Der Großteil der Tracks ist instrumental, alles klingt etwas roher und obwohl ich einige Parallelen zum Nachfolger raushöre eben doch recht anders als “Social Phobia”. Letztens bin ich trotzdem mal drüber gestolpert und um die Sammlung zu vervollständigen habe ich das Ding eben mitgenommen. Jetzt ca. 1 ½ Monate später läuft das Teil immer noch bei mir rauf und runter. Was ist passiert? “Torschlüsspanik” klingt in der Tat recht minimalistisch - harte Beats und Synths gepaart mit spanischen, deutschen und englischen Samples. Ein Schuss :Wumpscut: aus der Anfangszeit, eine Prise Suicide Commando von damals und ein Bündel eigene Ideen noch dazu und das Ergebnis kann sich hören lassen.
“Acto Primero [Intro Mission]” gibt sofort einen guten Eindruck, was ihr vom Rest der CD zu erwarten habt. Fast alles, was ihr auch später zu hören bekommt ist hier schon im Ansatz da. Stampfende Beats, creepige Synths und ein paar dezente Samples die das ganze ganze tanzbar aber auch ziemlich atmosphärisch machen. Überhaupt hat “Torschlüsspanik” eine sehr düstere und bedrückende Atmosphäre, die sich durch das ganze Album zieht wie in einem guten Horrorfilm. “Home” nimmt sich dann etwas mehr Zeit und baut mit der Zeit fast schon eine hypnotische Wirkung auf, immer wieder unterbrochen von ziemlich effektiv eingesetzten Schrei-Samples.
“Scent Of Flesh” setzt nach eher langsamen Einstieg verstärkt auf Vocals, die damals schon klasse klangen und hier immer mit Bedacht eingesetzt werden. Der Titeltrack “Torschlüsspanik” ist dagegen wieder instrumental und eine ziemliche Reizüberflutung im positiven und negativen Sinne. Das Tempo wechselt oft und dem Stück gelingt es ziemlich viel unter zu bringen, wirkt aber zum Teil fast schon etwas überladen. Samples und Melodie beißen sich hier etwas. Spaß macht’s trotzdem.
“Muertos Todos” schafft dagegen eine unglaublich beklemmende Atmosphäre. Die flüsternden Vocals die eigentlich immer nur den Titel wiedergeben, das eher langsame Tempo, das gesamte musikalische Arrangement und dieser abartige Schrei, der viermal auftaucht - Whoa! In eine ganz andere Richtung geht dann “Angel [Espinas Mortal]” welches mit Fanfaren öffnet und dann ganz schnell in ein absolutes Klanggewitter eskaliert. Absolut großartig!
“Days Of Decay” ist mit seinen orchestralen Klängen ebenfalls mehr als interessant und schafft auf jeden Fall Abwechslung. Die extra stark verzerrten Vocals tun ebenfalls ihren Part, “Days Of Decay” einen besonderen Anstrich zu verleihen. “Primary Structures” könnte so mit der gefälligste und eingängigste Song auf “Torschlüsspanik” sein und schafft es gleichzeitig auch ohne allzu derbe Lyrics eine durch und durch sexualisierte Stimmung aufzubauen. Diesmal übrigens komplett mit deutschen Samples.
Das eher kurze “Convert” ist eher ein ganz netter Einschub um das Album zwischen zwei Ohrwürmern (“Primary Structures” und “Panzerfaust”) aufzulockern, macht dabei aber einen verdammt guten Job. “Panzerfaust” ist dagegen wie gesagt Ohrwurm pur. Wirklich - nach dem ersten Hören hat es sehr lange gedauert das Ding wieder aus dem Kopf zu bekommen.
“Dead Calm” geht absolut in Ordnung, hat aber neben ein paar Parallelen zu “Geist” auf dem späteren “Social Phobia” eher wenig zu bieten, um sich abzuheben. Der Name passt aber ganz gut, da wir es hier wohl mit dem entspanntesten Track zu tun haben. Der “offizielle” Rausschmeißer ist dann “Aggression [Exit]”. Wer nach den ersten Sekunden und dem vorherigen “Dead Calm” mit einem ruhigen Ausstieg gerechnet hat, wird sehr schnell eines besseren belehrt und bekommt nochmal konsequent alle Reserven an Munition hinterher geballert, die Dioxyde noch im Magazin haben.
Ganz zum Schluss dürfen nochmal zwei Remixer ran. Als erstes versuchen sich Suicide Commando an “Muertos Todos”. Was soll ich sagen: Suicide Commando sind gute Remixer und das hört man hier auch sehr gut. Das Problem liegt für mich hier eher in der Idee an sich aus “Muertos Todos” einen tanzbaren Remix zu machen. Das passt nicht. Das Ergebnis ist okay, aber eben nur okay wo vorher ein Song stand der vor abartige Atmosphäre nur so getrieft hat. Ein ähnliches Problem hat der Reality Remix von “Primary Structures”. An sich gar nicht nötig zu versuchen, dieses noch tanzbarer zu machen - trotzdem ist auch hier die Umsetzung gelungen. Zumindest muss ich sagen, dass sich “Primary Structures” besser zum Remixen anbietet als “Muertos Todos”. Beide Remixe sind nettes Beiwerk, hätten aber gar nicht unbedingt sein müssen.
Nach gut einer Stunde ist “Torschlüsspanik” durch und ich bekomme direkt Lust es nochmal zu hören. Keine bestimmten Song, sondern das Album an sich. Ich bin wirklich begeistert und froh, dem Vorgänger von “Social Phobia” eine Chance gegeben zu haben. “Torschlüsspanik” hat fast keine Schwächen und hält konstant eine wunderbar düstere Stimmung aufrecht und das mit relativ wenig Aufwand und größtenteils instrumentalen Tracks. Das ist sicher nichts für jeden und auch ich muss ein bisschen dafür in Stimmung sein, aber wenn ihr vor härterer Industrial Musik nicht zurück schreckt, gebt “Torschlüsspanik” mal ‘ne Chance. Allen, die etwas schwer reinkommen, würde ich empfehlen mit “Primary Structures”, “Panzerfaust” und “Acto Primero [Intro Mission]” anzufangen.
Punkte: 9.5 / 10