Ungefähr so lässt sich der Titel von Alcests Debütalbum aus dem Französischen übersetzen, hinter dem sich sowohl alles als auch nichts verbergen könnte. Lediglich das zart türkise Artwork mit dem Foto eines verträumt wirkenden Kindes lässt einen Hauch dessen erahnen, was den Hörer hier erwartet: Verträumte,
nachdenkliche und romantische Musik.
Doch wie klingt so etwas bei einer Band, deren Wurzeln im kalten Black Metal liegen?
Nun, zunächst besteht Alcest seit dem Release des Demos von 2001 nur noch aus ihrem
Gründer Neige, welcher auf "Souvenirs d'un autre monde" alle Instrumente selbst
eingespielt und gesungen hat. Und was er damit geschaffen hat, lässt sich wohl kaum
noch dem Black Metal im ursprünglichen Sinne zuordnen.
Den Sound dieses Albums dominieren stark verzerrte und vielschichtige Gitarrenwände, die zusammen mit den Drums ein scheinbar unklares Klangbild erschaffen, doch eine kalte oder gar unbehagliche Stimmung will hier nicht aufkommen.
Vielmehr nimmt die Musik den Hörer gefangen, fordert ihn auf, ihr zu folgen. Und auch wenn der untransparente Charakter der Musik vielleicht gewöhnungsbedürftig ist, kommt man dieser Forderung allzu gerne nach - Locken doch an jeder Ecke Bilder von glitzernden Waldbächen, Blättern im Sommerlicht und all dem, was der eigenen Vorstellungskraft noch so entlockt wird.
Ihre besondere Intensität gewinnt die Musik durch Wechselspiele: Immer dann, wenn man von den monotonen Klangwänden scheinbar erdrückt wird, lösen sie sich auf, um einem ruhigen Part mit Gesang oder unverzerrter Gitarre Platz zu machen auf. Das Timing ist hierbei nahezu perfekt und fordert die Aufmerksamkeit des Hörers, wenn dieser gerade in fernen Traumwelten zu versinken droht (Was sicherlich auch nicht ganz unbeabsichtigt sein dürfte).
Mitten in der Musik schwebt Neiges Stimme, die mit langgezogenem klarem Gesang mal die ausschließlich französischen Texte, mal Fantasielaute vertont. Obwohl im höheren Bereich angesiedelt, klingt sein Gesang stehts angenehm, und ergänzt die Instrumentierung, ohne im Vordergrund zu stehen.
Überhaupt scheint alles wie aus einem Guss. Die Verbindung von Shoegaze à la Slowdive mit schwarzmetallischer Instrumentierung und Spielweise, wie man sie von neueren Burzum-Alben her kennt, funktioniert erstaunlich gut und bleibt stets nachvollziehbar. Selbst der letzte (wunderschöne!) Song "Tir nan Og", der gänzlich ohne laute Drums und verzerrte Gitarren auskommt, fügt sich nahtlos in das atmosphärische Konzept des Albums ein.
Auf der anderen Seite erfordert dieses Konzept aber auch eine gewisse Geduld und Motivation des Hörers, sich darauf einzulassen. Einprägsame Strukturen, poppige Melodien und fette Gitarrenriffs kann man hier vergeblich suchen und der Musik frustriert "Langeweile" und "Eintönigkeit" attestieren.
Vielmehr ist man dazu angehalten, sich an der Grundatmosphäre sowie an einzelnen Stimmungen, Gedanken und Bildern zu orientieren, da "Souvenirs d'un autre monde" ein sehr malerisches Konzept verfolgt. Ein Konzept, das auf Fantasie basiert, auf Visionen und Erinnerungen.
Erinnerungen aus einer anderen Welt.
Punkte: 10 / 10