Fear Factory Remanufacture (Cloning Technology) (1997) - ein Review von DarkForrest

Fear Factory: Remanufacture (Cloning Technology) - Cover
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1 Review
11
11 Ratings
5.36
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
06.06.2021 14:19

Nach ihrem ersten Album "Soul Of A New Machine" haben sich Fear Factory für einen etwas ungewöhnlichen Release entschieden und mit "Fear Is The Mindkiller" das Industrial im Industrial Metal nochmal besonders betont und ein paar ihrer Songs geremixed. Das Ergebnis klang zwar ordentlich, war am Ende aber eher mal was für die kleine Zielgruppe an Fans, die sowohl mit Metal als auch elektronischer Musik etwas anfangen können. Ein wenig lag es ja nah, dass nach "Demanufacture" ein ähnlicher Versuch gestartet werden würde, wobei "Remanufacture" sogar noch ein paar Schritte weiter geht.

Zunächst haben wir es diesmal nicht mit einer EP sondern mit einem vollwertigen Remixalbum mit über einer Stunde Laufzeit zu tun. Auch die Auswahl der Songs richtet sich sehr nach dem Album, welches zugrunde liegt. Man hätte ja einfach beliebte und günstig zu remixende Songs wie "Replica" dreimal remixen und speziellere Sachen wie "A Therapy For Pain" unter den Tisch fallen lassen können. Aber nein: Jeder Song hat genau einen Remix spendiert bekommen. Dazu kommt, dass die einzelnen Stücke recht stark modifiziert wurden. Schon die Songs auf "Fear Is The Mindkiller" gingen über eher simple Remixes wie dem "Electric Sheep Remix" von "Replica" hinaus. Hier hat man sich teilweise sogar noch mehr Mühe gemacht, den Songs ein komplett neues Gewand zu verpassen. Das hört man auch genretechnisch raus. Während "Fear Is The Mindkiller" vor allem eine Symbiose aus Metal und Industrial geboten hat, werden auf "Remanufacture" alle möglichen damals gängigen Elektro-Genres bedient. Und wenn das noch nicht genug ist, dann gibt es obendrauf sogar noch zwei komplett eigenständige instrumentale Songs, die sonst nirgends zu hören sind.

In der Theorie klingt das ganze schonmal recht aufwendig. Trotzdem haben einige Fans sicher beim Anblick von "Remanufacture" mit den Augen gerollt, da sie vielleicht doch eher komplett neues Material gegenüber Remixes bevorzugt hätten. Und selbst wenn man sich nicht direkt angewidert denkt "Ihhh, Techno!", dann muss man sich schon die Frage stellen, ob und in wie weit es gelingt "Fear Is The Mindkiller" irgendwas interessantes hinzuzufügen oder die Songs von "Demanufacture" wenigstens so interessant zu gestalten, dass man dafür noch eine weitere CD an den Mann bringen kann. Daran dürfte sich am Ende entscheiden, ob "Remanufacture" nur ein dreister Cashgrab ist, der versucht noch ein wenig Kapital aus dem unglaublich beliebten "Demanufacture" zu schlagen, oder "Remanufacture" als eigenständige CD ihren Platz in der Fear Factory Diskographie verdient hat.

Als relativ simpler Einstieg dient das titelgebende "Remanufacture" - ein Remix vom Titelsong des ursprünglichen Albums. Der eigentliche Song wurde nicht allzu stark verändert und eher mal um einige elektronische Elemente ergänzt. Entsprechend hart und metallastig klingt das Ergebnis. Nicht unbedingt schlecht, um in die ganze Geschichte gut rein zu kommen, da man zwar nicht direkt mit Veränderungen überrollt wird, es sich aber auch ausreichend vom Original unterscheidet und einen recht dezent auf den Genrewechsel einstimmt.

"National Panel Beating" ist da schon eine ganz andere Geschichte. Der Remix von "Body Hammer" täuscht zwar in den ersten Sekunden mit ein paar knackigen Gitarren wieder ordentlich Metal an, wechselt dann aber sofort zu einem sehr gemütlichen Tempo inklusive Pianoeinsatz und macht eine Trip Hop Nummer daraus. Besonders sind mir auch die cleanen Vocals aufgefallen, bei denen Burton C. Bell fast schon rapt. Soweit ich das höre sind sie nicht dem Original entnommen und wurden wohl nochmal eigens für diesen Remix eingespielt, was ziemlich cool wäre, wenn ich damit recht habe. Ich muss sagen, dass "National Panel Beating" einfach vom Genre her auch mich schon ziemlich weit aus der Komfortzone lockt, ich die Umsetzung aber so gelungen finde, dass ich mir das in der Form gut anhören kann.

