Marty Friedman Inferno (2014) - ein Review von noiseagain

Marty Friedman: Inferno - Cover
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1 Review
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8.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Heavy Metal, Jazz Metal, Power Metal, Progressive Metal, Speed Metal, Thrash Metal



02.01.2015 20:56

Instrumental das höchste der Gefühle. Über die Sänger kann man streiten.

"Rust In Peace" von MEGADETH ist nach wie vor eines meiner allerliebsten Metal-Alben und mit dafür verantwortlich ist die faszinierende Gitarrenarbeit von Marty Friedman. Dieser Flitzefinger hat einfach bei aller Geschwindigkeit einen wahnsinnigen Sinn für unkonventionelle, oft neoklassisch inspirierte Melodien. Klar, Friedman wird von den meisten Leuten mit seiner Arbeit für MEGADETH in Verbindung gebracht, doch auch vor und nach dieser Zeit hat er Alben veröffentlicht. Die beiden CACOPHONY-Alben mit Jason Becker zählen nach wir vor zu Highlights der Shredder-Szene. Und das vorliegende Album "Inferno" ist nun auch schon das zwölfte unter seinem eigenen Namen. Der vielversprechende Titel lässt nun auf einen gitarristischen Kugelblitz hoffen.

Und genau den bekommt man auch. Der Titeltrack gleich zu Anfang legt los wie die Feuerwehr. Schneller moderner Metal gepaart mit furiosen Soli wird geboten, eine fulminante Technik-Achterbahnfahrt, bei der einem die Ohren schlackern und der Starkstrom durch den Körper fährt. So geil war instrumentale Shred-Mucke seit Jeff Loomis' "Plains Of Oblivion" (zum Review) nicht mehr. Auch 'Resin' schlägt in dieselbe Kerbe, modernes Uptempo-Riffing und Soli, Soli, Soli bis zum Drehschwindel.

Nun, zu solchen Alben von Saitenhexern werden ja gerne mal prominente Gäste eingeladen. Der etwas hardrockiger orientierte Bruder im Geiste, GUS G., hatte letztens auf "I Am The Fire" eine exquisite Sängerauswahl. Mister Friedman lässt sich hier auch nicht lumpen und holt sich das mexikanische Gitarrenduo RODRIGO Y GABRIELA in Studio. Wer die nicht kennt, das sind diese genialen Virtuosen, die Rock- und Metalklassiker auf der akustischen Gitarre neu interpretieren. Die Musik wird gerne in Irish Pubs gespielt (weil die beiden in Irland leben). Hört euch einfach auf You Tube mal METALLICAS "Orion" an. Herrlich nun, wie Friedman bei 'Wicked Panaceda' seine Musik mit dem Sound dieser Künstler paart und über diese flamenco-artigen Gitarren seine Shreds und knackige Metalbratgitarren legt.

Wer modern sein will, muss auch Djent können und so holt sich Friedman beim vierten Song den Herren Keshav Dhar in Boot. Nie gehört? Nun, der djentelt hauptberuflich bei SKYHARBOR und auch hier ('Stereohead') gibt es einige Dschung-dschung-Riffs, satt tiefer gelegt und gar nicht mal so verknotet wie sonst immer bei dieser hippen Knobelmusik. Auch das ist vollkommen geil.

Der erste leider auch verzichtbare Beitrag mit Gesang ist 'I Can't Relax' mit DANKO JONES. Dieses biedere Punknümmerchen passt ja überhaupt nicht in die Reihe. Skip. Danach wird es nervig ('Meat Hook'). Jørgen Munkeby (SHINING, JAGA JAZZIST) ist ein norwegischer Jazzmusiker und strapaziert in diesem total abgedrehten Track die Nerven des Hörers mit extrem schrägen Saxophon-Einlagen. Hier schwanke ich tatsächlich sekündlich zwischen "total genial" und "voll daneben". Aber so muss Kunst eben manchmal sein.

Der nächste Gast ist David Davidson von REVOCATION. 'Sociopaths' ist eine Metalcore-Nummer und ein tolles Beispiel, wie man an sich gute Ideen mit beknacktem Schreigesang zerstören kann. Skip.

Auch mit der nächsten Nummer ('Lycanthrope') werde ich keine Freundschaft eingehen. Alexi Leiho soll bitte endlich aufhören, zu versuchen zu singen und sich voll auf Gitarre spielen verlegen. Und schon gar nicht Friedmans Soloalbum zubrüllen. Seine Soli sind aber toll.

Sehr viel versöhnlicher klingt dann schon die wehmütige Ballade 'Undertow' (mit Schlagzeuger Greg Bissonette und Basser Tony Franklin). Hier zeigt Friedman endlich auch, wie schön er seine Gitarre singen lassen kann und wie viel Gefühl er hat. Das ist wieder ganz groß! Auch 'Horrors' ist am Schluss noch einmal äussert hörenswert. In dieser düsteren Nummer, die vom ALS-erkrankten Kumpanen und Kollegen Jason Becker mit komponiert wurde, zeigt Friedman seine Vorliebe für klassische Musik und dramatische Komposition. Die akustischen Zwischenspiele hier sind sagenhaft, die neoklassischen Soli in der zweiten Hälfte ebenso. Technisch spektakulär und emotional berührend ist das. Die Reprise ganz am Schluss macht dann das Zirkelhören von "Inferno" überaus einfach, weil es mit derselben Melodie aufhört, wie es anfängt.

Und jetzt? Wie ist das Fazit? Zunächst ist festzustellen, dass wir durchweg Musik auf dem höchsten technischen Niveau hören (Ausnahme 'I Can't Relax'). Friedman hatte auf "Inferno" eine sehr moderne metallische Ausrichtung im Kopf, was sich im Sound und bei der Wahl der Gastmusiker niedergeschlagen hat. Darüber hinaus ist das Album sehr abwechslungsreich geraten. Friedman integriert u.a. Punk, Jazz, Djent und Klassik in seine variantenreiche Musik, die jedoch immer deutlich von seinem eigenen charakteristischen Spielstil geprägt ist. Subjektiv gesehen sind alle Songs ohne Gesang absolute Juwelen und eine reine Zusammenstellung dieser Lieder wäre der Höchstnote sehr nahe. Die meisten Songs mit Gesang jedoch sind für mich mit einem Makel versehen, denn - anders als bei Kollege GUS G. ist die Wahl der Sänger eher auf Schreihälse gefallen, die mir allesamt auf den Nerv gehen. Andere Ohren werden das aber sicher ganz anders hören und deshalb kann ich "Inferno" jedem empfehlen, der etwas mit technisch herausragender Metal-Musik anfangen kann.


www.powermetal.de 16.05.2014

Punkte: 8 / 10


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