Machine Head Catharsis (2018) - ein Review von blackening

Machine Head: Catharsis - Cover
1
1 Review
22
22 Ratings
7.34
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Thrash Metal


blackening
19.03.2018 21:25

Zum Glück ist das Ding komplett auf Youtube, so musste ich es nicht kaufen. Joa...so kann man die Review tatsächlich zusammenfassen.
Ich steh sehr auf die Band , auch wenn ich finde, dass sie nach der Blackening immer weiter nachließen.
Aber das Ding....ich werd versuchen, Positives vorzuheben, wenn ich es finde.

Vorab: Respekt vor dem Mut, sich zu ändern, Respekt vor einigen der Lyrischen Themen, Respekt vor dem Mittelfinger gegen die Erwartungshaltung.
Macht aber noch sehr lange keine gute Platte.
Und mein vollstes Verständis für die "Metal langweit mich inzwischen" Attitüde, die in Interviews durchschimmert. Find ich, gemessen daran, dass Metal 2018 kaum Neues bietet sehr nachvollziehbar.

Dieses Mal fange ich mit dem Sound an, da er mich hier wirklich massiv im Hörspaß einschränkt:
ich habe ganz ehrlich keine Ahnung, ob hier auch nur eine Sekunde echte Instrumente im Spiel waren.
Die Gitarren klingen wie das, was sie nunmal sind: Aus der Konserve ( vermutlich Ampsimulation Nummer 49 aus Programm Nummer 8...), was sie flach und extrem künstlich-dynamiklos werden lässt. Null Dreck, null Menschlichkeit.Der Gitarrist in mir blutet bereits.
Bass...ab und zu hört man ihn...that's it.
Drums. Weiß jemand, ob Dave hier auch nur die Sticks angefasst hat? im Ernst, wenn hier tatsächlich Drums aufgenommen wurden, sind sie leiser als das drübergebügelte lieblose Sample, welches die Menschlichkeit auch hier ersetzt.
Gesang....hier irgendwie schwach, Flynn hat finde ich seit 2009 kontinuierlich an Rotz in der Stimme verloren. Ab und zu hör ich hier sogar denke ich Autotune...
Dazu ist auf der Platte Dynamik ein absolutes Fremdwort..alles klingt mega künstlich aufgepumpt, und aber gleichzeitig irgendwie durchs Fehlen von Raumklang ( der am PC halt nicht vorhanden ist) irgendwie hohl. Unzählige Samples, gefühlt 12000 Backingchöre und ähnliche Dinge lassen das Ding hier endgültig zu nem Produkt werden.
Vieles hiervon ist in Maßen heute Industriestandard, aber zu dem, was die Platte sein will, passt es so gar nicht. Die angeblich so emotionale, raue und wütende Platte ( so der Grundtenor in Interviews) wird hierdurch jeder Emotion für mich beraubt. Halt wie Pop.
Was hier gepasst hätte: Der Sound der Burning Red.Rau, dreckig, naturbelassen.

