Fear Factory Demanufacture (1995) - ein Review von DarkForrest

Fear Factory: Demanufacture - Cover
3
3 Reviews
46
46 Ratings
9.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal, Industrial Metal, Thrash Metal


DarkForrest
05.04.2021 08:05

"Demanufacture" von Fear Factory ist eines dieser Werke, über die man im Vorfeld gar nicht so viele Worte verlieren muss, worum es sich dabei genau handelt, denn als eines der einflussreichsten Alben des Genres kennt das Ding am Ende eh jeder Arsch. Bei mir geht das ganze so weit, dass es nicht nur das erste Album ist, durch welches ich mit der Band in Berührung gekommen bin, sondern eines meiner ersten Metalalben - ever.

Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass drei der Songs auf "Demanufacture" im Soundtrack vom ersten Teil der Rennspielserie Carmageddon enthalten waren und mein 12-jähriges Ich schon damals sehr beeindruckt war von dem, was es dort hörte. Da Carmageddon selbst unter Gamern ein extremes Nischenprodukt war, dürften diese Erfahrung wohl nicht allzu viele Fear Factory Fans geteilt haben. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass ein guter Teil davon auch ohne Carmageddon zuerst über eben dieses Album auf die Jungs aufmerksam geworden ist.

Trotz all der Nostalgie muss ich gestehen, dass "Demanufacture" für mich nie das perfekte Album war. Ich habe es damals rauf und runter gehört und bestimmte Songs extrem abgefeiert, aber eben nicht alle. Während mich der eine oder andere Track tatsächlich umgehauen hat, gab es auch einen gewissen Anteil, der irgendwie "okay" war, ohne mir näher im Gedächtnis zu bleiben. Und während ich "Zero Signal" oder "Replica" ohne Probleme im Tiefschlaf nach einer Sekunde wieder erkenne, kann ich das nicht über alle Songs sagen. So sind ein paar Songs dann doch bei mir etwas in Vergessenheit geraten. Ist "New Breed" wirklich so langweilig, wie ich es in Erinnerung hatte? Wie klingt nochmal "Flashpoint"? Und was hatte es eigentlich mit dem langen Outro "A Therapy For Pain" auf sich? Um mir die Fragen zu beantworten, habe ich die letzten Tage und Wochen nochmal ausgiebig in Fear Factory's beliebtestes Album reingehört.

Eine Sache, die direkt auffällt ist die Weiterentwicklung zu "A Soul Of A New Machine". Das Debütalbum hat seinerzeit ja schon so einiges an Innovation mitgebracht und einige Subgenres miteinander kombiniert. Das wurde hier ein wenig runtergefahren. Death- und Grindcore-Einflüsse gibt es jetzt kaum noch und auch der Thrash Metal Anteil wurde ein wenig reduziert, während Groove- und Industrial Parts ausgebaut wurden. Burton C. Bell shoutet jetzt viel mehr als dass er growlt und die ganze Produktion klingt insgesamt klarer und präziser. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Raymond Herrera immer noch ein absolutes Beast am Schlagzeug ist oder Dino Cazares mal wieder voll und ganz an der Gitarrenfront begeistern kann.

Statt 17 Songs, reichen diesmal auch 11 Stück aus, was wohl eine ganz gute Idee war, denn irgendwann hat sich das Ganze auf "Soul Of A New Machine" ein wenig wiederholt und es gab einen gewissen Anteil an kurzen und/oder eher nichtssagenden Songs. Dieses Problem wurde hier definitiv behoben. Jeder Song auf "Demanufacture" ist absolut einzigartig und was hier an Anzahl reduziert wurde, wird locker durch Länge und Inhalt der jeweiligen Songs wett gemacht. Textlich nimmt man das Konzept von der Interaktion zwischen Mensch und Maschine diesmal deutlich wörtlicher, wodurch wir jetzt nicht mehr so eine breite Auswahl an Themen haben. Songtitel wie "H-K (Hunter-Killer)" oder "Replica" machen schon sehr deutlich, wo man sich seine Inspirationen geholt hat und in mehreren Songs fließen direkt Samples aus Terminator 2 mit in die Musik ein.

