Krokus Hoodoo (2009) - ein Review von Lord

Krokus: Hoodoo - Cover
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2 Reviews
26
26 Ratings
8.67
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Hardrock


Lord
05.05.2010 01:20

Was lange währt wird endlich gut...!!

Und zwar so gut, dass man sämtliche Machenschaften der vergangenen 27 Jahre die unter dem Namen „Krokus“ geführt wurden total ausblenden oder gar vergessen kann. Das ist vielleicht ein bisschen fies für die Herren Storace und Von Arb, die Krokus – oder eben Nicht-Krokus – über all die Jahre am Leben hielten, oder besser gesagt; sie nicht in Vergessenheit haben geraten lassen. Gleichzeitig jedoch wurde an der Legende KROKUS dadurch unheimlich viel kaputt gemacht. Die Anpassung an den amerikanischen Markt mitte der 80er, enorm viele Line up-Wechsel, Imageänderungen und zuletzt unsäglich schlechte Alben wie „Change of Address“ haben Krokus mehr geschadet als genutzt, um nicht zu sagen sie unglaubwürdig erscheinen lassen – man muss es ehrlich sagen; KROKUS sind Fernando von Arb, Chris von Rohr, Marc Storace, hier zusammen mit den mir sehr sympathischen, straighten, bescheiden wirkenden Haudegen Freddy Steady (auch nahezu ein Urmitglied, trommelte 1977 – 1982 die mitunter stärksten Scheiben von Krokus ein) und Koki Kohler! Alles andere ist Krokus-light oder eben No-Go-Krokus!

Nach dem gemeinsamen TV-Auftritt für „Die grössten Schweizer Hits“ 2008, wo das erfolgreichste Krokus-Line up zusammen das Medley aus „Bedside Radio, Heatstrokes & Tokyo nights“ gezockt und wie ein Jungbrunnen gewirkt hat, war für alle Beteiligten klar, dass es so, und NUR SO, weiter gehen soll. Zwar war Storaces „Hellraiser“ 2006 auch ein beachtlicher Erfolg, doch eben nicht das was Krokus wirklich ausmacht!

Im Sommer 2008 geschah das, was mir einen Jugendtraum erfüllte; Chris von Rohr zusammen mit Von Arb, Steady, Kohler UND Storace on stage im Estade de Suisse zu Bern/Schweiz... Es war GÖTTLICH und machte deutlich, dass es eben wirklich nur so funktioniert, dass nur so die Magie da ist. ...Und so machte sich das „Winning team“ auf mit vereinten Kräften Krokus-würdige Songs zu schreiben und aufzunehmen – heraus kam das vorliegende Album „Hoodoo“! Viele Erwartungen wurden da rein gelegt und um es vorweg zu nehmen; die Erwartungen werden erfüllt, das Album rockt wie Sau, der grösste Teil der Songs ist geil und man kann an die grossen 4 („Metal rendez-vous“ – „Headhunter“ ) schier nahtlos anschliessen.

Das schöne Krokus-Blümchen kündigt ja bekanntlich den Frühling an – und genauso passt es anno 2010; es ist ende Februar/anfangs März, der Frühling steht vor der Tür – ebenso der 2. Frühling für unseren musikalischen Krokus. Während sich das Blümchen durch das Eis kämpft (gut dargestellt auf dem Cover der ersten Krokus-Scheibe von 1976), kämpft sich die Band zurück auf internationale Bühnen, kämpft um ihre verloren gegangene Glaubwürdigkeit und kämpft nicht zuletzt gegen all die negativen Stimmen, die besonders gegen das Genie Chris von Rohr schossen in den vergangenen gefühlten 483 Jahren! Doch sehet es ein, ihr Unwissenden; er ist einfach gut, er ist erfolgreich und was er anpackt hat Hand und Fuss! Deswegen fungiert Chris von Rohr diesmal nicht nur als Bassist, nein; er übernahm die Produktion von „Hoodoo“, so dass auch wirklich alles so klingt als Endprodukt, wie es eben klingen soll! Amen.

Ich gebe zu; ich war leicht nervös und aufgeregt ehe ich „Hoodoo“ das erste mal in den CD Player schmiss – würden all meine Erwartungen erfüllt werden? Wird das Album knallen und rocken? Nach der etwas seichten Eishockey-Hymne „Live for the action“ im Frühling 2009 wurde ich für eine Sekunde skeptisch...

