Draconian Under A Godless Veil (2020) - ein Review von Judge Death

Draconian: Under A Godless Veil - Cover
1
1 Review
3
3 Ratings
8.33
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Doom Metal, Gothic Metal


Judge Death
15.11.2020 23:10

Mit Ausnahme weniger Vertreter, wie z.B. PARADISE LOST, MY DYING BRIDE oder MOURNING BELOVETH, gibt es heutzutage kaum noch jemanden, der den gothischen Doom (Death) Metal oder Gothic Metal an sich relevant kultiviert. TIAMAT hatten nach „Wildhoney“ qualitativ aufgegeben, SENTENCED und TYPE O NEGATIVE gibt es nicht mehr und KATATONIA sind heutzutage mehr Melancholie-Pop-Rock als alles andere. DRACONIAN gehören somit zu einer Minderheit an Bands, die diesen Original-Sound noch fahren, obwohl sie altersbedingt nicht mal zu den Originalen gehören. Seit ihrem ersten Lebenszeichen im Jahre 2003 servieren uns DRACONIAN bittersüße Melancholie im Gewand doomigen Gothic Death Metals mit männlichen Growls und weiblichen Cleangesängen. Etwaige Vergleiche mit NIGHTWISH und Konsorten in der Vergangenheit aufgrund des Frauengesangs (damals noch mit Lisa Johansson) kann man sich an dieser Stelle nur verbieten, sind diese doch aufgrund einer komplett unterschiedlichen musikalischen Stilistik kompletter Unsinn. DRACONIAN waren soundtechnisch schon im Bereich jüngerer PARADISE-LOST-Alben unterwegs, bevor PARADISE LOST diese selbst herausgebracht haben… garniert mit Old-School-KATATONIA und einer Prise AMON AMARTH. Und auch 2020 regiert weiterhin der Gothic-Doom-Tod im Beauty-and-the-beast-Modus; jedoch diesmal in deutlich modifizierter Form.

Da DRACONIAN auf dem Albumcover ihres neuesten Werkes „Under A Godless Veil“ wieder ihrer altes Logo verwendet haben (btw das beste Albumcover von DRACONIAN), hatte ich schon eine Rückkehr zu den härteren Tugenden des Debütalbums „Where Lovers Mourn“ vermutet, war der Vorgänger der aktuellen Scheibe („Sovran“) doch das poppigste. Back to the beginning trifft jedoch keineswegs zu.

„Under A Godless Veil“ ist die nachdenklichste, ruhigste und Ambient-lastigste Scheibe der Schweden – und dies leider auf Kosten des Death-Metal-Anteils. Auf gesanglicher Ebene dominiert Sängerin Heike Langhans mit ihrer watteweichen Stimme (was zumindest aufgrund ihrer Fähigkeiten kein fundamentales Problem darstellt). Doomtod-Ausbrüche in puncto Vocals und Instrumentalisierung kommen natürlich vor und Anders Jacobsson darf entsprechend weiterhin seine Johan-Hegg-Growls zum Besten geben – aber eben seltener respektive pointierter. Auf die Düsteratmosphäre wird hier allerdings mehr Wert gelegt als je zuvor, so scheint mir. An Komplexität hat die Band positiverweise auch nichts eingebüßt.

Der „schnellere“ Opener „Sorrow Of Sophia“ startet noch standesgemäß mit den DRACONIAN-Trademarks und kann als Hit des Albums gesehen werden. Auch der zweite Song „The Sacrificial Heart“ doomt heavy nach vorn. Bis hierhin wird dargeboten, wie erwartet. Qualitativ hochwertig versteht sich. „Lustrous Heart“ schraubt einen kleinen Gang in puncto Härte herunter, „Sleepwalkers“ dann noch einen Gang. Gute Songs allerdings. Das lässige „Moon Over Sabaoth“ stampft langsam umher und ist eines der Highlights der Platte inkl. einer kurzen „Cry Of Silence“-Reminiszenz. „Burial Fields“ ist Heike Langhans solo mit Ambientmucke und erinnert mich an einen Gig der Band, bei dem die arme Heike eine vergleichbare Zugabenummer gebracht hat… mit einer eher desinteressierten Resonanz des Publikums. Kann man zwar machen, muss man aber nicht. Das darauf folgende „The Sethian“ enthält die geilsten (da auch seltenen) Donnerriffmomente des Albums. „Claw Marks On The Throne“ überzeugt mit seinem extrem ausgespielten Soft/Heavy-Kontrast. „Night Visitor“ ist die tatsächliche Ballade des Albums. Heike on, Anders off. Schöner Track. Mit dem Weltuntergang „Ascend Into Darkness“ gibt es am Schluss noch den längsten und besten Track der Scheibe auf die Ohren. Der Song spiegelt noch mal den Facettenreichtum der Band wieder. Die fast Black-Metal-artigen Fiedelriffs, die immer wieder auftreten, fallen besonders auf.

Eigentlich kann man über „Under A Godless Veil“ kaum etwas Negatives sagen und dennoch habe ich ein gespaltenes Verhältnis zu der Platte. Isoliert betrachtet ist das Album stimmig in Szene gesetzt, macht im Grunde nicht viel falsch, enthält einfach gut gemachte Musik und ist auch weiterhin konkurrenzfähig (wären 9 Punkte). In der DRACONIAN-Gesamtsicht war die Band auf allen anderen Alben aber deutlich stärker und ist hier gerade ihr eigener Feind. Denn: auch wenn ich Heike Langhans‘ Stimme echt schätze, so ist sie mir eine Spur zu omnipräsent. Gleiches gilt für das erhöhte Vorkommen der Ambientparts, welche den Härtepegel herunterschrauben. Monstertracks der Marke „The Cry Of Silence“, „The Drowning Age“, „Daylight Misery“ oder „Seasons Apart“ sucht man hier genauso vergebens, wie eine prägnante Schmalzhymne á la „Rivers Between Us“ oder die richtig, richtig eindringlichen und zwingenden Melodien oder Gesangsparts (wären 7 Punkte).

Das Album braucht Zeit und eignet sich noch weniger als einfache Hintergrundbeschallung als die Vorgängeralben, wenn man denn alle Details erfassen und das musikalische Schaffen angemessen würdigen möchte. „Under A Godless Veil“ kann nur im Gesamtpaket verstanden werden. Die Platte würde ich jedoch nicht als Einstieg empfehlen, da sie am wenigsten repräsentativ ist.

(7 + 9) : 2 macht dann 8 (knappe) Punkte.

Punkte: 8 / 10


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