Schon "You Without End" überzeugt auf ganzer Linie. Nadia Kury leitet die Platte mit einem Spoken Word Intro ein, getragen wird das von einer herrlichen Klaviermelodie und sanften Gitarrenläufen. Die Musik steigert sich in der Dynamik und George Clark darf sich nach dem Intro die Seele aus dem Leib schreien, bevor das Lied in einem der schönsten Gitarrensolos aller Zeiten gipfelt. Hier passt die Genrebezeichnung Shoegaze wie die Faust aufs Auge.
Weiter geht es mit der Vorab-Veröffentlichung "Honeycomb", meinem Highlight der Platte.. Hier wird das Tempo gewaltig angezogen und Freunde schwarzmetallischer Klangkunst werden hier voll bedient. Vor allem die wahnsinnige Schlagzeugarbeit sei hier hervorgehoben. In der zweiten Songhälfte geht es dann etwas gemütlicher und melodischer zu, hier kommen die Postrock-Elemente sehr zum tragen.
"Canary Yellow" schlägt in eine ähnliche Kerbe, ist insgesamt aber etwas gemütlicher als Honeycomb. Überraschend endet der Song damit, dass die ganze Band aus vollem Halse mitgröhlt/singt, was einige Zweifler auf den Plan ruft. Singalong Black Metal ist nunmal nicht jedermans Geschmack, aber seit wann interessiert sich die Band für so etwas?
"Near" reißt das Ruder dann in eine vollkommen andere Richtung. Gekeife, Blast Beats, Tremolo-Riffs...alles Fehlanzeige. Hier bekommt man eine wunderschöne Dream Pop Ballade. Clarke singt hier tatsächlich klar und schwebt mit seiner Stimme sanft über der ruhigen Instrumentalfraktion. Immer wieder singt er die einzigen drei Textzeilen "Thought I saw you there, wishing you were near, can I rest for a while". Das Lied transportiert Melancholie, Sehnsucht und gleichzeitig aber auch Glückseligkeit und Hoffnung. Eine Kombination wie ich es nur von Deafheaven kenne. Anders, aber grandios.
Fans des "Sunbather"-Albums werden mit dem folgenden "Glint", das wohl für DH typischste Lied auf dem Album.
Darauf folgt "Night People", ein Lied das laut Clarke zu gut 50% aus Chelsea Wolfe's Feder stammt. Sie übernimmt auch den Gesang zusammen mit ihrem Bandmitglied Ben Chissholm, während George Clarke hier komplett zurücktritt. Obwohl ich großer Fan von Chelsea Wolfe bin, springt der Funke hier überhaupt nicht über. Das Lied ist jetzt nicht unhörbar, aber es gibt mir auch nichts, es plätschert einfach so vorbei. Schade.
"Worthless Animal" knüpft von der Stimmung nochmal an "Glint" an und dürfte alte Fans wieder zufriedenstellen.
Insgesamt ist "Ordinary Corrupt Human Love" in meinen Ohren wieder ein grandioses Album und die Band hat sich mal wieder ein Stück weiterentwickelt, bleibt sich aber dennoch treu. Im Gegensatz zu den meisten anderen Post/Black/Shoegaze-Metallern brechen Deafheaven einfach immer wieder aggressivst aus den romantischen Klangteppichen aus und knüppeln richtig hart, schaffen es dabei aber hell und warm zu klingen.
Lediglich das enttäuschende "Night People" sorgt hier für Punktabzug.
Punkte: 8.5 / 10