Eisbrecher Schock Live (2015) - ein Review von DarkForrest

Eisbrecher: Schock Live - Cover
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8.50
∅-Bew.
Typ: Live
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
31.03.2022 19:22

Über 10 Jahre und ganze 6 Alben hat es gedauert, bis Eisbrecher sich dazu entschlossen haben, mal ein Live-Album zu releasen. Ob und an welchem Punkt in der Karriere einer Band sowas sinnvoll ist, hängt natürlich auch davon ab, ob die Band live überhaupt etwas taugt. Das wiederum ist teilweise vom Genre, aber auch der jeweiligen Band selbst abhängig. Manche Projekte kommen live überhaupt erst richtig zur Geltung - andere sind eindeutig für's Studio gemacht und lassen sich allenfalls pro forma mal vor Publikum blicken. Die Neue Deutsche Härte wird da natürlich sehr von Rammstein und ihren aufwendigen Bühnenshows dominiert. Eisbrecher hingegen setzen live auf eine ganz andere Stärke: während Rammstein zwar gefühlt jedes Mal auf der Bühne den dritten Weltkrieg starten, sich zwischen den Songs aber sehr schweigsam geben, haben Eisbrecher mit Alexx einen extrem charismatischen Frontmann am Start. Der Typ ist einfach der perfekte Entertainer, der mit seinen Ansagen die Konzerte gleich nochmal so spaßig macht.

Dazu kommt, dass die Songs sehr eingängig, nicht zu kompliziert, aber durchaus mitreißend sind. Ich durfte die Truppe damals ziemlich oft live erleben und muss wirklich sagen, dass sie gute Konzerte auf die Beine stellen können. Da ist es fast schon erstaunlich, dass sie bis 2015 gewartet haben, um daraus auch mal ein Live-Album zu machen. Da Eisbrecher dazu neigen, sich bei den Konzerten immer sehr auf das aktuelle Album zu konzentrieren, könnt ihr sehr viele Songs von "Schock" erwarten. Ich meine klar: die CD heißt ja sogar "Schock Live". Als Ausgangssituation ist das sicher nicht unbedingt schlecht. Mein persönliches Lieblingsset war ja immer noch das nach "Sünde", aber wenn ich daran denke was für einen Schrott die Jungs nach "Eiszeit" und "Die Hölle Muss Warten" in ihre Setlist gefriemelt haben, bin ich hier ganz froh, über einige Kandidaten, die hier aus dem Set gestrichen wurden.
"Schock" war ja an sich als Album ganz in Ordnung, aber eben auch nicht überragend. Insgesamt war es aber recht hart und hatte einige Songs, die so klingen als wären sie fast schon für die Live-Erfahrung geschrieben worden. Gute Chancen also dafür, dass Eisbrecher hier aus so manchem Filler noch ordentlich was rausholen.

Die Voraussetzungen stimmen also schon einmal. Die Umsetzung ist zum Glück ebenfalls gelungen. Ihr habt die obligatorische Wahl zwischen CD, DVD oder Blueray und da ich mich für ersteres entschieden habe, kann ich relativ wenig zur Bildqualität sagen. Die Tonqualität ist aber bis auf wenige Ausnahmen genauso gut wie man es erwarten würde, alles ist ziemlich gut abgemischt und aufeinander abgestimmt. Das Publikum ist gut zu hören, aber nicht zu dominant und sowohl die Band als auch die Fans sind in bester Stimmung. Der Circus Krone scheint sich als Location auch bestens anzubieten. Wenn jetzt noch das Set stimmt, dann bin ich wunschlos glücklich.

