Cryptex Madeleine Effect (2015) - ein Review von noiseagain

Cryptex: Madeleine Effect - Cover
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2 Reviews
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2 Ratings
8.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Folk Rock, Progressive Rock



29.05.2015 21:50

Von Marcel Proust, seltsamen Gerüchen und Disneytieren.

Man lernt ja nie aus, schon gar nicht, wenn man regelmäßig Plattenreviews schreibt. Ist es euch nicht auch schon einmal passiert, dass ihr irgendetwas riecht oder schmeckt, was eine spontane Erinnerung an ein oft weit zurückliegendes Ereignis auslöst? Diese Begebenheit wird auch als "Madeleine-Effekt "bezeichnet. Der französischen Romancier Marcel Proust hat diesen Effekt als Erster literarisch in "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" verarbeitet. Dort beschreibt er, wie der Duft von in Lindenblütentee aufgelösten Madeleines (das sind diese kleinen, muschelförmigen Küchlein) Kindheits-Assoziationen bei ihm auslöst.

Ziel der deutschen Prog-Band CRYPTEX ist es nun, einen solchen Effekt bei den Hörern mit Hilfe der Musik zu triggern. Eine spannende Frage ist, so finde ich, ob dies gezielt funktionieren kann und wie man Musik arrangieren muss, um solche "Proust’schen Ereignisse" quasi auf Knopfdruck möglich zu machen. Klar, mir ging es schon öfter so, dass das Hören bestimmter Musik Erinnerungen auslöst, aber meistens passiert dies eben, weil man genau diese Musik zum damaligen Zeitpunkt auch schon gehört hat. Das ist aber kein "Madeleine-Effekt".

Die Frage, um dies es hier geht, ist jedoch: Kann CRYPTEX' Musik so etwas erzeugen? Und wer sind diese Leute eigentlich?

Es scheint, die Bühne sei die Welt des Vierers aus dem beschaulichen Salzgitter. Hunderte von Konzerten hat man schon gespielt, und den Prog-Fans könnte die Band z.B. schon einmal im Vorprogramm von PAIN OF SALVATION und THRESHOLD aufgefallen sein. Sogar eine Live-DVD gibt es schon (" Live At De Bosuil").

Musikalisch, so scheint es mir beim Hören von "Madeleine Effect", will man hautsächlich die wohligen, positiven Gefühle des Hörers stimulieren. Die Lieder sind allesamt hochmelodisch, angenehm klingend. Mich erinnert die Kompositionsweise ein wenig an BIGELF, jedoch abzüglich aller spaciger Spielerein. Und allzu komplex ist die Musik von CRYPTEX auch nicht. Statt Prog würde ich es eher als leicht theatralisch arrangierten Rock bezeichnen, der ganz gerne Elemente großer alter Bands aufgreift. Sowohl der folkige Einschlag von JETHRO TULL als auch der Bombast von QUEEN spielt eine Rolle. Allerdings darf man die bunte, farbenfrohe und sehr melodienfokussierte Kompositionsweise von Bandkopf Simon Moskon durchaus als eigenständig bezeichnen. Gerade seine weiche, berückende Stimme hat großes erzählerisches Potential.

Aber was ist jetzt mit dem "Madeleine-Effekt"? Nun, zumindest bei mir funktioniert er nicht so richtig, wie ich es erhofft hatte. Ich hatte also keine spontanen Eingebungen oder Erinnerungen. Aber das ist nicht schlimm. Denn ich sehe durchaus Bilder. Die Musik hat des öfteren einen leichten Disney-Film-Charakter und die Chöre von 'Ribbon Tied Swing' könnten auch Dschungel-Tiere singen. Die Band musiziert mit viel Spaß in den Backen, deutlich hörber z.B. bei 'New York Foxy' oder 'Romper Stomper', welches mir jedoch fast schon zuviel Klamauk bietet. Andersherum finde ich die Band immer dann am stärksten, wenn sie ernsthafter und nachdenklicher wird, so wie im wunderschönen 'A Quarter Dozen In Ounces'.

Gerade aber im Hinblick auf das hochinteressante Konzept finde ich "Madeleine Effect" insgesamt doch etwas zu zahm und zu brav, vor allem wenn die Band in der Selbsteinschätzung lebt, eine enorme stilistische Bandbreite abzudecken. Dann dürfte es meines Erachtens auch öfter mal anecken. Doch vielleicht entsteht dieser Eindruck auch nur im Vergleich mit dem ganzen durchgepfiffenen Avantgarde-Kram, der momentan sonst so in meinem Schacht rotiert.

Denn doch trotz der Kritik ist "Madeleine Effect" ein feines, anmutiges (Prog-Folk-)Rock-Album geworden, und das dicke Booklet ist zudem reich und stimmungvoll bebildert. Man merkt, dass die Band etwas von Wert erschaffen möchte und dass für sie die Nachhaltigkeit noch etwas zählt.
www.powermetal.de 2.05.2015

Punkte: 8 / 10


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