Helloween Walls Of Jericho (1985) - ein Review von Speedfreak

Helloween: Walls Of Jericho - Cover
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4 Reviews
80
80 Ratings
9.36
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Heavy Metal, Power Metal, Speed Metal


Speedfreak
05.02.2010 15:14

Mitte der Achtziger Jahre in good old Germoney: Die SCORPIONS sind als Weltstars auf dem Zenit ihres kommerziellen Erfolges angekommen, ACCEPT stehen kurz vor dem weltweiten Durchbruch, und auch sonst herrscht ein reges Treiben in der deutschen Metal-Szene. Härtere Bands wie SODOM, KREATOR, DESTRUCTION und TANKARD starten eine erfolgreiche Karriere und stehen auch heute noch für qualitativ hochwertigen Thrash. In Hamburg versuchen RUNNING WILD nach zwei blackmetallischen Alben erfolgreich, Power-Metal mit einem Piraten-Image zu verbinden, und ebenfalls in Hamburg ansässig ist die Speed-Metal-Band HELLOWEEN. Nach einer schon recht starken, im Jahr 1985 veröffentlichten, Mini-LP erscheint 1986 das Debüt-Album „Walls Of Jericho“.

Kai Hansen (Voc., Git.), Michael Weikath (Git.), Markus Großkopf (B.) und Ingo Schwichtenberg (Dr.) zelebrieren auf diesem Album leicht melodischen Speed-Metal vom Feinsten. Man kann natürlich darüber streiten, ob HELLOWEEN nicht schon mit diesem Album, das durch eine hervorragende Verbindung von Hochgeschwindigkeits-Metal mit anspruchsvollen, melodischen Gitarrenläufen, die ein klein wenig an IRON MAIDEN erinnern, besticht, oder mit den beiden darauf folgenden „Keeper...“-Scheiben, die deutlich melodischer und vom Tempo her gedrosselt sind, das Highlight ihrer Karriere abgeliefert haben. Mir persönlich gefällt „Walls Of Jericho“ einen Tacken besser als die nachfolgenden „Keeper...“-Platten, so dass es für mich das beste aller Alben von HELLOWEEN ist.

Nach einem etwa 1-minütigen Trompeten-Instrumental, das natürlich thematisch an die biblischen Posaunen von Jericho erinnern soll und recht bombastisch rüberkommt, geht es gleich mit dem tollen Gitarrenriff von „Ride The Sky“ in die Vollen. Die schnellen, fetten und zugleich eingängigen Speed-Metal-Riffs machen den Song genauso zu einem Klassiker wie der hochmelodische Gesang von Kai Hansen, der gleich zu Beginn des Songs mit einem hohen Schrei einsteigt und somit von Anfang an klar macht, mit was für einem Gesang man es auf dem Album zu tun hat. Musikalisch wird 6 Minuten lang durchgerifft, wobei das Tempo im mitsingbaren Refrain etwas gedrosselt wird. Herausragend sind zudem noch die Leadgitarren von Hansen und Weikath, die das sowieso schon tolle Lied noch weiter aufwerten. Diese Kombination aus hartem, schnellem Riffing, hochmelodischem Gesang und genauso melodiösen Leadgitarren gab es bis dato in Deutschland noch nicht. Vergleichbar war die Musik allenfalls mit amerikanischen Bands wie AGENT STEEL. „Ride The Sky“, das den Hörer vor Freude fast wirklich in den Himmel springen lässt, ist ein absoluter Klassiker der deutschen Metal-Geschichte und der optimale Einstieg in dieses Album.

Ein wenig gemäßigter geht es dann mit „Reptile“ weiter. Hier sind zum ersten Mal Gesangsstrukturen zu erkennen, die später auf den „Keeper...“-Alben von Michael Kiske perfekt gesungen und so typisch für HELLOWEEN geworden sind. Im Vergleich zum Opener ist „Reptile“ ein wenig grooviger, dafür jedoch langsamer geworden. Die Eingängigkeit der Riffs und die Mitsingbarkeit des Refrains sind aber auch hier sehr stark ausgeprägt. HELLOWEEN schaffen es erneut, durch die Musik einen Bezug zum Titel herzustellen. Man fühlt sich fast von einem Reptil angegriffen, nicht zuletzt durch eingespielte Tiergebrüll-Samples.