...doch dann geschah es; die mächtigen Akkorde des Openers „Drive it in“ schossen lautstark und kraftvoll aus den Boxen wie anno 1982 der Klassiker „Long stick goes boom“! Es trieb mir die Tränen in die Augen vor Freude über diese Musik und der Gewissheit, dass KROKUS wieder da sind und es noch können!! Der Track zieht gnadenlos nach vorne, treibend, pumpend – grossartig! Dazu die bissige, hungrige Stimme von Marc Storace, der mit seinen knapp 60 Jahren noch immer so klingt als wäre er gerade mal knapp 30 geworden; Hammerstimme mit endlos Power und Volumen. Klar, auch an ihm geht die Zeit nicht ganz spurlos vorbei, die ganz hohen Screams sucht man auf „Hoodoo“ vergebens, doch welcher Mann in seinem Alter singt noch so wie er? Ein Robert Plant klang ende der 70er schon scheisse! Ian Gillan baute in den ganz frühen 80ern ab, Rob Halford steckte nach „Painkiller“ 1990 massiv zurück und selbst the Air-Raid Bruce Dickinson von Iron Maiden klingt nie mehr so wie anno 1982!
„Hoodoo woman“ – die Vorabsingle – ist ein enormer Grower; das Ding groovt und stampft wie es sich gehört! Ein gelungenes Kaliber der Marke „To the top“, wächst bei jedem Durchgang und avancierte bei mir zu einem der Albumhighlights.
Dann folgt „Born to be wild“. Ein Cover des STEPPENWOLF-Klassikers von 1968, sicher zum ewigen Ruhm durch den Filmklassiker “Easy rider” gekommen – dieses Lied kennt jeder. Eigentlich ist der Song enorm abgelutscht, schon meine Band zockte 1993 den Track und wir dachten wir wären supercool. Krokus machen es deutlich besser; jedes Mal wenn der Song beginnt denke ich mir; „Was für ein klasse Anfang“ – denn Krokus spielen das altbekannte Riff auf IHRE Art, allgemein wird der Song so intoniert und gespielt wie es eben Krokus machen; zwar sehr nahe am Original, dennoch eigen. Ich persönlich mag keine Covers und ich halte sie auch im Fall Krokus nicht für zwingend notwendig. Die ersten beiden Storace-Alben „Metal rendez-vous“ und „Hardware“ kamen gut ohne Covers aus – mit dem schon 2008 live gespielten „Born to be wild“ schliessen die Jungs jedoch den Kreis zur jetzt geschlossenen Vergangenheit; „One vice at a time“ hatte „American woman“ zu bieten und „Headhunter“ trumpfte mit „Stayed awake all night“ auf... Über die brave, zahnlose „School’s out“-Version des Alice Cooper Klassikers, die Krokus-light 1986 auf dem wirklich schlechten Album „Change of address“ veröffentlicht haben, hüllen wir mal gekonnt den Mantel des Schweigens...


„Rock’n’Roll handshake“, „Keep me rollin’“ und das "Highway to hell"-lastige “Shot of love” sind die 3 Groover der Scheibe; weltklasse Songwriting mit schönem flow. Es sind die 3 Tracks, die das luschige AC/DC-Klon-Klischee am ehsten erfüllen. Der pumpende, durchgehende Powerbass von Chris von Rohr erinnert grad in „Keep me rollin’“ schon etwas an Cliff Williams’ Arbeit bei den Australiern, auch das eine oder andere Riff kann Parallelen zu AC/DC aufweisen. Doch nur ein Narr hört den feinen Unterschied nicht raus. Erstens klingen AC/DC seit 30 Jahren uninspiriert, lasch und langweilig und haben mit „Black ice“ ein Gähnalbum auf den Markt geschmissen, das vor lauter Routine und Emotionslosigkeit zu keiner Sekunde mit dem kraftvollen, energiegelandenen „Hoodoo“ mithalten kann. Hier ziehen AC/DC klar den Kürzeren und zwar in jedem Punkt; Songwriting, Kraft, Energie, Ideen, Frische und vor allem in Sachen Gesang!! Zweitens muss man klar erwähnen wie stark Marc Storace wieder singt. Es scheint, der Mann hätte seine Stimme nach Verlust Mitte der 80er wiedergefunden und er singt frisch, frech, rotzig, kraftvoll, hungrig, bissig und technisch dennoch über jeden Zweifel erhaben grossartig! --- THE GOLDEN LUNGS ARE BACK! --- SO muss Storace klingen, dann klingt es auch nach KROKUS!! Johnson kann dagegen einpacken.

„In my blood“ und „Dirty street“, das ein klares Remake von „Bourbon street“ von 1988 (damals war auch Chris von Rohr am Start – „Heart attack“-Aera, B-Seite zur Maxi von "Wild love") ist, sind die beiden qualitativ nicht minder schwächer, jedoch etwas weniger auffälligen, grundsoliden Tracks auf „Hoodoo“, die im Gesamtkonzept des Rock’n’Roll-Albums etwas untergehen. Für sich jedoch sind beide Song stark!

