Ewigheim + Sun Of The Sleepless 24/7 (2014) - ein Review von DarkForrest

Ewigheim, Sun Of The Sleepless: 24/7 - Cover
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1 Review
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3 Ratings
7.83
∅-Bew.
Typ: Compilation/Best-Of
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
28.06.2020 20:40

Drei Jahre sollten vergehen bis Ewigheim nach dem 2013'er "Nachruf" mit "Schlaflieder" ihr nächstes reguläres Album raushauen. Das heißt aber nicht, dass die Thüringer bis dahin unproduktiv waren. Immerhin stand 2014 das 15 - jährige Bandjubiläum an und da will man natürlich nicht mit leeren Händen dastehen. Zur Feier des Tages wurde den Fans mit "24/7" nochmal etwas musikalischer Schwermut für zwischendurch mit auf den Weg gegeben.

Jetzt stellt sich gleich mal die Frage, was diese CD mit dem neuen Bandlogo und der eher ungewöhnlichen Farbgebung auf dem Cover, in der neben schwarz und Weiß auch Orange vorkommen darf, eigentlich sein soll. Auf dem Sticker ist vom Album zum 15. Jubiläum der Band zu lesen. Ein Album ist "24/7" aber sicher nicht. Aber auch für eine EP ist es zu umfangreich. Am ehesten haben wir hier wohl eine Compilation. Warum bin ich da so pingelig? Ich meine, solange die Musik darauf geil klingt, ist es doch scheißegal, zu welcher Kategorie dieser schöne Tonträger zählt, oder? "Naja…" würde ich jetzt sagen - einige Fans wären vielleicht etwas weniger enttäuscht gewesen, wenn man ihnen kein vollwertiges Album beworben hätte, sondern wenn von Anfang an klar gewesen wäre, worauf der unbedachte Ewigheim Hörer sich hier einlässt, denn an sich halte ich "24/7" für weit besser als seinen Ruf.

Was bekommen wir den jetzt genau für unser hart verdientes Geld? Wir hätten da auf der Tracklist: 5 komplett neue Songs, eine alternative Version eines bekannten Songs, 4 Remixes, ein Cover eines Ewigheim - Songs von einer anderen Band und 2 Videoclips. Definitiv nicht übel, wenn man offen für (wie auch immer geartete) Aufbereitung von bekanntem Material ist und nicht nur ausschließlich neue Songs erwartet. Eigentlich sogar eine ziemlich gute Mischung aus alt und neu. Man hätte auch ganz einfach ein reines Remixalbum raushauen können und wäre damit sicher auch durchgekommen. Mühe hat man sich also schon gemacht.

Jetzt ist natürlich die Frage offen, wie das neue Material denn so klingt. Ich meine, man kann ja auch einfach 5 Songs, die für die bisherigen Alben nicht gut genug waren, draufrotzen und der Fisch ist geputzt. Das ist hier zum Glück nicht passiert. Ich bin sogar fast schon schockiert wie verdammt gut die 5 Stücke geworden sind, die hier mal so ganz nebenbei auf dieser Compilation veröffentlicht wurden. Das geht schon direkt mit "Tanz Um Dein Leben" los, welches nicht nur thematisch an das großartige "Der Tanz Der Motten" anknüpft, sondern auch musikalisch wieder zutiefst tanzbar und melancholisch zugleich ist.

"Nicht Mehr" dreht das Tempo ordentlich hoch. Ein Song, der Tempo und Härte vor allem durch elektronische Elemente schafft ist eine spannende Idee, die hier absolut klasse umgesetzt wurde. Und sobald man das Gefühl hat, dass der Song gut nach vorne geht, wird das Tempo nochmal gesteigert. Etwas gefälliger wird es dann mit "24/7" - ja, der Song klingt für Ewigheim Verhältnisse schon sehr nett und angenehm. Trotzdem nervt mich dieser Ohrwurm nicht - auch nicht nach häufigem Hören. Ich denke das liegt daran, dass hier sämtliche Instrumente neben dem goldigen Gesang von Konstanz ihren Platz haben und auch wunderbar zur Geltung kommen. Selbst die Gitarren klingen hier angenehm kernig, ohne dass sie die Grundatmosphäre des Songs versauen - überhaupt ein Problem, welches man im Vergleich zu dem mir in dieser Hinsicht zu zahmen "Nachruf" auf "24/7" offenbar gut gelöst hat.