Der Stil:
im Prinzip sind fast alle Songs gleich. Stampfendes ,simples, ultratiefes Riff, Mitsingspielchen im Chorus.Leads, die zum Rest nicht passen. Überflüssiger Breakdown. Klassische Melodien, Klargesang. Das alles irgendwie ohne roten Faden aneinandergeklebt. Ähnlich wie auf dem Locust-Album springen die Ideen innerhalb eines Songs hier von einem Extrem ins andere,ohne je Luft zum Atmen zu bekommen. Bridges, logische Wechsel und Aufbauten sind hier fast völlig abwesend.Für alles, was hier in die Songs gestopft wird, sind diese einfach viel zu kurz finde ich.
Ab und zu wird dieser Stil, den ich als modernen Metalcore werten würde, durch Nu Metal unterbrochen, was ich mag.
Die Texte sind ...sagen wir: unausgegoren. Der eine Song versucht, die aktuelle politische Lage zu kritisieren, der nächste ist wortwörtlich über Cracknutten (!!),ein Tribut an Lemmy, dann wieder ein belehrender erhobener Finger gegen all die ignoraten Menschen dieser Welt und das man sich ja nicht unterkriegen lassen dürfe. Gemein haben diese Texte nur eine EXTREM hohe Dichte an Klischees und stümperhafte Ausführung. Das Phrasenschwein wird hier regelrecht überfüttert. Das Catharsis-Trinkspiel: trinkt immer, wenn ihr Phrasen wie " End Of My Rope", " Dont let the bastards grind you down" ,"Hope Begets Hope" oder " Heavy Lies The Crown" hört. Das sind nur Beispiele, aber für die garantiert entstehenden Leberschäden übernehme ich keine Verantwortung. Dazu ist der Ausdruck auf dem Album sehr gestelzt, Metaphern laden zum Fremdschämen ein. Robb selbst sagt auch, die Texte wären sehr spontan entstanden. Super, merkt man.

ok, zu den Songs

1.Volatile:
in seinen besten Momenten wie alte Slipknot, vor allem das Intro. Hat sogar halbwegs Tempo drauf, was den langsamen Breakdown als Kontrast wirksam macht. Der furchtbare Metalcore-Refrain nervt furchtbar, das Solo ist redundant und trägt nichts zum Song bei.
Leider eines der "Highlights" der Platte.

2.Catharsis:
Opening ist von Miss May I geklaut.Der hart bearbeitet Klargesang nervt total. Als es dann härter wird, geht der Song total klar...und dann kommt wieder so ein " jetzt bitte alle Mitsingen" Refrain. Ist mein Radio an oder sind das Machine Head? Gähn...Die Streicher tun ihr Übriges.
Der Text ist, wie leider meist auf der Platte, völlig zum Fremdschämen.
Braucht man nicht.

3. Beyond The Pale:
Das mit riesigen Abstand Beste an dem Song ist das treibende Grundriff...welches 1:1 " Love" von Strappping Young Lad ist. Peinlich...
Die Strophen nebst Text dort sind furchtbar. Ich mag wirklich sehr, dass hier der Klargesang in die Bridge gesteckt wird und der Chorus wieder hart wird. Da headbangt man sogar ein Wenig. Ne im Ernst, wäre das Riff nicht geklaut, wäre diese Sektion top.
Strukturell ist alles, was danach kommt im Song, wie aus dem "moderne Machine Head Baukasten"...ein kurzes Solo , ne Harmonie, Breakdown. Unüberraschend, zahm, angepasst. Solo ist eines der wenigen schönen auf dem Album. Der Breakdown ist völlig unnötig. Warum? Der Rest des Songs stampft bereits, ist konstant ein Breakdown. Da einfach nochmal das gleiche als Breakdown bringt mal so rein gar nichts. Ein Problem, welches übrigens fast jeder Breakdown auf der Platte hat. Breakdowns, Slams etc etc wirken nur als Kontrast.Auf der Platte ist aber jedes Riff bereits ein Breakdown. Langweilig.
Leider aber auch einer der "besten" auf der Scheibe.

4. California Bleeding:
einfach auf jeder einzelnen Ebene NEIN. Riffs sind öde, der Refrain ist eine einzige riesengroße " hymnische" Nervensäge, der Text gehört komplett in die Tonne. Auch thematisch. So viele Klischees kann man doch echt nicht in einen einzelnen Text packen...
auf der Plusseite ist das aber einer der wenigen Tracks der Platte, der kein pseudo"djentiges" Leersaitengrundriff hat, sondern in der Hinsicht etwas klassischer ist. Abwechslung.

