Manilla Road Invasion (1980) - ein Review von Fire Down Under

Manilla Road: Invasion - Cover
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1 Review
17
17 Ratings
7.35
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Epic Metal, Hardrock, Progressive Metal


Fire Down Under
16.05.2014 23:45

"For destiny leads us to build our empire..."

Die Geschichte von MANILLA ROAD beginnt im Jahre 1977 in Wichita, Kansas, als der 20-jährige Anthropologiestudent Mark "The Shark" Shelton zusammen mit ein paar Freunden einen Musizierkreis eröffnete. Der Name für die Band war schnell gefunden: gab es doch in der Nähe von Wichita eine "Manila Road“, welche Mark oft entlang ging und auf der er so einige Inspirationen erhalten hat. Zudem sollte der Name eine mystische und obskure Wirkung haben. Was könnte also besser passen?
Zur Gründungsbesetzung gehörten neben dem Shark (Gesang und Gitarre) Ben Munkirs (Schlagzeug) sowie Scott "Scooter" Park (Bass) und sein Bruder Robert Park an der 2. Gitarre.
1979 spielte die Band ihr erstes Demotape namens "Underground" ein (Ben Munkirs wurde mittlerweile durch Myles Sipe ersetzt), von welchem nur 50 Kopien hergestellt und der Großteil an lokale Radiostationen versendet wurde. Es enthielt 3 Songs: "Far Side of the Sun", "Manilla Road" und "Herman Hill". Es ist fraglich, ob von den ursprünglichen 50 Tapes überhaupt noch eines existiert, für mich würde aber ein Traum in Erfüllung gehen, jemals eines zu finden, da mich besonders der Song "Manilla Road" interessiert, den es sonst bisher noch nirgends gibt - "Far Side of the Sun" wurde später für das erste und das zweite Album neu aufgenommen und "Herman Hill" kann man auf dem 2009 veröffentlichten "After Midnight Live"-Album, das eine Radiosession von 1979 enthält, hören.
Besagte Session wurde moderiert von einer gewissen Sherry Avett, die in frühen Tagen sowas wie die Managerin und somit Wegbereiterin von MANILLA ROAD wurde.
Ende 1979 - Robert Park hatte die Band ebenso wie Myles Sipe wieder verlassen (letzteren ersetzte Rick "Ziggy" Fisher, der bis zu "Crystal Logic" in der Band bleiben sollte) - gab die Band die Aufnahmen für das Debütalbum ins Presswerk, welches dann Anfang 1980 unter dem Titel "Invasion" erscheinen sollte.
Geziert von einem mystischen, bedrohlich wirkenden, naiv und irgendwie dilettantisch gezeichneten Cover (für mich aber dennoch oder vielmehr gerade deswegen total ansprechend, eines der faszinierendsten Artworks von MR und überhaupt - könnte ich mir stundenlang anschauen! Auch das Backcover - wunderschön gezeichnet!), wurde das Album, da sich kein Label so recht für die Musik interessieren wollte, kurzerhand von der Band selbst aufgelegt, die dafür das bandeigene Label Roadster Records gründete.

Die Musik auf "Invasion" lässt sich hingegen fast gar nicht mit dem vergleichen, wofür man MANILLA ROAD für gewöhnlich kennt (oder auch nicht). Wer auf "Invasion" Metal oder gar Epic Metal erwartet, der wird mit dem Album nichts anfangen können. Anno 1980 hatte die Band mit Metal nichts am Hut - vielmehr schwurbelte das Trio in einem Kosmos aus Psychedelic- und Space-Rock umher, meist in progressiv aufgebauten Songs und oft in Überlänge. Tief verwurzelt in den 70ern!
Aus heutiger Sicht betrachtet ist "Invasion" für MANILLA ROAD in etwa das, was "Rocka Rolla" für JUDAS PRIEST (die auf dem Backcover als Inspirationsgeber genannt werden) war - ein Album, das noch nichts mit dem späteren, "bekannten" Stil zu tun hat und besonders durch eine gewisse Experimentierfreudigkeit hervorsticht. Ich finde, die beiden Alben lassen sich gut miteinander vergleichen - zum Teil auch musikalisch. Vor allem aber ist zu konstatieren, dass beide Alben für sich in einem eigenen Kosmos spielen.

