Anna Aaron Neuro (2014) - ein Review von Philomena

Anna Aaron: Neuro - Cover
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9.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Singer / Songwriter / Liedermacher


Philomena
10.10.2018 23:50

Anna Aaron (gebürtiger Name Cécile Meyer) ist eine der Künstlerinnen, die einfach die Musik macht, die ihr gefällt und diese auch visuell sehr anspruchsvoll umsetzt. Kompromisse oder kommerzielle Strategien spielen dabei keine Rolle. Die Schweizerin, die multikulturell in England, Asien und Neuseeland als Tochter christlicher Missionare aufwuchs, startete 2009 ihre Solokarriere mit der enorm starken EP ´I’ll Dry Your Tears Little Murderer´ und hat danach bis heute drei Alben veröffentlicht. ´Neuro´ habe ich jetzt einfach einmal exemplarisch ausgesucht, für mich schon auch ihr stärkstes Album neben der EP.

Die Musik ist schwer zu beschreiben. “Indie” ist eigentlich nichts, das nimmt man immer, wenn einem nix einfällt. Auch Pop und Rock bringen einen nicht gerade weiter. Egal. Ich habe einfach mal alle drei Begriffe oben als Stil eingetragen. Anna hat auf jeden Fall einen sehr individuellen, kreativen Zugang zur Musik. Ihre Stimme ist sehr gut identifizierbar und trifft vielleicht mit ihrer Dunkelheit nicht jeden Geschmack, sie kümmert sich jetzt nicht primär um die schönen Klangtöne. Die Musik auf ´Neuro´ ist mal eher elektronisch, aber auch gerne mal klassisch akustisch instrumentiert. Frau Aaron setzt sich des Öfteren an ihr Klavier. Die Songs sind eher sperrig, von Melancholie getrieben, das liegt auch an der stimmlichen Lage. Mit ´Case´ beginnt es sofort eher spartanisch (von der Instrumentierung) und sehr schön und feierlich. ´Stellaring´ wird dann schon anspruchsvoller mit gewaltigen, dunklen Chören zu Beginn und nervösem, harten Klavieranschlag, zwischen Vorwärtsdrang und Ätherischem wechselnd. Sehr originell und fordernd im positiven Sinne. Das düstere Video passt gut dazu .

´Girl´ mit Chören und einer gewissen Schrägheit ist ein weiterer Höhepunkt. ´Linda´ hat ein wenig kommerziellen Appeal mit einer schönen eingängigen Melodie. Als Appetizer ganz gut geeignet. Bei ´Labyrinth´ darf auch mal die Gitarre schräg schrammeln, sonst eher in den Hintergrund verbannt. ´Sutekina´ ist wunderschön und dunkel und auch von einem Gitarrenriff getragen und zeigt am ehesten noch Parallelen zu klassischen Rocktraditionen, zerfließt aber nach knapp zwei Minuten buchstäblich vor des Hörers Ohren dahin. Dann wird es elektronischer – noch sanft bei ´Off´ – heftiger bei dem harten und komplexen, alptraumhaften ´Neurohunger´ und dem treibenden und wavigen ´Heathen´. Zum Abschluss versöhnlich und kathartisch ´Simstim´.

Für den breiten Geschmack ist Anna Aaron sicher ungeeignet, aber wer kreative und originelle Künstler(innen) mag, ist bei ihr am richtigen Ort. Keinerlei Zeitgeist, nur was aus der künstlerischen Ader fließt. Bei Arte und ähnlichen Spartensendern beliebt (wie Black Metal und Death Metal, das ist ja bei Arte inzwischen auch beliebt). Die oft spartanischen Live-Aufnahmen sind auch sehr zu empfehlen.

Für mich ist Anna Aaron jederzeit schon wegen der Stimme erkennbar. Ganz entfernt ab und zu wegen der Stimmlage an Annabel Lamb erinnernd (kennt außer mir sowieso niemand mehr?), aber viel sperriger und dunkler. Neben den genannten beiden Veröffentlichungen sind auch das starke ´Dogs In Spirit´ von 2011 und die letzte Veröffentlichung ´Pallas Dreams´ von 2019 dringend zu empfehlen sowie ihre Gesangseinlagen beim jazzigen Erik Truffaz-Quartet. Mit ´Pallas Dreams´ bin ich allerdings noch nicht so 100 % warm geworden. Braucht vielleicht noch ein wenig Zeit.

Punkte: 9 / 10


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