5.Triple Beam:
Riff ist heavy as shit. Im Kontrast zu dem Rap Flynns funktioniert es hier sogar. Würde ich beim Text nicht einfach nur lachen müssen, würde ich den Song hier tatsächlich mögen. Er ist fern von " gut", aber er ist ganz ok. Mit Rap hab ich keinerlei Probleme, es passt hier super und Flynn hat einen guten Flow.
Klingt in seinen besten Momenten wie aus der "Burning Red-Resterampe".Die Cleanvocals später nerven aber mal wieder so richtig, weil sie so gar nicht zum Rest des Songs passen. Auch hier wieder: Wenn der ganze Song schon ein Breakdown ist, nutzt nochmal ein Breakdown so gar nichts....
Bisher klar das beste auf dem Album.

6.Kaleidoskope:
Man, was muss ich am Anfang lachen. Ernsthaft. Hätte nie gedacht, dass ich bei der Band mal lachen müsste. Aber Hände klatschen plus " fuck you all" Text...wow. Der Chorus hier ist sogar geil, muss ich zugeben. Der Rest des Songs plätschert sehr an mir vorbei. Solo und auch Breakdown gehen klar. Ruhiger Part vor dem letzten Chorus mit seiner aufgesetzten Epic nervt.
Trotz des Anfangs leider auch ein" Highlight"
Vielleicht sollte ich nur noch sagen, wenn ein Text hier mal nicht kacke ist...

7. Bastards:
Ich sag mal so, die Botschaft, die sich gegen Rassismus etc richtet, ist wichtig und sehr richtig. Wie es im Text ausgedrückt wird, ist aber wirklich absolute Folter.Ich teile die Sichten des Textes und muss mich dennoch schütteln. Der Song selbst ist das mit Abstand schwächste, was die Band je gemacht hat. Irgendwie eine anfangs raplastige Pop-Punkhymne?Keine Ahnung. Einfach nein. Kann man auch Minuspunkte vergeben?
Was gepasst hätte: etwas wie " The American Way" von Sacred Reich...Wut gegen all das, und kein gemeinsames Teetrinken und kuscheln.

8. Hope Begets Hope:
vergesse ich immer, sobald er vorbei ist. Wieder das generische ultratiefe Grooveriff, welches heute gefühlt jede Band nutzt. Wechsel danach in den Cleanpart mag ich jedoch.Hat was von Alice In Chains. Ok...ich kann wirklich nicht mehr mitzählen, wie oft Flynn auf dem Album die Zeile " end of my rope" benutzt, oder andere grottenschlechte Klischees. Ich weiß auch nicht, ob es beabsichtiges Leitmotiv der Platte oder schlechtes Writing ist. Aber es nervt. Sehr. Zumal Flynn früher mit beispielsweise Burning Red oder Imperium wirklich gute Texte verfassen konnte.
Eine kurze Passage mit Cowbell sorgt für Abwechslung, der Rest des Songs ist irgendwie einfach nur da und plätschert.

9.Scream At The Sun:
Alice In Chains meets generisches Grooveriff. Da ich Alice echt liebe, hat der Song damit schonmal Pluspunkte. Der Rest des Songs ist auch ganz ok. Langsam hätte ich in den Gitarren auf dem Album mal gerne was anderes als tiefes Stampfen, für sich betrachtet ist das aber...ja, tatsächlich, ein cooler Song.

10.Behind The Mask:
oh, Abwechslung! Ein ruhiger Moment. Und ich muss sagen, ich mags. Die Produktion killt wie gesagt das Gefühl, das der Song hätte haben sollen, und der Refrain ist...naja, der typische Popkram. Aber ganz ehrlich, ist mir lieber, als was die Platte bisher so bieten konnte abzüglich Scream At The Sun.
Hier funktioniert auch das künstliche Schlagzeug für die Stimmung, die aufgebaut wird. Der Part nach Refrain Nummer 2 ist sogar aufrichtig geil. Oh, cleanes und echt schönes Solo. Klasse. Wären Machine Head 2018 immer so, ich hätte damit tatsächlich weit weniger Probleme als mit diesem Album sonst.

