Als großer Fan von Digipaks fehlte mir von vornherein ein Kaufanreiz: Digis gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt für dieses Album keine. Das war im Übrigen auch beim Vorgänger der Fall. Wirklich Schade, denn Standard-Jewel-Cases sind einfach scheiße langweilig und bei so einem Outfit erwarte ich da etwas mehr. Aber gut, die Tonträger selbst landen schlussendlich eh im Regal oder einem riesigen Stapel anderer CDs.
Der erste Eindruck macht oft viel aus. Und da gibt es direkt mehrere Sachen, die man ansprechen kann, ohne das man das Album auch nur einmal vollständig durchgehört haben muss. Zum einen ist das Cover Artwork dieses mal, anders als bei allen 3 Vorgängern, die allesamt blaue Farbschemen gemein haben, komplett in rot gehalten. Das Cover mit dem durch eine Binde verbunden Augenhöhlen gezeigten Schädel spricht mich leider wenig an, stellt aber eben schon einen krassen Gegensatz zu den Vorgängern dar, fällt also auf, in der nach wie vor bescheidenen Diskographie HEATHEN's. Was ebenfalls nur beim Blick auf das Back-Cover auffallen würde, wären Spielzeiten der einzelnen Songs. Die sind dort zwar nicht zu sehen, sind aber ebenfalls im krassen Gegensatz zu allen 3 Vorgängern recht kurz gehalten. Ganze 12! Songs kommen nicht einmal auf 48 Minuten Spielzeit und das soll hier mal als positiver Aspekt genannt sein, denn mit diesen Überlängesongs mit 2 minütigen Intros und 2 minütigen Outros vermochte ich noch nie so viel anzufangen, was sicher auch dazu führte, dass ich mit HEATHEN immer etwas haderte. Und der letzte Punkt vom ersten Eindruck, wozu ich ebenfalls nur bis zum ersten richtigen Track ausharren muss, ist die Produktion. Die gefällt mir nämlich schon einmal richtig gut. Während dem Debut noch der Charme einer Debut-Produktion der 80er anhaftete (nicht falsch verstehen, ich stehe auf diese 80's Produktionen), verlieh man dem Zweitling einen unheimlich druckvollen Sound, der leider zu sehr an METTALLICA's "...And Justioce For All" erinnerte. Die Produktion der "Evolution Of Chaos" hingegen enthielt messserscharfe, beinahe kristallklare Gitarren und hob sich etwas vom damals Genretypischen Andy Sneap-Sound ab. Beim hier vorliegenden Werk klingt das ganze wieder etwas druckvoller und erinnert hier und da tatsächlich etwas an EXODUS. Das ist aber nicht schlimm. Lee Altus hat nun mal zum Zeitpunkt des Erscheinens bereits anderthalb Dekaden im Hause EXODUS verbracht und bringt nicht nur Einflüsse aus Holts Band mit, sondern hat seine eigenen Einflüsse auch dort eingebracht. Das ist ganz normal.
Was die Songs des Album angeht, so möchte ich jetzt nicht jeden einzelnen besprechen, das hält kein Leser durch und ich auch nicht. Aber ich möchte meine vier Höhepunkte herauspicken. Und dabei gefällt mir vor allem der eigentliche Opener, also "The Blight", besonders gut. Ein solcher Hit mit fantastischer Hook im Refrain fehlte der Band meiner Meinung auf dem Vorgänger, den ich insgesamt diesem Album hier klar vorziehen würde. Hinzu kommt, dass der Song schön im Uptempo gehalten ist, was ich bei einer Speed Band wie HEATHEN auch erwarte. Leider sind solche Kracher mit gehobener Geschwindigkeit Mangelware. Einen weiteren gibt es aber und das ist, logisch, der Rausschmeißer. Nicht nur der erste Eindruck sondern auch der Letzte zählt. Und so hat man gekonnt den anderen der beiden Thrasher mit Namen "The Gods Divide" ans Ende des Albums gepackt. Weiterhin soll der ebenfalls noch etwas zackigere "Blood To Be Let" genannt werden, der dadurch aus den sonst leider recht langweilig anmutenden Midtempo Songs heraussticht. Zu guter Letzt noch das Instrumental "A Fine Red Mist", welches mit seinem Hauptriffing und der schönen Lead-Gitarre eine großartige Atmosphäre erzeugt. Der Rest ist leider von langweilig bis geht so. Und das liegt eben leider zum Großteil daran, dass die meisten Songs eben etwas langsamer sind und der Thrash-/Speed-Anteil deutlich heruntergefahren wurde.
Ein Lanze brechen möchte ich an dieser Stelle noch für Herrn White, der nach wie vor imstande ist, eine herausragende Gesangsperformance abzurufen. Das zu erwähnen ist mir hier besonders wichtig, denn so wird von anderen Rezensenten beispielsweise erwartet, der Mann habe zu klingen wie vor 30 Jahren... hier nachzulesen:
http://www.musikreviews.de/reviews/2020/Heathen/Empire-Of-The-Blind/
Er will eine Brücke schlagen von "Breaking The Silence" zum 33 Jahre später erschienen vierten! Album der Band. Gut, so ein Unfug kann nur von Leuten kommen, die in Ihrem Leben noch nie Musik gemacht haben aber trotzdem so tun wollen, als wissen sie alles darüber.
Wie dem auch sei. Das Album hat seine Höhepunkte, leider für mich zu wenig, als das ich es als absolute Kaufempfehlung hinstellen könnte. Vorher Reinhören.
Punkte: 6 / 10