„Guardians“ wiederum klingt wieder anders. Der Song nimmt mehr Geschwindigkeit auf, der Bass ist diesmal recht dominant, während die Gitarren zwar erneut die typischen Speed-Riffs schreddern, diese jedoch nicht ganz so in den Vordergrund gestellt werden. Insgesamt ist der Song etwas simpler, hier kann man recht gut mitbangen. Gesanglich ist der Song sehr eingängig ausgefallen, was auch erklärt, wieso es viele Jahre später eine Bombast-Metal-Band wie RHAPSODY geschafft hat, diesen Song recht ordentlich zu covern.

Wieder ganz anders klingt „Phantoms of Death“. Aus den drei Teilen „sehr eingängiges Speed-Metal-Main-Riff“, „gut mitschreibarer Refrain“ und „Schlagzeug-dominierte Breaks“ brauen HELLOWEEN hier einen absoluten Hit zusammen. Im Vergleich zu den vorherigen Songs erscheint das Lied zwar zunächst etwas simpel, ist aber mindestens genauso effektiv. Für Melodie-Fanatiker gibt es dazu noch tolle Gitarrensolos und Leadgitarren ala IRON MAIDEN zu hören. Und trotz des wenig freundlichen und lebensfrohen Textes kommt dieser Song, wie das gesamte Album eigentlich, ziemlich fröhlich rüber.

Passend weiter geht es mit dem schnellen „Metal Invaders“ und dem etwas langsameren Stampfer „Gorgar“. Auf beiden Songs gibt es wieder superbe Gitarrenstrukturen, eingängige Gesangsmelodien und den fröhlich-schnellen Grundtenor des Albums zu hören. Weiterhin bieten HELLOWEEN optimales Futter für alle Headbanger und solche, die es werden wollen.

„Heavy Metal (Is The Law)“ ist die Hymne des Albums geworden. Schnell, kurz, schmerzlos, gewohnt melodisch und überzeugt von der Musik kann hier jeder Metalhead nur lautstark “Heavy Metal Is The Law” mitgrölen, wenn er nicht gerade wild durchs Wohnzimmer springt. Ob der Song jetzt live aufgenommen wurde, oder ob im Studio Publikumsreaktionen und der Wechselgesang untergemischt wurden, entzieht sich leider meiner Kenntnis, aber der Song ist von vornherein als Live-Abräumer konzipiert, komponiert und umgesetzt worden.

Den finalen Gnadenschuss bekommt der Hörer dann vom All-Time-Klassiker „How Many Tears“ verpasst, der auch heute noch zu jedem Live-Auftritt dazugehört. Der Song ist eine Symbiose aus allen Stärken der Band: Hochgeschwindigkeits-Riffing, melodische Gitarrenleads, eingängiger Gesang, Breaks, und im Mittelteil des Songs wird kurz komplett das Tempo rausgenommen. Der krönende Abschluss eines genialen Meisterwerks.

Insgesamt gesehen ist HELLOWEEN hier der wirklich große Wurf gelungen. Alle Songs sind sehr gut bis super, das Album kommt als Einheit kompakt und schlüssig rüber. Man merkt hier richtig, dass die Jungs mit Spaß und Herzblut bei der Sache sind, allein schon der fröhliche Grundtenor in der Musik bei wenig fröhlichen Texten lassen den Hörer erfreut grinsen. Und auch wenn der Sound und die Produktion des Albums aus heutiger Sicht etwas antiquiert wirken ist das genau der Sound, der zu dieser Musik gehört. Der Gesamtsound ist ein wenig „matschig“ bzw. „verwaschen“, kommt aber dennoch ziemlich fett rüber. „Walls of Jericho“ ist von 1986 und stammt nicht aus dem 21. Jahrhundert, also MUSS es so klingen, wie es klingt. Der Gesang von Kai Hansen ist zugegebenermaßen auch nicht hundertprozentig perfekt, aber das ist auch nicht die Intention und der Anspruch dieses Albums. Sicherlich ist Michael Kiske, der nach diesem Album das Mikro übernahm, der bessere Sänger, aber Hansen setzt die Songs auf „Walls Of Jericho“ trotzdem gesanglich sehr gut um. Sowohl die Melodien als auch die hohen Töne sitzen ziemlich genau, so dass sich der Gesang hervorragend an die Musik anpasst. Und wenn dann doch mal ein Wackler zu hören ist, sorgt gerade das für den besonderen Charme des Albums und macht die Jungs noch sympathischer. Neben den SCORPIONS und ACCEPT wurde die Musik von HELLOWEEN zum Inbegriff des deutschen Metals der Achtziger, und „Walls Of Jericho“ diente als Vorbild und Inspiration für Legionen anderer Bands. Die tollen Songs, der Charme der Aufnahme, die Attitüde der Musiker und das gute und passende Artwork lassen nichts anderes als die Höchstnote zu.

Punkte: 10 / 10


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