11.Heavy Lies The Crown:
Wenn der Song schon heißt wie eine überbenutzte Klischeephrase...
Der Song an sich beginnt aber tatsächlich gut. Picciccatostreicher, ruhige, aber bedrohliche Stimmung. Bitte verkackt das jetzt nicht...
Baut sich langsam auf. Flynn klingt verletzlich statt so steril wie auf dem Rest der Platte.Sobald die verzerrten Gitarren einsetzen, wird der Song öde. Verdammt. Das Ding hatte extrem viel Potential.

12.Psychotic:
uuuund wieder ein Stampfriff, yay! Können Flynn/Demmel sonst an den Gitarren nichts mehr? ich mein, Riffs müssen überhaupt nicht komplex sein, aber jeder Song das Selbe? Der Refrain gefällt mir, endlich kein Mitsing-Mitklatsch-Spielchen. Nach dem Refrain nimmt der Song tatsächlich Tempo auf, der Kontrast ist sehr gut.Der Breakdown danach funktioniert dann auch als Folge daraus.
Insgesamt ganz ok.

13.Grind You Down:
langweilig. Mehr weiß ich dazu leider nicht zu sagen. Nichts sticht hier hervor, nur, dass die Gitarren noch tiefer gestimmt sind. Soll ja auch dröhnen das generische Stampfriff.

14.Razorblade Smile:
Mal was anderen an den Gitarren, leicht angethrasht. Das war dann aber auch tatsächlich das Positivste, was ich über den Song sagen kann. Der Text ist ein Tribut an Lemmy und mal wieder nicht besonders gut oder gar durchdacht .Hier gibt es ein paar Stellen, an denen man nur die " Drums" hört...wer auch immer deren Sound als " gut" durchgewunken hat, gehört sofort gefeuert.

15.Eulogy:
Mal wieder was Ruhiges, gleich viel interessanter als der generische Kram der anderen Songs.Und mal wieder kann ich mich über so viele Klischees in einem einzelnen Text nur wundern, der Text ist wirklich grauenhaft. Musikalisch ist das aber ne schöne Nummer, und ich kann nur nochmal sagen: Wäre die ganze Platte so, ich hätte damit keinerlei Probleme. Wenn ihr nicht mehr so auf Metal steht, macht es konsequent.

Kann mir jemand bitte sagen, warum das Ding 15 (!!) Songs braucht? Ich meine, selbst wenn die alle gut wären, es ist einfach mal viel zu lang. Weniger wäre hier sehr klar mehr.

Das Ding ist ein Desaster. Wirklich " neu" find ich auch nichts hierdran. Viel zu selten verlassen Machine Head hier ihre Komfortzone, um die Platte auf mich wie ein Experiment wirken zu lassen. Stattdessen ist es eine Platte von Leuten, die gerne Pop wie Kanye West hören und machen würden, aber nunmal Metalfans haben und deren Bedürfnisse befriedigen müssen. So klingts jedenfalls für mich. Thematisch wird hier oft gegen das heutige Amerika gewettert, aber auf textlich extrem oberflächlichem Niveau und musikalisch nie auf dafür adäquatem Härtegrad, das konnte die gleiche Band 2007 mit Songs wie "Clenching The Fists Of Dissent" so sehr viel besser.
Ich dachte echt, dass Machine Head mit " is there anybody out there?" tief gesunken wären, aber das hier...das ist der Todesstoß. Ich denke nicht, dass sie je wieder zurück kommen werden und ehrliche, rotzige Musik machen werden. Ein Experiment etc könnte ich absolut respektieren, aber das hier ist für mich leider echt nur ne Popscheibe mit programmierten Instrumenten.

Anspieltipps: Teile von Scream At The Sun,Eulogy,Volatile ,Triple Beam in einer Version ohne Gesang, Behind The Mask,Psychotic.

Der Rest kann ohne Umwege in die Tonne.

Wer allerdings mit Five Finger Death Punch oder Avenged Sevenfold was anfangen kann, könnte hier auf seine Kosten kommen.

Punkte: 3 / 10


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