Aber auch Fans von epischen Songs, mit leichten Klassikelementen kommen dank "Wir, Der Teufel & Ich" nicht zu kurz. Sehr ordentliche und abwechslungsreiche Nummer, die sich zum Beispiel auch vor "Der Prophet" auf "Heimwege" nicht verstecken muss. Vielleicht geht "Wir, Der Teufel & Ich" zwar nicht ganz so weit und hat auch keinen Operngesang, aber dafür auch ausschließlich Momente, die technisch sauber umgesetzt sind und musikalisch in's Schwarze treffen. Mit "Gloria" wird noch eine wirklich beeindruckende Hymne draufgelegt, die stilistisch ganz gut alle bisherigen Songs miteinander verbindet und diesen Part von "24 /7" perfekt abschließt.

Wenn diese 5 Songs so als EP veröffentlicht worden wären, hätte ich nicht anders gekonnt als 10/10 Punkte zu geben, denn bis jetzt gibt es gar nichts auszusetzen. 5 neue, qualitativ extrem hochwertige Songs, die sich musikalisch auch noch ziemlich stark voneinander unterscheiden. Da war jemand sehr kreativ und auf so eine Compilation wie "24/7",auf der es nicht unbedingt einen musikalischen roten Faden braucht passen sie natürlich wie übermäßiger Zigarettenkonsum zu Texteschreiber Yantit. Leichte Schwächen offenbaren sich erst beim restlichen Material, aber wer hofft, dass ich jetzt verbal über alles andere drüberpisse, dürfte wohl auch enttäuscht werden. Ich sagte ja leichte Schwächen.

Am meisten tut es mir wahrscheinlich um die verpasste Chance leid, einen älteren Song musikalisch nochmal etwas zu modifizieren. Die Möglichkeiten wären ja fast unendlich und Potential wäre auch noch dagewesen. Überlegt mal: ganz alte Songs von "Mord Nicht Ohne Grund", die man technisch abrunden könnte, das eine oder andere Stück von "Heimwege", das Konstanz nochmal neu einsingt, damit die Vocals besser rüberkommen oder auch sehr gerne was von "Nachruf", was gitarrenmäßig nochmal aufgemotzt wird, um endlich etwas mehr Punch zu bekommen. Stattdessen entscheidet man sich für "Schneemann 2.1" - ein Song, der vorher schon absolut perfekt so war wie er war und auf der "Dürrer Mann" EP eine ziemliche Exklusivstellung hatte, die durch die Wiederveröffentlichung nun verloren geht. Es kam wie es kommen musste: mit den leicht veränderten Gitarren und dem präsenteren Schlagzeug klingt der Song zwar immer noch gut aber jetzt eben minimal schlechter als das Original.

Dann doch lieber der Laibach Remix von "Heimweg". Eine ungewöhnliche Wahl - hätte nicht gedacht, von so einem ruhigen Song mal einen Remix zu hören. Obwohl er in dieser Fassung deutlich konzentrierter und auf den Punkt gebracht präsentiert wird haben wir es hier aber immer noch mit einer Ballade und keinem Clubhit zu tun. Laibach haben aber gute Arbeit geleistet. Nachdem ich mich erst einmal an diese Version gewöhnen musste, bin ich sogar einigermaßen begeistert. Das Original war mir teilweise etwas zu speziell - den Remix dagegen kann ich mir gut und gerne immer mal wieder geben.

