Manic Street Preachers Everything Must Go (1996) - ein Review von Lord

Manic Street Preachers: Everything Must Go - Cover
1
1 Review
10
10 Ratings
8.30
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Pop: Brit-Pop
Rock: Alternative Rock


Lord
08.02.2015 09:48

Die ersten vier Alben der Manic Street Preachers wissen alle uneingeschränkt zu gefallen und zu überzeugen – zwar änderte sich der Stil nach dem Verschwinden von Texter und Zweitgitarrist Richey James Edwards merklich Richtung Britpop, doch fiel das beim ersten Album – dem Vorliegenden – der Band als 3-Kopf-Team nicht negativ ins Gewicht.
Die 2 besten Alben jedoch sind für mich das letzte mit Edwards - „The holy bible“ - und das erste ohne ihn; „Everything must go“. Unterschiedlicher könnten sie allerdings kaum sein.
Ich habe es im Review zu „The holy bible“ schon erwähnt, dass sich die Alben gegenüberstehen wie „Die Schöne und das Biest“, wo „The holy bible“ ganz klar den Platz des Biestes einnimmt. Und auch einnehmen will... „Everything must go“ - veröffentlicht im Mai 1996 – ist die Schöne. Die Wunderschöne sogar. Die Göttliche.
Ein bezauberndes, magisches Album.

Es fing alles mit dem Gedicht von Nicky Wire an – dem Bassisten, der neben Richey Edwards für die Texte der Preachers zuständig war. Nach Edwards Verschwinden schrieb er „A design for life“ als Gedicht über die Arbeiterklasse in Wales. Die Band wollte eigentlich ohne Richey gar nicht mehr weiter machen, zu sehr fehlte er ihnen, zu wichtig war er für die Band.
Sänger James Dean Bradfield bekam das Gedicht in die Hände und war schwer angetan von dem was er da las - und schrieb eine bezaubernd schöne, unendlich traurige und tiefschürfende Melodie dazu, wie sie besser nicht komponiert werden kann. Mit diesem Song als Grundlage sassen die 3 zusammen und beschlossen ohne Richey es nochmal zu versuchen. So begann der Prozess des Songwritings und die Entstehung von dem göttlichen Überalbum „Everything must go“.

...und es sollte anders klingen als (in erster Linie) zuvor der fiese Bastard „The holy bible“, der geprägt war von Richeys Psychosen, Phobien und sonstigen Problemen. „Everything must go“ wirkt auf mich wie die trauernde Witwe, die wieder Lebensmut fasst und merkt, dass es weitergehen muss und kann. Aufbruchstimmung! ...frei brechen aus alten Schemen, Vorwärtsdrang, abheben – die Vergangenheit mit einem tieftraurigen weinenden Auge hinter sich lassen – aufbrechen zu neuen Ufern, zu neuen Taten. Selten gelang es einer Band diese Stimmung wie ein roter Faden über die volle Distanz der 12 Songs umfassenden Scheibe aufrecht zu erhalten und durchzuziehen. Es passt alles zusammen, verbindet sich und mengt sich in- und untereinander. Soll nicht heissen, dass „Everything must go“ ein nur positives, leichtes Album ist – nein, es ist traurig. Es ist melancholisch... aber es ist wunderschön. Es ist eine aufmunternde und anmutende Trauer.

Der Melodienreichtum auf dieser Platte ist unerreicht. Es scheint keine Grenzen zu geben und so unlogisch die Akkordfolgen erscheinen, desto schöner und glänzender strahlen sie. Neben der Hitsingle „A design for life“ muss ich da klar den Titeltrack „Everything must go“ erwähnen: Das ist etwas vom Schönsten was je geschrieben wurde. Was für ein weittragender Refrain – ich habe das Bild eines gepflasterten Platzes vor mir, auf dem weisse Tauben sitzen und dann alle gleichzeitig gen Himmel fliegen – so klingt das Orchester im Refrain.
Oder das kraftvolle „Enola/Alone“: Diese Melodie geht tief unter die Haut. Weittragend schön, herzergreifend. In knapp 20 Jahren nie langweilig geworden.
„Australia“ und „The girl who wanted to be God“ gehen in eine ähnliche Richtung wie der Titeltrack und bilden somit die Eckpfeiler der Scheibe. Ein Trio, das zusammen das Fundament ergibt auf dem sich andere Songs in ihrer Schönheit und Pracht entfalten können – so auch der tieftraurige Rausschmeisser „No surface all feeling“ oder das geknickte, unauffällige leicht düstere „Small black flowers that grow in the sky“, das bei mir in den ersten Jahren ein Schattendasein fristete und etwas „Stiefmütterlich“ behandelt wurde: Es sprach mich nicht an. Es war mir zu wenig pompös. Und genau das ist die Scheibe an sich: Pompös. Orchestral. Episch. Fast pathetisch. Aber nicht kitschig!

Das erste Album, das klar Richtung Britpop ging, das viele Streicher und Keyboards enthält – weg vom dreckig-kaputten dem Grunge verwandten Vorgänger – hin zum Mainstream. Der erste richtig grosse Erfolg für die Manic Street Preachers. Ich mochte es der Band immer gönnen. Ich liebe „Everything must go“ heute noch uneingeschränkt. Leider waren die Nachfolgealben dann in meinen Augen alle deutlich schlechter, später teilweise dann gar nichtssagend. Egal, die ersten 4 hatten es in sich.. Und die Schöne und das Biest werden unsterblich sein. Für immer.

Punkte: 10 / 10


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