Ewigheim Nachruf (2013) - ein Review von DarkForrest

Ewigheim: Nachruf - Cover
2
2 Reviews
5
5 Ratings
8.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Gothic Metal


DarkForrest
19.06.2020 17:49

Nach ihrem Comeback "Bereue Nichts" waren Ewigheim offenbar gut in Fahrt, denn gerade einmal gut 1 Jahr später ging's mit "Nachruf" gleich weiter. Pünktlich zum Nikolaus 2013 stand das Ding in den Regalen und die Erwartungen waren auf meiner Seite natürlich groß, nachdem der Vorgänger so ziemlich alles richtig gemacht hat, was man nur richtig machen konnte. Die Grundvoraussetzungen sind jedenfalls schonmal gut: am Sound und Stil der Band wurde diesmal verhältnismäßig wenig verändert - man merkt, dass das Projekt mit "Bereue Nichts" endlich seine Ausrichtung gefunden hat. Trotzdem schreibe ich "verhältnismäßig" - also so im Vergleich zu den unterschieden zu und zwischen den älteren Alben. Denn ein zweites "Bereue Nichts" ist es dann doch nicht geworden. Hier und dort wurde dann doch an der einen oder anderen Schraube gedreht, um etwas frischen Wind in die Welt von Blut, Kot, Blumen und Sonnenschein zu bekommen.

Auch wenn am festen Lineup der Thüringer nichts verändert wurde, sind die jetzt wieder Gastmusiker am Start, darunter Frau N. Feind (was für ein Wortspiel) an der Violine und hey: "Blutkehle" M. Roth darf im Bonustrack mitsingen. Ansonsten fällt vor allem auf, dass die Härte wieder etwas herunter gedreht wurde. Auch wenn nach wie vor in jeden Song Gitarrenriffs ihren Platz finden, treten sie diesmal etwas dezenter auf und machen öfter mal Platz für ausgiebigen Keyboardeinsatz. Das in Kombination mit leicht gedrosseltem Tempo und den üblich melancholischen Texten verleiht "Nachruf" wieder eine etwas dunklere und melancholischere Atmosphäre - im Gegensatz zum eher rock- und metallastigen "Bereue Nichts". Das dürfte denen, die es nicht ganz so hart mögen und auf langsame Balladen bestehen ganz gut gefallen, bringt aber auch das eine oder andere Problem mit sich.

Ziemlich ungewohnt: zum ersten Mal gibt es gar kein Intro. Stattdessen geht es direkt los mit dem ersten Song "Zwischen Menschen" - für mich ein etwas unglücklicher Start. Der Song geht halt sehr schnell zur Sache: schon in unter einer halben Minute der erste Refrain. Leute, gebt mir doch erstmal Zeit zum Aufwärmen! Auch so kann mich "Zwischen Menschen" nicht so ganz überzeugen. Unter 3 Minuten ist dafür zu kurz - zumindest, wenn man mehrere Strophen, ein Gitarrensolo und eine ruhige Keyboardpassage einbauen will. So kann nichts so richtig seine Wirkung entfalten und alles wirkt etwas lieblos und unfertig. Könnte ich mir zum Beispiel irgendwo als unreleased Track auf einer Compilation vorstellen oder aber nicht so direkt als Intro.

Dafür haben wir mit "Die Augen Zu" gleich danach eine totsichere Nummer am Start. Warum totsicher? Weil man damit einfach so gut wie nichts falsch machen kann. Wenn ihr das Album gerade ganz neu für euch entdeckt, dann dürfte die Chance recht hoch sein, dass "Die Augen Zu" einer von zwei Songs sein dürfte, die zuerst hängen bleiben. Bei dem gefälligen Midtempo und dem eingängigen Refrain auch kein Wunder und das meine ich gar nicht abwertend, denn originell genug ist es ja und nutzt sich auch nicht so schnell ab. Stellt euch einfach eine rundum gelungene NDH - Hymne vor.

"Am Meer" geht dagegen in eine ganz andere Richtung und lässt sich ein wenig mit "Stahl Trifft Kopf" auf dem Vorgängeralbum vergleichen. Also weder musikalisch noch inhaltlich, aber einfach was die Funktion auf dem jeweiligen Album angeht. Ihr werdet es wahrscheinlich ein paar mal hören müssen, bis es bei diesem gut 5 Minuten langen und etwas schwerfälligen Wälzer so richtig klickt (zumindest war das bei mir so). Danach konnte ich allerdings einige sehr nette Details schätzen lernen: zum Beispiel wie gut Gitarre und Keyboard zwischendurch harmonieren oder eine sehr ruhige Stelle, in der erstere ganz Pause macht und uns nur das Keyboard mit ganz dezentem Schlagzeugeinsatz verwöhnt. Das ist cool, allerdings fehlt mir mir am Ende doch das gleiche Payoff, dass ein "Stahl Trifft Kopf" oder "Der Letzte Mensch" noch bieten konnten. Während die beiden nämlich wirklich episch daherkamen, plätschert "Am Meer" doch so an einem vorbei. Da ist mir persönlich dann klarer Doom Metal doch etwas lieber.

