Soweit so gut. Hierzulande kann man dieser Neigung nach Lust und Laune nachgehen, sich mit entsprechenden Accessoires schmücken und gern auch sein (ohnehin albernes) "Wotan statt Jesus"-Shirt über den metgefüllten Ranzen spannen. Aber jetzt aufgepasst: Al-Namrood kommen ja aus Saudi-Arabien. Und da versuchst du mal was Entsprechendes. "Hubal statt Mohammed" könnte das dann etwa lauten. Viel Spaß! (Ein kurzer Beitrag in einem Rock Hard-Heft hat die Band vor geraumer Zeit mal vorgestellt und ihre Schwierigkeiten vor Ort.)
Inhaltlich dreht sich des Album - soviel verrät ein Text im ansonsten lyrics-freien Booklet - um die vorislamischen Zeiten in den arabischen Landen mit ihren Kulten vieler Götter. "Book of Polytheism" lautet daher auch der Albumtitel übersetzt. Wie weit diesen alten Göttern nun gehuldigt wird, versteht nur, wer des Arabischen mächtig ist, aber immerhin sind die Songtitel in Englisch abgedruckt.
Musikalisch würde ich für dieses sehr eigenständige und durchaus spannende Werk die Schublade Blackened Oriental Dark Metal öffnen, falls dies genehm ist.
Gewöhnungsbedürftig ist die Musik der Band allemal, für den sehr präsenten folkloristischen Anteil sind die Keyboards sehr prägend, die manchmal fast schon etwas kitschig wirken. Aber rauen Black Metal darf man hier eh nicht erwarten. Dennoch darf man sich, wenn die Gitarre sägt und das Schlagzeug poltert, schon auch mal an Melechesh erinnert fühlen, ohne allerdings deren Exzellenz und Extremismus zu erreichen.
Das Gekeife ist sicher keine Meisterleistung, eher im gehobenen Mittelfeld. Über die Qualität der Produktion darf man sich streiten, aber mäßig ist sie gewiss nicht. Genannt wird das AlNamrood Studio in Saudi-Arabien, aber wenn ich daran denke, dass die Musiker ihr Werk in aller Heimlichkeit verrichten müssen und mit dem Studio wohl eher der Proberaum gemeint sein dürfte, dann erübrigt sich die Diskussion wohl auch gleich wieder. Internationale Maßstäbe sollte man hier nicht ansetzen (selbst wenn das kanadische Label Shaytan Prod. hier noch mitgemischt haben sollte). Muss aber auch gar nicht sein, hier liegt ein Metal-Untergrundwerk im wahrsten Sinne vor, das absolut Klasse hat und gewaltigen Respekt verdient (der auch ganz klar in die Bewertung eingeht).
"Kitab Al-Awthan" ist eine Bereicherung der Sammlung. Hier sollten alle Heathen/Pagan/Folk Metal-Fans, die auf der Suche nach Originellem und Neuem sind, zumindest mal reinhören. Und vor allem die Fraktion unserer fürchterlich trven Wohlstands-Untergrundfanatiker. Wenn schon, dann ist Black Metal hier und bei Bands aus ähnlichen Ländern Krieg.
Punkte: 8.5 / 10