Das hört man direkt am ersten Track, der gleichzeitig der Titeltrack ist - damit stammen quasi die ersten Sekunden von "Demanufacture" aus Terminator 2. Ansonsten ist die ganze Nummer ziemlich straight forward. Am Anfang täuscht Burton C. Bell kurz cleane Vocals an, um diese dann für den Rest des Songs zu verwerfen und ordentlich los zu ballern. Die Hookline "I got no more goddamn regrets - I got no more goddamn respect!" ist dabei so catchy, dass es mir schwerfällt, beim Hören nicht meine Anlage anzuschreien.
"Self Bias Resistor" setzt etwas mehr auf Abwechslung, Tempowechsel und zwischendurch auch mal cleanen, aber trotzdem recht schnellen Gesang. Tatsächlich gibt es hier vergleichsweise viele unterschiedliche Passagen, die für sich genommen sicher allesamt nicht schlecht klingen, aber so richtig in's Herz geschlossen habe ich davon allenfalls den eher langsamen und ruhigeren Ausklang.

Komplett episch klingt dagegen "Zero Signal" - alleine schon die langsam anschwellende Spannung, die schließlich in einem immer schneller werdenden Gitarrenriff gipfelt wird einfach nie alt. Im Laufe der knapp 6 Minuten gibt dann einiges zu entdecken: unter anderem den bis dahin besten cleanen Gesang von Burton C. Bell oder oder einen erstaunlich ruhigen Pianoausklang. Auch das folgende "Replica" ist ein absoluter Klassiker. Durch die insgesamt etwas kürzere Laufzeit als die bisherigen Stücke, wirkt es einfach nur umso dichter und konzentrierter, während der Sänger sich hier quasi ein beeindruckendes Duett mit sich selbst liefert, während er recht häufig zwischen cleanen Vocals und harten Shouts wechselt.

Mit "New Breed" haben wir mit den schnellsten Song auf "Demanufacture". Alles geht hier sehr direkt nach vorne, cleane Vocals sucht man vergebens und lediglich ein paar elektronische Arrangements sorgen für etwas Abwechslung. Das klingt zwar nicht direkt schlecht, ist mir aber tatsächlich etwas zu trocken. Lustigerweise scheint gerade dieser Song dafür sehr davon zu profitieren, geremixed zu werden.
Von einem Song ohne cleane Vocals kommen wir dann direkt zu einem Song mit ausschließlich cleanen Vocals. "Dog Day Sunrise" ist ein Cover von Head Of David und man merkt sofort, dass Fear Factory sich hier komplett außerhalb ihrer üblichen Genres befinden, was aber nicht heißt, dass diese Mischung aus Post Punk und Industrial Rock nicht gut auf die Reihe bekommen. Ich mag es sogar, wie sie dem Original treu geblieben sind und freue mich über die Abwechslung, verstehe aber auch, warum manche Fans mit diesem Stilbruch wenig anfangen können.

"Body Hammer" haut mich dann direkt mit einem massiven Gitarrenriff um. Keine Ahnung, ob meine Wahrnehmung irgendwie durch die instrumentale Version aus Carmageddon, in der ich den Song zuerst gehört habe, verzerrt ist. Allerdings wären die Vocals für mich hier gar nicht unbedingt nötig gewesen, während Drums und Gitarren dem Sänger hier eindeutig die Show stehlen.
"Flashpoint" hat ziemlich viel mit "New Breed" gemeinsam - hohes Tempo, ordentliche Härte und kurze Laufzeit. Damit ist es unterm Strich ebenfalls nicht ganz so sehr ein Song, der bei mir total viel Begeisterung auslöst, aber wenigstens schafft er es im Vergleich zu "New Breed" hier und da immer mal wieder ein paar kleinere Spielereien zur Auflockerung einzubauen.

