiten Spektrum und so verwundert es eigentlich nicht, dass Nancy völlig alleine auf der Bühne mit der akustischen Gitarre und einem Mikro auch eine tolle Figur macht. Da ich damals 1996 leider nicht im Publikum war und nur nachhören kann, meine ich das jetzt streng musikalisch :-)
Ihre Gitarre klingt stets nach mehr als nur einem Instrument. Man sehe mir nach, dass ich die einschlägigen Spieltechniken nicht fachmännisch benennen kann, jedenfalls sind durchwegs Rhythmus, Melodie und Akkorde gleichzeitig zu hören, sodass man Mitmusiker nie vermisst. Vom Singen lässt sie sich durch das anspruchsvolle Gitarrenspiel aber nicht die Bohne ablenken.
Ich kann Musik, die in Richtung Singer-Songwriter etc. tendiert, normalerweise keine 10 Minuten ertragen. Doch so wie Nancy das rüberbringt, kann ich gar nicht genug davon bekommen! Die Akustikgitarre klingt kraftvoll, der Gesang ebenso, kein bisschen naive Lagerfeuer-Hippieseeligkeit. Man vergleiche Nancy's Version von "Kathy's Song" mit Paul Simon's weinerlichem Original. Es sind noch einige neu geschriebene Stücke drauf, sowie Solo-Versionen von Heart-Nummern und je 1 Cover von Joni Mitchell und Peter Gabriel und 1 rasantes Instrumentalstück (Leghead's Lament"), das, wie so oft bei Nancy, an Jimmy Page erinnert, ohne dabei was abzukupfern.
Leider ist "The Dragon" nicht drauf, ein tolles Nancy Wilson Solostück. Vielleicht hat es damals noch nicht existiert. Hört es euch auf youtube an, affengeil, vor allem, wenn sie zum Refrain anhebt. Gleichzeitig wäre dieser Clip auch eine gute Hörprobe für "Live at McCabes's Guitar Shop" ohne dass er von diesem Album wäre.
Punkte: 9.5 / 10