Greta Van Fleet The Battle At Garden's Gate (2021) - ein Review von Mr. Vertigo

Greta Van Fleet: Battle At Garden's Gate, The - Cover
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1 Review
11
11 Ratings
8.73
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock


Mr. Vertigo
03.05.2021 15:26

Das neue Album, das dritte (ja, 32 Minuten bei der ersten sind für mich ein ganzes Album, ich komme aus der Zeit als das so war).

Die ersten fünf Songs sind unglaublich gut. Allerbester 70er Rock. Es gibt Hardrock, balladeskes mit epischem Anstrich, reine Epik, klassischen Rock, da ist alles dabei was Rock-Alben der 70er gut gemacht hat.

Dann verlieren sie sich für mich ein wenig und zwar im Midtempo. Für sich genommen sind auch die nächsten Songs gut. Aber alle sind sich im Aufbau und Tempo doch recht ähnlich. Episch, ein wenig bombastisch, ein Hauch Hardrock, eine Prise folkiges. Die Stücke gefallen mir für sich genommen schon, aber so hintereinander ziehen sie das Album runter, machen es klebrig. Das Schlußstück ist dann nochmal episch in die Vollen und würde mir unter den ersten fünf Songs am besten gefallen, ergäbe dadurch ein sehr rundes geiles Rock-Album

Also sechs Songs vom Allerfeinsten, sechsmal guter 70er Rock mit wenig Auffälligem.

Doch GVF haben es definitv drauf. Sie bedienen sich nicht stupider Hardrock-Klischees, wie so viele Retro-Rock Bands, lassen im Gegenteil die harte Zeppelin-Schiene sehr, sehr oft zurück. Das gibt einen fetten Pluspunkt. Sie liebäugeln inzwischen sehr mit 70er Progressive-Rock. Weniger der Yes-Genesis-Crimson Schule als eher der Schule des Vertigo Swirl Labels, wo "progressive" noch was anderes als Art-Rock bedeutete. Ein weiterer fetter Pluspunkt.

Blues ist nur noch als Grundierung zu vernehmen, Folk, wie schon geschrieben, leider praktisch gar nicht mehr. Beides ist für mich eher schade, grade letzteres gefiel mir sehr bei ihnen. Aber die Band ist am entwickeln, sie sind neugierig und interessiert, mehr von diesem 70er Zeug zu entdecken und verstehen zu lernen, das gibt nen weiteren fetten Pluspunkt bei mir.
Täte mich nicht wundern, wenn sie irgendwann auch mal Funk- und Jazzrock integrieren. Sie haben verstanden, daß dieses dumme Klischeedenken ihrer Kritiker nichts als progressiv getarnte Engstirnigkeit ist.

Denn mal ehrlich, wen interessierts denn ob ein Künstler grade gehypt wird oder nicht? Doch nur Likes-Zähler und solche Konsorten. Freimachen und hinhören. Ob da nun ein Hype dahinter ist oder nicht.

GVF klingen jedenfalls, als ob ihnen dieses ganze Getue um die Band recht wurscht ist. Hilft ihnen zu besseren Verträgen vermute ich mal und insofern ists recht und musikalisch machen sie eh da weiter wo sie grade Lust drauf haben.

Einen fetten Minuspunkt gibs von mir, weil sich die Songs ab Nr. 6 viel zu sehr ähneln. Da scheint mir, fiel ihnen vor lauter Freude am eigenen Tun nicht auf, daß da dringend Abwechslung geboten gewesen wäre. Mal ein Uptempo-Stück raushauen wäre schön und angebracht. Mal die Struktur der Songs weg vom epischen Aufbau, denn so schön der auch ist, das erschöpft sich dann einfach auf die Dauer.

In Sachen Songwriting ist also noch Schulung von Nöten. In Sachen musikalischer Neugier sind sie aber vorbildlich. Das klingt nirgendwo nach bloßem Abkupfern der 70er Helden, sehr wohl aber nach Huldigung und Inspiration und genau so solls ja auch sein. Ehret die Vorgänger und spielt mit ihrem Erbe, aber kackt nicht drauf oder bastelts einfach nach. Da sind sie weit weg von vielen ihrer Altersgenossen, weil sie weder respektlos drauf scheissen noch einfach abmalen.

Einen letzten fetten Pluspunkt möchte ich noch für den Klang des Albums geben. Da klingt gar nichts nach 2021, das ist eine blitzsaubere Produktion wie man sie auch in den 70ern angefertigt hätte, als die Tonleute noch Ohren hatten um Musik atmen zu lassen. Ich wette die neue GVF klingt auf Smartphones und MP3 Playern scheiße und allein das ist schon ein weiterer Verdienst der Herren.

Schritt 3 in der hoffentlich noch andauernden Karriere der Vier ist gemacht, ich bin erfreut und bleibe neugierig. Und hoffe, daß sie nächstesmal noch mehr Variation, nicht nur in die Musik, sondern auch in die Songs reinbringen.

Ach ja, ein Riesenpluspunkt ist natürlich die Stimme von Joshua Kiszka. Nicht weil sie so gut ist (ist sie für mich). Sowas ist eh völlig individuell, für den einen gut, für den anderen Mist. Aber sie ist eigenständig und das ist wichtig. Hast du den mal gehört, erkennst du den ganz schnell wieder. Ein Riesenvorteil im einheitlichen Gleichmacherklang der Musikproduktionen heute. Das er damit Leuten auch auf den Zeiger geht....gut so. Das tun die besten immer, ob in der Musik oder sonstwo. Und ganz nebenbei habens auch noch scharfe Klamotten, auch da sind sie in keinem mir bekannten heutigen Trend.

Zum Artwork noch: Sehr schön, das strukturierte Cover, sowohl bei der LP- als auch CD-Version. Dazu eine edel wirkende Goldprägung und kein Bandname, sowas mag ich. Das innere des Klappcovers geprägt zu gestalten ist ebenso eine sehr schöne Idee. Doch hier schlägt dann die Moderne durch. Diese Fantasy-Grafiken, auch die im Booklet, sehen mir schwer nach Computerzeugs aus, es mangelt ihnen jedenfalls an Tiefe in jeder Form. Ob das nun GVFs Idee oder die des Labels war....es sieht scheiße aus. Aber auch hier gilt, es gibt noch genug Luft zum Entwickeln nach oben.

Punkte: 8 / 10


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