Mein persönliches Highlight der ganzen CD kommt aber als nächstes mit "Genetic Blueprint". Während "New Breed" im Original zwar gut nach vorne ging, mich aber trotzdem nicht wirklich abgeholt hat, wurde es hier so stark modifiziert, dass am Ende echt was ganz besonderes draus geworden ist. Wir haben hier einen sehr guten Beat, welcher um die Riffs und Shouts des Original in einer Weise ergänzt wurde, dass ein unglaublich geiler Flow entsteht. Schwer zu beschreiben, aber genial zu hören.

"Faithless" ist der Remix zu "Zero Signal" - sicher eine Herausforderung, wenn man bedenkt wie episch das Original klingt. Wirklich überzeugen konnte mich das ganze am Ende leider nicht. Man muss zwar anmerken, dass ein paar nette Dinge eingebaut wurden, die erst dann auffallen, wenn man genauer hinhört wie zum Beispiel ein leichtes Flüstern bei den Vocals am Anfang oder eine insgesamt düstere und drückende Atmosphäre, aber wirklich profitieren konnte "Zero Signal am Ende nicht von der Remixbehandlung. "Bionic Chronic" ist der erste komplett neue Song und es ist fast schon beeindruckend wie enttäuschend das Ergebnis ist. 33 Sekunden, die so klingen wie irgendwelches Material, was man nirgendwo anders nutzen konnte und trotzdem noch schnell so irgendwie hinrotzen wollte. Selten hat ein Song so wenig Eindruck bei mir hinterlassen.

"Cloning Technology" widmet sich schließlich "Replica", welches nicht nur einer der besten und beliebtesten Songs von "Demanufacture" ist, sondern sich meiner Meinung nach auch gut für Remixes anbietet. Da man hier nur einen Versuch pro Song hatte, wäre meine Erwartung, dass der Versuch bei "Replica" auch perfekt sitzt und man hier nicht weniger als das absolut beste draus gemacht hat. Und ich bin froh, dass das "Cloning Technology" tatsächlich voll in's Schwarze tritt. Das eher kurze Original wurde hier auf knapp 6 Minuten verteilt, jedes Element ordentlich genutzt, um alle möglichen Elektroelemente und Samples ergänzt und ziemlich heftig aufgemotzt. Wir haben hier so viele unterschiedlich klingende Passagen, dass es fast schon wie ein kleines Medley wirkt und obwohl es manchmal etwas over the top ist, wurde alles so sinnvoll miteinander verbunden, dass man es sich nicht nur gut anhören kann, sondern auch immer wieder neues entdeckt, wenn man es mehrmals hört.

Falls ihr schon immer eine Version von "Flashpoint" haben wolltet zu der ihr gut breakdancen könnt, dann ist "Burn" wahrscheinlich der Song der Wahl für euch. Auch wenn es mir etwas überladen ist bei den Samples, mag ich es wie das etwas sehr einfache Original hier derart anders klingt, dass man es fast nur noch an den Lyrics erkennt. Wirklich schräg wird es dann mit dem, was "T-1000" aus "H-K" gemacht hat. Hier gibt's nämlich Hardstyle-Techno vom feinsten. Das ist sicher nichts für jeden, aber sorry: ich kann die extrem stumpfen Beats, mit denen man hier bombardiert wird, wirklich feiern.

Etwas bodenständiger präsentiert sich "Machines Of Hate", der Remix zu "Self Bias Resistor". Es hat eine ganz interessante Art die cleanen Vocals mehr hervor zu heben, kommt am Ende aber etwas unspektakulär daher. Immerhin fügt es sich aber ganz gut in den Rest der CD ein. "21st Century Jesus" hat mit "Pisschrist" im Original ein ähnliches Problem wie "Faithless" - ein ziemlich komplexes und wuchtiges Vorbild, welches gar nicht unbedingt einen Remix nötig hat. Meiner Meinung nach wurde es hier allerdings etwas besser gelöst, da "21st Century Jesus" eher mal sein ganz eigenes Ding macht und sich in ziemlich gemütlichem Tempo gut 7 Minuten lang Zeit lässt, auf den Hörer zu wirken. Dazu passt auch der Fokus auf die cleaneren Vocals, der das ganze angenehm trippy macht.