Wie schon erwähnt ist "Schock" hier ganz klar der Star des Abends. Ganze 10 der 14 Songs von dem Album haben es auf die eine oder andere Weise auf das Live-Album geschafft. Da hätten wir natürlich den offensichtlichen Opener "Volle Kraft Voraus", der ungefähr so abläuft wie man es sich erwartet und direkt danach den ursprünglichen Rausschmeißer "So Oder So", welches live nochmal erstaunlich an Qualität gewinnt. Auch eher offensichtlich, weil eben gut geeignet für Konzerte wären "1000 Narben", "Himmel, Arsch Und Zwirn", "Fehler machen Leute" und die typische Ballade zum Feuerzeug rausholen "Rot Wie Die Liebe". Eher überraschend gut funktioniert "Schock". Auch das Duett bei "Zwischen Uns" kann sich Live gut hören lassen. Was ich jetzt nicht unbedingt mit in die Setlist genommen hätte wären der langweilige Filler "Noch Zu Retten" oder "Schlachtbank", das mir für mich irgendwie wenig Live-Potential hat. Da frage ich mich schon eher, warum es "Dreizehn" nicht mit reingeschafft hat, aber immerhin hat man dafür auch auf das nervige "Nachtfieber" verzichtet.

Insgesamt würde ich aber sagen, dass die Auswahl von "Schock" nicht sehr überraschend aber dafür ganz stimmig ist. Aber es gibt ja noch ein paar ältere Alben. Vom "Eisbrecher"-Album hätten wir hier "Willkommen Im Nichts" (klar, absoluter Klassiker!) und "Schwarze Witwe" (klasse Song, aber live nicht unbedingt ein Muss). Auch "Antikörper" kommt nicht zu kurz. Etwas schade finde ich ja, dass die Konzerte schon länger ohne "Adrenalin" stattfinden, aber "Leider", "Vergissmeinnicht" und der Titeltrack machen einen tollen Job. Von "Sünde" ist leider nur "This Is Deutsch" übrig geblieben und als großer Fan der "Sünde"-Tour damals finde ich das natürlich etwas schade. Dazu kommt einer der wenigen Momente, die akustisch leider scheiße klingen: die Nebelwerfer sind derart laut, dass sie alles andere übertönen. Im Videoformat mag das gerade noch okay sein, auf CD klingt das aber ohne visuellen Kontext gleich doppelt seltsam.

"Eiszeit" und "Die Hölle Muss Warten" sind mittlerweile auf "Amok", "Eiszeit", "Verrückt" und "Prototyp" reduziert worden - meiner Meinung nach perfekt: das sind bis auf "Amok" so ziemlich genau die Songs von den beiden Alben, die etwas taugen und "Amok" wird live alleine schon durch das lange Intro ordentlich aufgewertet. Ebenfalls absolute Pflicht ist natürlich der Megaherz-Klassiker "Miststück", der auch heute noch auf keinem Konzert fehlen darf. Und wem das noch nicht reicht, der bekommt noch ein paar nette kleine Extras wie ein Drummsolo, das mit "Färberspiel" sogar einen eigenen Track spendiert bekommen hat oder Alexx Versuche zu jodeln oder Blasinstrumente zu spielen. Auch die Ansagen von Alexx haben einen super Unterhaltungswert, sind aber natürlich Geschmackssache und er mag recht haben, wenn er selbst ankündigt, dass manch einer sagt "Boah, jetzt machen die mal 'ne DVD und ich muss immer spulen und skippen, weil der Typ so viel quatscht." - ich mag's aber.

Und wer immer noch nicht genug hat, bekommt "Der Flieger" in der Form wie es beim Soundcheck lief (ist jetzt nicht so spannend) oder den Bandtherapeuten Dr. Dietz, der das Publikum schonmal ein wenig als kleiner Comedy-Act aufwärmt.

Das alles füllt 2CDs mit mehr als 2 mal eine Stunde und ehrlich gesagt habe ich bei der Qualität und Auswahl an Songs wirklich wenig bis gar nichts zu meckern. Eisbrecher haben sich in der ersten Hälfte der 2010'er irgendwie schwer getan, mich zu begeistern, aber live waren und sind sie immer wirklich gut drauf und "Schock Live" ist der damals längst überfällige Beweis dafür und zeigt, wie man ein Live-Album richtig macht.

Punkte: 8.5 / 10


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