Das Album beginnt mit einem sirenenartigen Intro, das die bedrohliche Stimmung des Albumcovers perfekt in Musik zu vertonen vermag und so den Opener "The Dream Goes On" einleitet. Das Riff des Songs klingt schon sehr ungewöhnlich, irgendwie uneingängig, aber gerade deswegen auch ziemlich interessant. Ein Übersong ist das gewiss nicht, auch auf "Invasion" nicht, aber Charme hat der Song auf jeden Fall eine Menge.
Von einem anderen Kaliber ist gleich der zweite Song "Cat And Mouse": ein über acht Minuten langer progressiver Paukenschlag! Was das junge Trio hier auffährt, ist für mich ganz großes Songwriting: der Groove treibt wunderbar voran, das leidenschaftliche Spiel und die sphärischen, tragenden Leads füllen hier jede einzelne Sekunde mit Leben. Ein klarer Höhepunkt des Albums!
Ebenfalls über 8 Minuten lang ist "Far Side of the Sun", das ein tolles, spaciges Intro mit spoken-word-Passagen vorangestellt bekommt - was für eine Atmosphäre!! Der Song selber ist dann nicht so vertrackt wie der Vorgänger, eher straight-forward, dennoch mit einigen Schlenkern. Könnte man als sowas wie den "Single-Hit" des Albums bezeichnen. Mir taugt der Groove in dem Lied einfach total.
Seite B beginnt - mal wieder - mit einem herrlich abgefahrenen Synthie-Intro zum Song "Street Jammer", der mich immer ein wenig an MOTÖRHEAD erinnert, aber nur von der Art wie er gespielt ist, ansonsten eigentlich gar nicht. Straighter Rock‘n‘Roll halt.
"Centurian War Games" ist eine Akustiknummer, wie sie Mark Shelton danach kaum noch, dafür aber interessanterweise wieder verstärkt auf aktuelleren Alben der Band brachte. Als Einzelstück ist das klar das schwächste des Albums (ein wenig zu einfach gestrickt), dafür leitet es einen absoluten Jahrhundertsong ein - den letzten und mit Abstand längsten Song des Albums:
"The Empire" ist ein über 13 Minuten langer, in Musik gegossener, wunderschöner Traum, wie es ihn viel zu selten gibt! Klar beeinflusst vom klassischen Progressive Rock zaubert das Trio hier einen absoluten Hammer aus dem Hut. Vor dem geistigen Auge erscheinen Bilder und Landschaften aus längst vergangenen Zeiten, man begibt sich auf eine (Zeit-)reise ins Ungewisse mit unbekanntem Ausgang. Wohin diese Reise führt? Will man das wissen? Will man überhaupt jemals ankommen, solange doch diese wunderbare Musik läuft?
Völlig unglaublich, was nahezu komplett unbeachtet vom Publikum hier 1980 rausgeschossen wurde. Es mag sein, dass MANILLA ROAD zu dieser Zeit technisch noch fernab jeder Perfektion waren, aber an Gefühl, Leidenschaft und dem Spürsinn für magische Momente - also eben all das, worauf es WIRKLICH ankommt - hat es den jungen Burschen schon damals nicht gefehlt. Und genau deswegen ist schon "The Empire" wahrlich nahe der Perfektion! Absolut ergreifend, absolut einmalige Atmosphäre - wer so etwas erschafft, der ist ein wahrer Meister der Musik.
Auch wird, obwohl es wie gesagt kein Metal ist (dafür aber auf jeden Fall tatsächlich schon episch), mit "The Empire" schon einiges vorweggenommen, was später zu Epen wie "Dreams of Eschaton" oder "The Ninth Wave" werden sollte - aber eben hier schon auf völlig unfassbarem, ganz eigenem Niveau!

Die frühe Phase (also die Phase bis 1982) ist für Mark Shelton bekanntlich immer noch sowas wie ein ungeliebtes Kind, da sie eben technisch alles andere als perfekt war, über "Invasion" sagte er einmal sinngemäß "Wir waren jung, wir wollten nur rocken". Ich finde, dass er gerade diesem Album mit dieser Aussage Unrecht tut - denn es enthält in meinen Ohren alles andere als schnöde Rockmusik! Eher im Gegenteil, denn die ambitionierten, progressiven, teils sogar verschachtelten Kompositionen sind alles, nur keine easy-listening-Mucke!

Vielmehr ist auf "Invasion" eine vor Kreativität strotzende Band zu hören, die genau weiß was sie tut und wie sie ihre Einflüsse zu verwerten hat.
Ich gebe dem Album klare 8,5/10 Punkte ohne damit auch nur in irgendeiner Form einen Vergleich zu späteren Werken zu ziehen - es ist ein komplett anderer Stil und dadurch als etwas Eigenes zu bewerten. Allein schon der beiden Hämmer "Cat And Mouse" und "The Empire" wegen kann ich gar nicht tiefer werten. Absolut fantastisches Debüt!

"People, they ask us what can you play, there‘s only one thing to say: we‘re MANILLA ROAD."

Punkte: 8.5 / 10


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