Helmut Qualtinger Mein Kampf (1973) - ein Review von metal lounge

Helmut Qualtinger: Mein Kampf - Cover
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7.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Comedy: Satire



18.11.2012 20:14

7,5 Punkte für Adolf Hitlers "Mein Kampf"?!?
Keinesfalls!
7,5 Punkte für Helmut Qualtinger und seine Lesung aus „Mein Kampf“ im Jahr 1973 in Hamburg. Ob das ein Skandal war?

Erst mal ein kleiner Exkurs:
Derzeit debattiert der Freistaat Bayern hitzig über eine offizielle Neuauflage des Buches.
Die Urheberrechte wurden einst dem bayer. Finanzministerium übertragen, 2015 laufen sie aber aus und an sich könnte jeder eine Version davon in den Buchhandel wuchten. Da wäre eine wissenschaftlich kommentierte Neuauflage, herausgegeben etwa vom Finanzministerium, im Vorfeld durchaus angebracht.
Aber die Politik weigert sich seit Jahren beharrlich und wohl aus Angst, es könnte an jeder Ecke bei den Bestsellern liegen und Unheil anrichten. Dabei ist doch davon auszugehen, dass all die Spinner, die das Werk tatsächlich für verehrungswürdig halten, ohnehin schon eine Originalausgabe, einen der vielen ausländischen Nachdrucke oder meinetwegen auch pdf-Dateien auf ihrem Rechner haben.

Nun aber Helmut Qualtinger. Der österreichische Kabarettist und Satiriker hat die lächerliche Seite dieses Schundwerkes in großartiger Weise vorgeführt und schafft es nicht zuletzt aufgrund des Dialekts, das abstruse und von Rassenparanoia durchzogene Geschwurbel seines Landsmanns lebhaft darzubieten.
Das ist doch mal eine Leistung.
Freilich haben die beiden CDs auch arge Längen, aber was will man bei der Vorlage auch erwarten? Doch Qualtinger erschafft aus dem so oft unausgegorenen Unfug durchaus unterhaltsame Momente. Etwa dann, wenn der junge und mittellose Hitler in einem Wiener Männerwohnheim nachts die Mäuse in seinem Zimmer füttert und sich an den „possierlichen Tieren“ erfreut.
Laut und dramatisch wird es, wenn der Gefreite H. berauscht wie auch erschrocken vom Tosen feindlicher Artillerie an die Frontlinien stürmt! Trotz kabarettistischer Überhöhung im Vortrag macht Qualtinger die Begeisterung für den Krieg und das Sich-opfern-für-das-Vaterland anschaulich, die den 1. Weltkrieg eingeläutet haben.
In gewisser Weise zelebriert Qualtinger den Text genüsslich. Und so kommt es dann auch, dass ausgerechnet im heiklen Kapitel „Volk und Rasse“ Lacher aus dem Publikum zu vernehmen sind. Nämlich, wenn Hitler zur Erklärung, wie das mit der Reinhaltung der Rasse in der Praxis so funktioniere, „Meise zu Meise“, „Storch zur Störchin“ und „Fuchs zur Füchsin“ schickt. (Ich zitiere da jetzt aus der Erinnerung)
Ein großartiger Moment ungewollter Komik, über den auch ich immer wieder lachen kann, wenn ich nur dran denke und sofort Qualtingers Stimme höre! Dafür dann doch einen halben Punkt für den Autor, und somit käme Hitler dann in meiner Rechnung immerhin auf -9,5 Punkte.
Da ja wohl kaum jemand das Buch gelesen hat (ich auch nicht, aber womöglich saßen damals ja im Publikum Eineige...), fragt sich vielleicht so mancher: „Steht da wirklich so ein Zeug?!?“ Oder sollte sich Qualtinger da gar einen Spaß erlaubt und das hinzuerfunden haben? Wohl kaum, bestätigen doch Historiker immer wieder erstaunt, was „Mein Kampf“ für ein schlechtes Werk sei. Es soll ja damals auch nur sehr bedingt gelesen worden sein.

Na, wie auch immer, vielleicht ändert sich das ja in ein paar Jahren, und wir finden den Autorennamen Hitler am Bahnhofsbuchladen direkt neben den Verfassern seichten Erotikkitsches oder auch zeitgenössischer (Rechts-)Populisten. Oder doch ein Fall für die Schmuddelecke neben den billigen Tittenmagazinen?


Ich würde doch eine Neuauflage dieses kabarettistisch durchaus wertvollen Dokuments vorziehen. Zunächst aber möchte ich mich mal mit anderen Werken Qualtingers vertraut machen…..

Punkte: 7.5 / 10


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