Bevor ich zur Kritik komme, will ich noch die 2 bleibenden Highlights erwähnen: „Ride into the sun“, die Ballade, und „Firestar“ der Übercloser, die Upspeed-Rausschmeisser-Granate!!
„Ride into the sun“ erinnert mich SEHR an „Winning man“ von 1981, damals veröffenticht auf „Hardware“; schon auf jenem Album der Übersong, und auch auf „Hoodoo“ in den Top 3 zu finden. Gemischt mit etwas „Screaming in the night“ (1983 – „Headhunter“) haben wir mit „Ride into the sun“ den Song, der mir die dickste Gänsehaut zu bescheren vermag. Wunderschöner Track mit diesem Lonewolf-feeling; dieses etwas hinter sich lassen, Aufbruchstimmung, was neues erleben wollen – Fernweh, Wehmut!! Oder eben wie es der Titel sagt, Abschied nehmen... Läuft mir kalt den Rücken runter! Leider fehlt am Schluss das von mir sehnlichst erwartete Gitarrenoutro, wie es zu Tommy Kiefer-Zeiten noch Platz gefunden hat. Doch das ist Erbsenzählerei!
Und „Firestar“; das Gegenteil zu „Ride into the sun“, doch im Konzept das Yang zum Ying-Opener „Drive it in“, das Album endet so geil wie es an den Start ging. Diese 2 Songs schliessen den Kreis im Kreis; hier beim Album, mit dem Album der Anschluss an das 1983 aufgenommene „Headhunter“-Album, das damals letzte mit Chris von Rohr! Auch wenn „Hoodoo“ meines Erachtens näher bei „One vice at a time“ von 1982 liegt!

Ein bisschen Kritik:
Es bleibt das Sorgenkind „Too hot“... Für mich der mit Abstand schwächste Track des Albums. Es tut mir selber fast weh, dass ich den Song nicht mag, doch er ist mir zu fröhlich, zu wenig straight (grad im Vergleich zu den anderen „Hoodoo“-Tracks), zu brav und poppig! Der Refrain wirkt auf mich enorm einfälltig, schon fast wie „You shook me all night long“ von AC/DC – auch den Song mag ich nicht! Mir fehlt der Zug nach vorne, die Power und Frische. Der Song blockiert den flow des sonst durchgehend seriösen Rock’n’Roll-Albums – meinetwegen hätten sie sich den Song sparen können. Ich steh halt mehr auf Powersongs.

Eine minimale Kritik geht auch in Richtung Gitarrenarbeit. Die beiden Herren von Arb/Kohler machen ihre Sache sicher mehr als amtlich, an der Rhythmusfraktion gibt es rein gar nichts auszusetzen. Doch ich vermisse die starken Soli mit dem „Magic touch“! Viele Soli wirken etwas beliebig – es fehlt der Gänsehautfaktor wie bei den Solos zu „Winning man“, „Tokyo nights“, „Easy rocker“, „Fire“ oder um eine Pre-Storace Glanztat auszugraben; „FESTIVAL“!!! Der Gitarrenübertrack schlechthin, besonders im Sun-goes-down-Gitarrenoutro für die Ewigkeit!
Es fällt auf, das jene Soli alle Tommy Kiefer eingezockt hat, vielleicht war er - nur er - durch seine Melancholie (die ihn vielleicht von uns gehen liess..) in der Lage diese gefühlvollen, immer leicht traurigen, lyrischen und dennoch wunderschönen Gitarrensoli zu bringen, die mir auf „Hoodoo“ etwas fehlen, die „Hardware“ und „Metal rendez-vous“ so einzigartig gemacht haben. Nein, sie fehlen mir nicht, falsch; ich vermisse sie! Doch ist ja ok so wie es ist.

Was bleibt noch zu erwähnen; leider wurde Drummer Freddy Steady im Studio – wie es häufig üblich ist, nur stehen die wenigsten dazu – vom Studioprofi Kenny Aronoff (Cinderella, Lynyrd Skynyrd, Elton John, Alice Cooper, Stryper...) ersetzt. Live- und KROKUS-Drummer bleibt Freddy jedoch, was mich freut!
Zudem ist immer wieder die knurrende Backgroud-Stimme von MARK FOX zu hören. Er sang bis vor kurzem bei Shakra und sein Solo-Album steht in den Startlöchern – man darf gespannt sein...!

Klar, das Rad wurde mit „Hoodoo“ nicht neu erfunden, doch Räder müssen rollen... und das tun sie. Und wie! Sie rollen sogar dermassen, dass andere Hardrock-Alben unerbittlich überrollt werden – wie zum Beispiel das schwache „Black ice“ von AC/DC! Chris von Rohr hat als Produzent alles richtig gemacht – vielleicht hätte man die Gitarren noch etwas aggressiver klingen lassen können.. Vielleicht aber auch nicht, da vieles hier nicht Metal/Hardrock sondern eben Bluesrock ist!

Anschluss an die „grossen 4“ – ich gebe gerne 9,5/10 Punkten.

...und ich hoffe, dass KROKUS noch nicht in den Sonnenuntergang reiten...

Punkte: 9.5 / 10


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