Ebenfalls eine etwas seltsam anmutende Entscheidung ist es Sun Of The Sleepless "Der Tanz Der Motten" Covern zu lassen. Ich hatte vorher von der Band noch nie etwas gehört aber es klingt ziemlich nach Ambient Black Metal mit etwas Doom - Einschlag. Tja und die lassen wir jetzt mal das melodisch - rockige "Der Tanz Der Motten" covern. Da ich das Original sehr liebe habe ich mir ernsthafte Gedanken um meine Ohren bei der Idee gemacht und eigentlich damit gerechnet wie ein angespisster Fanboy zu schimpfen wie man diesen schönen Song nur so vergewaltigen kann. Aber nein: musikalisch ist man durch das langsame Tempo und die düsteren Vocals so weit vom Original entfernt, dass man es auch als ganz neue Kreation betrachten kann, die mit dem Original nicht mehr viel zu tun hat, aber stilistisch gleichzeitig wieder super auf eine Ewigheim CD passt.

Wirklich gefreut habe ich mich auch auf den Soko Friedhof Remix von "Die Augen Zu". Wer hätte gedacht, dass sich diese beiden großartigen Projekte mal zusammen tun? Und dann auch noch einer der besten "Nachruf" - Songs! Alles in allem ist die Nummer sehr elektronisch, qualitativ hochwertig und musikalisch überraschend dezent geworden. Nicht schlecht, aber ich komme nicht drum herum mich zu fragen wie geil es geworden wäre, wenn wir es hier mit einem Cover zu tun gehabt hätten und David A. Line die Vocals selbst eingesungen hätte. Das wurde immerhin 6 Jahre später mit "Leiche Zur See" nachgeholt und hat auch klasse funktioniert. Das hier ist zwar auch durchaus nett, aber so beißt sich die Stimme von Konstanz ein bisschen zu sehr mit der Musik.

Der Neue Weltordnung Remix von "Morgenrot" ist ebenfalls nett. Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Eine eher gemütliche Alternative zum Original. Kann ich gut anhören. Exklusiv für die 2000 Besitzer der Digipack - Version gibt es noch den Bluter Remix von "Nachruf". Seltsame Wahl für einen exklusiven Track, aber okay. An der Grundstruktur des Songs wurde wenig verändert, aber dafür wurden die Gitarren hochgedreht und das ganze mit zusätzlichen Beats ausgestattet. Klingt simpel, da mir "Nachruf" als Album aber genau in diesen Belangen etwas zu fad war hat man hier ziemlich einfach sehr gute Arbeit geleistet und den Song für mich gut aufgewertet - sehr nett.

Als nette Beilage gibt es noch zwei Videoclips zu "Dürrer Mann" und "Heimweg" die soweit ich weiß neu gedreht wurden - im Falle von "Heimweg" also 10 Jahre nach dem eigentlichen Song. Alles recht minimalistisch aber doch ganz ansprechend, auch wenn mir Musikvideos eigentlich recht egal sind.

So, damit wären wir fertig, eine 6 Jahre alte Compilation einer kleinen Gothic Metal Band bis in's kleinste Detail auseinander zu nehmen. "24/7" hat sich dabei sehr gut geschlagen. Bis auf ein paar kleine konkrete Verbesserungsvorschläge, die ich da hätte bin ich doch sehr positiv überrascht. Man hat hier nicht mal eben zwischen zwei Alben Kohle angreifen wollen, sondern wirklich heißes Material geliefert. Die 5 neuen Songs sind durch die Bank klasse und selbst die Remixes (die ja immer sehr Geschmackssache sind) wirken alles andere als billig. Größtenteils sind das schon sehr eigenständige Werke, die sich stark vom Original unterscheiden und die Handschrift des jeweiligen Künstlers tragen. Für komplette Ewigheim - Neulinge ist das vielleicht nicht gerade die Best Of, mit der man die Sammlung idealerweise starten sollte, aber Fans dürften damit wenig falsch machen. Ich bin jedenfalls immer wieder für eine Runde zu haben.

Punkte: 9 / 10


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