Bleibt nur noch ein Song zum remixen übrig - nämlich "A Therapy For Pain", welches im Original schon ein ziemlicher Genrebruch war. "Bound For Forgiveness" versucht interessanterweise eher mal die ruhige Grundatmosphäre vom Original einzufangen und verwendet von selbigem auch gar nicht so viele Elemente. Damit bleibt es zum Beispiel auch komplett Instrumental und geht ziemlich stark in die Ambient-Richtung. Ich steh ja auf sowas und finde, dass wir hiermit den perfekten Ausklang haben. Ach ne, wartet: wir brauchen mit "Refinery" ja noch den zweiten eigenständigen Song, wobei ich das Wort "Song" hier sehr großzügig verwende. Ja ich weiß: im Industrial Metal waren gerade in den 90'ern irgendwelche wirren Soundcollagen beliebt und ich werde wohl nie dahinter steigen. Trotzdem kann ich mir spaßigeres vorstellen, als mir gut 3 Minuten einfach nur irgendwelche Maschinengeräusche und sonst nichts anzuhören. Ich habe bei mir eh schon eine Großbaustelle nebenan, also lasst mich doch bitte damit in Ruhe.

Und weil das noch immer nicht genug war, wird ganz hinten noch eine "Edited Version" von "Remanufacture" drangeklatscht - ihr wisst schon: einer dieser Radiocuts, bei denen der Song nochmal um ein Stückchen gekürzt wurde. Ich weiß zwar auch nicht, wo man den besser hätte platzieren können, aber so klingt es einfach scheiße, wenn ihr das Album am Stück laufen lassen wollt. Die Frage ist auch, ob es überhaupt unbedingt so eine Version von dem Song braucht, aber gut…

Insgesamt bin ich aber ziemlich beeindruckt von "Remanufacture". Ob man mit den neuen Genres jetzt nun etwas anfangen kann oder nicht: keiner kann sagen, dass hier einfach nur ganz schnell etwas zusammengepanscht wurde, um dem Fan noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen. Jeder Song klingt so als hätte sich jemand wirklich Gedanken darüber gemacht, wie man das jeweilige Original neu interpretieren kann. Ein direkter Vergleich mit "Demanufacture" wird sicherlich schwierig. Als Remixalbum an sich macht es aber vieles richtig und manches sogar perfekt: es gibt Tracks, die aus eher unspektakulären Songs etwas wirklich spannendes gemacht haben und obwohl es stilistisch einen roten Faden hat, ist für Abwechslung gesorgt. Dass nicht jeder Song von "Demanufacture" in Remix-Form absolut perfekt klingt, ist für mich auch in Ordnung.

Komplett daneben liegt man allerdings mit den neuen Extra-Songs, welche mir auch nicht als kleine Beilage taugen. Normalerweise kann zusätzliches Material eine CD ja kaum verschlechtern, aber "Bionic Chronic" und "Refinery" machen das Hören am Stück nicht nur leicht unangenehmer, sondern zeigen auch ganz gut, dass 2-3 gelungene neue Tracks eine Möglichkeit gewesen wären, um "Remanufacture" perfekt zu machen, die hier leider komplett versaut wurde.

Ob ihr "Remanufacture" am Ende mögen werdet oder nicht, hängt wohl weniger davon ab, wie sehr ihr Fans von Fear Factory seid und mehr davon, ob ihr sowohl mit Metal als auch elektronischer Musik etwas anfangen könnt. Wenn euch die einzelnen Genres, die ihr hier serviert bekommt, einfach nicht liegen oder euch "Demanufacture" schon elektronisch genug war, dann könnt ihr diese Remix-CD auch als große Fans der Kalifornier überspringen und werdet wenig verpasst haben. Falls ihr wie ich sowohl Metal als auch härtere Elektromucke mögt und kein Problem habt, beides miteinander zu mischen, könnte "Remanufacture" vielleicht sogar was für euch sein, ohne dass ihr sonst besonders viel von Fear Factory kennt. Mein Geschmack wurde jedenfalls gut getroffen.

Punkte: 8.5 / 10


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