Bethlehem Sardonischer Untergang Im Zeichen Irreligiöser Darbietung (1997) - ein Review von Janeck

Bethlehem: Sardonischer Untergang Im Zeichen Irreligiöser Darbietung - Cover
4
4 Reviews
15
15 Ratings
8.57
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Black Metal, Gothic Metal


Janeck
04.09.2013 07:51

Sickness over the top!
Das war mein Empfinden bei meiner ersten Berührung mit dieser wahrlich einzigartigen Band. 1997 gab es den hier genannten Soundtrack aus einer Nervenklinik noch nicht, dafür aber den Vorgänger, die nicht weniger (um nicht zu sagen noch intensivere) psychopathische Abfahrt ins Nirgendwo.
"Dictius Te Necare" aus dem Jahr 1996, ist bis heute eines der intensivsten Schweinereien in meiner Sammlung und hat mich 1997 im wahrsten Sinne des Wortes um den Verstand gebracht.
Rainer Landfermann, die Rasierklinge, die sich durch das Gehirn schneidet, lieferte eine bis heute unerreichte "Gesangsleistung" ab. Irre Schreie in unmenschlicher Darbietung, die hart an den Nerven zerren und zugleich Begeisterung auslösen, wurden in dieser Art und Weise bis heute nie wieder in ihrer Intensität und Sickness erreicht.
1998 wurde dann auch mit Freude der Nachfolger erwartet um dann wochenlang meine restlichen Nerven zu quälen.
Rainer Landfermann war nicht mehr das Aushängeschild von BETHLEHEM und wurde durch den sympathischen Marco Kehren ersetzt, der mit seiner Band DEINONYCHUS ähnliche Psychomusik produzierte.
Nach anfänglichen Zweifeln, entpuppte sich dieser Wechsel als eine grandiose Entscheidung ohne auch nur annähernd zu behaupten, Marco Kehren wäre nur ein guter Ersatz.
Auch wenn der bis zur Schmerzgrenze dargebotene Kreischgesang des Vorgängers nur sehr selten - und dann auf dem gleichen "Niveau" eines Landfermann - dargeboten wird, ist es gerade dieser charismatische, unglaublich abwechslungsreiche und emotionale Gesang von Marco Kehren.
Kehren deckt von tiefen Growls, hohem Gekreische, Sprechgesang, trostlosem Gejammer und aufwühlendem Geheule ein breites Spektrum ab, welches auf den Vorgängern noch Mangelware war. Jeder Song wird auf eine völlig andere Art interpretiert, so dass man teilweise den Eindruck bekommt, dass hier mehrere Sänger an diesem Werk beteiligt waren.
Neben Marco Kehren, steuert Cathrin Campen einige stirnrunzelnde Einlagen bei. Gestöhne, Gekeifer, drogenvernebelte Textpassagen - wer weiß, was die männlichen Mitglieder mit der guten Cathrin im Proberaum und Studio angestellt haben, denn auf den Bandfotos kann man Sie im Vergleich zu den restlichen Mitgliedern, die genau so aussehen, wie die Musik klingt, als Schönheit bezeichnen. *g*
So ist auch "Teufelverrückt Gottdreizehn" mit dem von Cathrin gesprochenen 3-minütigen Vortrag (Auszug: "Eine Zeit ist zu kurz aber niemals länger - darum lasst mich meine Schulter begraben und alle Finger einzeln auskleiden. Dann kann ich das schwarze Loch leugnen und tief in gefaltete Keuschheit einblicken. Beim nächsten Mal lauschen wir deinem Blut und ergeben uns in die Sünde meiner strangulierten Sprotte. Halbierte Uhren lachen lautlos in deiner Nähe und übelgelaute Versuchung trübt frucht'gen Suizid") ein Beweis für die völlige Alleinstellung von BETHLEHEM in der Szene. Völlig egal ob die Texte einen Sinn ergeben oder ein einziger Witz sind, sie erzielen in Verbindung Musik/Gesang/Sound eine unbeschreibliche Wirkung.
Texte und Gesang spielen bei BETHLEHEM ein große Rolle, genau wie dieser einzigartige, schrullige Sound, der sich so anhört, als ob er in einem Abwasserkanal unter einer Psychiatrie aufgenommen wurde. Nur Gesang und Gitarre sind schneidend und rasiermesserscharf, wohingegen die restlichen Instrumente extrem dumpf und trotzdem breit und großflächig klingen. Typisch für den BETHLEHEM-Sound ist der prägnante Bass von Oberpsycho Jürgen Bartsch, vertonte Dystopie. Dazu dieser irre Gitarrensound, der immer wie eine rostige Säge aber dennoch klar durch den Sound gleitet und hier und da mit bittersüßen Solis begeistert. Technisch ist hier gar nichts, spielerisches Niveau sucht man vergeblich aber das Gesamtergebnis ist so unglaublich gut komponiert, ausgetüftelt, soundmäßig grandios in Szene gesetzt und von vorne bis hinten mutig, fesselnd, umwerfend, verstörend, atmosphärisch unglaublich dicht, ironisch und auch heute noch so viel beeindruckender, böser und nachhaltiger als die vielen anderen Alben aus der Black Metal Szene.
Was BETHLEHEM allerdings allen anderen Black Metal Bands voraus hat, ist dieser tief versteckte Humor, diesen ausgestreckten Mittelfinger, die Arschloch-Attitüde. Die Band nimmt sich selber nicht zu ernst, spielt aber trotzdem mit Extremen wie keine andere Band und klingt dennoch böser, verzweifelter, kaputter, menschenfeindlicher und tödlicher als jede Schlitzer-Band. Bands wie SHINING, FORGOTTEN TOMB, LIFELOVER und weitere gestörte Hohlbirnen gäbe es ohne BETHLEHEM in dieser Form wohlmöglich gar nicht.
Und vielleicht ist BETHLEHEM auch nichts weiter, als die größte Satire der Black Metal Geschichte, das Plastikschwert in der Trve-"Gesellschaft", der Spiegel einer Szene, die den größten Fundus von Lächerlichkeiten beinhaltet und durch BETHLEHEM besser parodiert wird, wovon viele Originale noch träumen können.
Nicht umsonst gehören BETHLEHEM bis heute zu den Heiligtümern meines doofen Musikgeschmacks!

Punkte: 8 / 10


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