"Heimweh" schafft es dagegen mich auch in knapp 3 Minuten zu verzaubern. Das Tempo ist gut, der Text angenehm skurril und vor allem klingt es nach nichts, was man in der Form schonmal gehört hat. "Ein Nachruf" wäre dann das zweite eher einsteigerfreundliche Stück. Auch hier empfängt euch direkt ein gefälliges Keyboard und der Refrain ist absolut mitsingbar. Kein Wunder, dass "Ein Nachruf" und "Die Augen Zu" sich auch länger im Liveset halten konnten. Auch hier habe ich nichts einzuwenden - einfach nur ein sauber umgesetztes Ding, das gut in's Ohr geht.

"Himmelfahrt" und "Falsches Herz" offenbaren dann aber gleich ein weiteres Problem von "Nachruf". Beide Songs sind ziemlich straight forward, etwas schneller und versuchen ein wenig mehr Gas zu geben, was aber nicht so richtig gelingen mag. Während "Staubfrei", Morgenrot" oder "Schmutzengel" wirklich guten Metal auffahren konnten und ein paar nötige Höhepunkte an Härte gesetzt haben, fehlt es den beiden Kandidaten hier eindeutig an Nachdruck. Das merkt man unter anderem daran, dass man auch hier ganz hartnäckig das Keyboard in den Vordergrund stellt, anstatt einfach mal die Gitarren mehr glänzen zu lassen. Auch Allen B. Konstanz ist mir mit seinen Vocals vor allem bei "Falsches Herz" eindeutig zu zahm. Das Ergebnis kann sich am Ende zwar immer noch hören lassen, geht aber im Vergleich zu den Songs mit mehr Ecken und Kanten für mich etwas unter - Schade.

Wirklich schwierig wird es dann aber bei "Liebes Lied" - eine knapp 5 Minuten langen Ballade, die sehr auf leise Töne setzt. An sich ist das keine schlechte Idee, aber mit dem Konzept von "Nachruf" scheint das Ganze kaum noch kompatibel zu sein. "Heimwege" schien fast schon auf Balladen spezialisiert zu sein und in diesen Momenten am besten zu funktionieren und selbst "Bereue Nichts" hätte da mit "Was Bleibt…" einen ganz eigenen Ansatz, indem im richtigen Moment schwermütige aber gleichzeitig wichtige Riffs ausgepackt wurden. "Liebes Lied" ist dagegen für mich nichts ganzes und nichts halbes. Nichts ist hier wirklich kraftvoll oder vermag irgendwo Eindruck hinterlassen. Es klingt bestenfalls noch nach einem Song, den Rammstein damals für "Rosenrot" geschrieben haben, der allerdings damals nicht den Qualitätsstandards der Berliner genügt hat.

"Glück Im Unglück" ist dagegen wieder eine sehr solide Nummer, die alles ganz gut kombiniert, was Ewigheim so ausmacht. Und "Wenn Es Am Schönsten Ist" ist endlich wieder etwas mutiger. Das Teil ist so auf die Fresse kitschig, geht damit aber gleichzeitig so angenehm schwarzhumorig um, dass die Thüringer damit davon kommen. Ich mag's jedenfalls sehr.

Der Bonustrack für alle Digipack - Besitzer dürfte die Fans wieder ein wenig spalten, da es hier viel Blutkehle und damit entsprechend viel gutturalen Gesang gibt. Für mich aber einer der absoluten Höhepunkte auf "Nachruf". Im Vergleich zu "Mord Nicht Ohne Grund", auf dem M. Roth schonmal mitwirken durfte ist auch eine sehr deutliche Entwicklung rauszuhören. Es klingt jetzt nicht mehr wie ein absoluter Kulturschock für Ewigheim - Fans und der Übergang zwischen Gothic Metal und Dark Metal ist hier erstaunlich gut gelungen - wohl auch, weil Konstanz und Roth sich hier diesmal ein echtes Duett liefern. Dafür lohnt sich der Kauf der limitierten Version allemal.

Unterm Strich ist "Nachruf" ein gutes Album geworden, aber leider kein geniales, welches mit "Bereue Nichts" mithalten kann. Der ganz eigene Stil von Ewigheim ist hier immer noch vorhanden, gefällt mir gut, bietet aber auch genug Weiterentwicklung für die kurze Zeit seit dem letzten Release. Auch gibt es hier einige Highlights in der gesamten Diskographie von Ewigheim. Denn wenn "Nachruf" mal funktioniert, dann funktioniert es wirklich gut. Trotzdem scheint der eine oder andere Song sein volles Potential nicht so recht entfalten zu können und leider wird's zwischendurch sogar auch mal langweilig. Es wirkt fast so als wollten die Thüringer diesmal auf Nummer sicher gehen und es allen recht machen. Größtenteils ist das wohl auch ganz gut gelungen und man hört raus, dass die Jungs mittlerweile ein sehr eingespieltes Team sind, aber etwas mehr Wumms oder mutige Ideen wären hier wohl das gewesen, was ein echt gutes zu einem großartigen Album macht. Empfehlen kann ich's trotzdem und missen möchte ich es auch nicht mehr.

Punkte: 7.5 / 10


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