Heart Dreamboat Annie (1976) - ein Review von schanzer.in

Heart: Dreamboat Annie - Cover
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8.35
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Hardrock, Melodic Rock, Pop-Rock



30.10.2019 16:24

"Dreamboat Annie" ist das Debütalbum von Heart. Dazu ist zu sagen, dass es sich bei der Band damals bereits nicht mehr um Grünschnäbel handelte: Man war bereits einige Jahre als Profi-Band unterwegs und spielte Cover-Songs für alle möglichen und unmöglichen Gelegenheiten. Ziel war es aber von Anfang an, einen Plattenvertrag zu ergattern. Heart war ursprünglich eine reine Männer-Band, keiner von ihnen konnte Songs schreiben. Das änderte sich dann, als Ann Wilson dazu stieß, die dann zwei Jahre später ihre Schwester Nancy nachholte. Die Schwestern hatten Ideen und auch die Disziplin, diese in fertige Stücke zu fassen, sodass bei Mushroom Records ein Plattenvertrag zustande kam. Daher rückten die männlichen Band-Gründer mit der Zeit fast zwangsläufig in den Hintergrund.
Diese ersten Stücke versammeln sich auf "Dreamboat Annie". Die Band war damals ausschließlich in Kanada aktiv, wo das Album bereits 1975 erschien, in den USA erst ein Jahr später. Grund: Michael Fisher drückte sich vor der Einberufung nach Vietnam und musste "North Of The Border"....
Eben dieser Michael Fisher, damals Lebensgefährte von Ann Wilson, ist mit "Magic Man" gemeint. Ein Evergreen, der auf unzähligen Classic-Rock Samplern vertreten ist. Da sind gleich zu Beginn einige Heart-Trademarks drauf: Stromgitarre und Akustikgitarre gleichzeitig, überaus sinnvolle Texte ("Magic Man" ist autobiographisch und handelt davon, dass die jugendliche Ann am Telefon um Verständnis fleht, nicht nach Hause kommen zu müssen, da der "Man" eben einfach zu "magic" ist...), Harmony-Vocals und natürlich Anns überirdische Stimme. In einem Instrumentalteil kommen damals hippe Moog-Sounds rein.
Es folgt "Dreamboat Annie (Fantasy Child)", welches mit Meeresrauschen und wehmütigem Möwenrufen beginnt. Man hört hier die Version mit blanker Akustikgitarre und Gesang. Das Stück kommt noch in zwei weiteren Versionen, eine davon mit Orchester.
Mit "Crazy On You" folgt ein weiterer Super-Hit, der bis heute in keiner Setlist fehlen darf. Mir persönlich nervt so was, aber das Publikum will bei Deep Purple auch immer "Smoke On The Water" hören... :-( Als Einstieg spielt Nancy eine Akustikgitarre, die von Paul Simon's "Anji" inspiriert ist und dann kommt der tolle Song, der wie ein Fels in der Brandung steht: Er erinnert an kein anderes existierendes Stück! Dieses super-originale Songwriting ist ein weiteres Heart-Tademark. Die Zeile "Crazy On You" lässt sich laut Ann Wilson über die zwischenmenschliche Ebene hinaus auch auf das damalige Nixon-Regime beziehen, heute sicher auch auf Trump, wie ich meine.
Mit der fast 7-minütigen Nummer "Soul Of The Sea" wirds dann pathetisch. Zum Einstieg wieder die Möwen, dann eine komplexe Melodie, Streichereinsatz, jede Menge Harmony-Vocals, ein gänzlich anderer, rhytmischer Zwischenteil, der in dem gesanglichen Ausbruch "....No Sileeeeeence" endet, um dann gleich wieder ins romantisch-beschauliche zurückzugehen. Der Wechsel von Stimmungen innerhalb eines Stückes ist schon wieder ein Heart-Trademark!
"White Lightning And Wine" ist ein rockiger Party-Song, über den es nichts weiter zu sagen gibt.
"(Love Me Like Music) I'll Be Your Song" ist ein weitgehend akustisches Liebeslied mit einer sehr interessanten Harmoniestruktur und einer abwechslungsreichen Melodie.
Nun kommt "Sing Child", eines meines Lieblingsstücke von Heart schlechthin. Harmony-Vocals unterlegt mit Stromgitarrenriffs zu Beginn und dann kommen die Verse: Riffs a la Jimmy Page und Gesang a la Robert Plant: Nicht geklaut, aber 100%-ige Led Zeppelin Musik, "Zeppish" nennen die Wilson Schwestern das selbst. Da Led Zep selbst ja recht wenig veröffentlicht haben, kommt sowas gerade recht. Als Sahnehäubchen haut Ann ein rockiges Querflötensolo raus.
"How Deep It Goes" ist wieder ein akustisches Liebeslied von exquisiter Qualität mit allen Attributen wie oben schon genannt.
Als Abschluss eine weitere, dritte Version von "Dreamboat Annie" und ein hammermäßiges Debüt-Album ist durch.
Auf "Dreamboat Annie" fehlen mir lediglich die tollen zweistimmigen Gesangsarrangements späterer Produktionen. Ansonsten ist das Album bereits voll ausgereift, die jahrelange, harte Schule als professionelle Coverband hat sich wohl ausgezahlt.
Noch zwei Worte zum Coverfoto: Erstens gefällt es mir nicht (ganz im Gegensatz zu dem von "Little Queen") und zweitens war dessen Vermarktung durch das Labelmanagement der Anlass für den Text zum Superhit "Barracuda": Versehen mit dem Untertitel "It Was Our First Time" wurde den Schwestern Wilson eine lesbisch-inzestuöse Beziehung angedichtet. Mit "Barracuda" ist also der PR-geile Manager gemeint. Über diese Affäre kam es auch zum Bruch der Band mit dem Mushroom Label.

Punkte: 9 / 10


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