Absolut klasse finde ich dafür "H-K (Hunter-Killer)", welches sich mit seinem langen Intro von ca. 1 Minute Zeit lässt, um ordentlich Spannung aufzubauen, dich sich dann in Dino Cazares typisch abgehackter Gitarrenarbeit entlädt. Auch so harmonieren alle Trademarks der Band hier perfekt miteinander. "Pisschrist" ist ebenfalls ein langjähriger Favorit von mir, der auf sehr ähnliche Stärken setzt wie "Zero Signal" - langsam ansteigende Spannung, immer heftiger werdende Gitarren, ruhiger Ausklang mit beeindruckenden cleanen Vocals - sehr nice!

Der ungewöhnlichste Song dürfte dann aber das Outro "A Therapy For Pain" sein. Das sehr langsame Tempo, die leicht doomige Atmosphäre und die Art wie Burton C. Bell hier singt erinnern mich erstaunlich stark an Type O Negative - zumindest an Fear Factory, die so klingen wollen wie Type O Negative. Garniert wird das ganze mit ein paar abstrakteren Samples, die irgendwann zu einer Industrial-Soundcollage werden, welche das Album dann beendet. Ein ziemlich interessantes Experiment. Könnte ich mir jetzt zwar nicht immer und jeden Tag anhören, aber insgesamt finde ich es in dieser Umsetzung doch recht gelungen.

Je nach Version erwartet euch jetzt unterschiedlich viel Bonusmaterial. Ich habe bei mir im Schrank die Digipack-Version stehen, was in meinem Fall 4 Bonustracks bedeutet. Spannend wäre da vor allem das Agnostic Front Cover "Your Mistake" - ebenfalls wieder ein kompletter Stilbruch. Wenn Fear Factory jemanden covern, dann scheinen sie darauf bedacht zu sein, im ursprünglichen Genre zu bleiben und liefern in dem Fall Hardcore Punk ab und das sogar recht überzeugend. Ganz passend dazu hätten wir noch "¡Resistacia!", welches wir bereits von der "Demanufacture" - EP kennen und bei welchem die Band dann doch nochmal komplett in den Thrash Metal Bereich geht. Und zum Abschluss gibt's noch den Remix zu "New Breed" (ebenfalls von der "Demanufacture"-EP) sowie "Replica" mit dem "Electric Sheep Remix", den wir von der "Dog Day Sunrise"-Single kennen.

Falls ihr unschlüssig seid, welche Version ihr euch von "Demanufacture" zulegt, würde ich euch die normale Digipack Version nicht unbedingt an's Herz legen. Mittlerweile gibt es das Album im Bundle mit dem Remix-Album "Remanufacture", welches obendrauf nochmal deutlich mehr und seltenere Bonustracks beinhaltet. Andererseits habt ihr auch nicht viel verloren, wenn ihr euch die Basisversion von "Demanufacture" holt, da ihr die 4 hier enthaltenen Bonustracks auch ganz gut auf den zugehörigen Singles und EPs findet.

Unabhängig davon ist und bleibt "Demanufacture" ein mehr als ordentliches Album. Ich muss sogar sagen, dass ich einige Songs nachdem ich sie jetzt nochmal öfter und ausführlich gehört habe, bei mir jetzt mehr reingehauen haben, als damals. Trotzdem ist das zweite Album von Fear Factory für mich kein makelloses Meisterwerk. Es gibt durchaus Qualitätsunterschiede zwischen den Songs. Ein gewisses Niveau wird zwar nie unterschritten und auch ein "New Breed" oder "Flashpoint" ist jetzt nicht komplett langweilig, aber das perfekte Album ist es für mich nicht geworden. Aber ein sehr gutes Album, dass man auf jeden Fall mal gehört haben sollte, ist doch auch schon was!

Punkte: 8.5 / 10


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