Merciless Unbound (1994) - ein Review von Hugin

Merciless: Unbound - Cover
1
1 Review
7
7 Ratings
9.43
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal, Thrash Metal



28.08.2010 00:38

Als MAYHEMs Euronymous seinerzeit sein Label Deathlike Silence Productions gründete, war die erste Band, die er unter Vertrag nahm, eine schwedische Truppe namens MERCILESS. Deren legendärens Debüt "The Awakening" trug dann dementsprechend auch die kultige Katalognummer "Anti-Mosh 01". Leider führte diese Tatsache auch dazu, dass unsere Schweden erstens vielen eben "nur" deshalb bekannt sind, und zweitens, dass viele Leute ein völlig falsches Bild von MERCILESS bekamen. Die Jungs spielten nämlich nie Black Metal im eigentlichen Sinne, sondern viel eher klassischen Thrash Metal nach dem Vorbild der guten alten deutschen Schule, nur vielleicht ein kleines bisschen extremer. Zudem wollte es die musikhistorische Ungerechtigkeit, dass MERCILESS mit all ihren Labels ordentlich Pech hatten, weil jene zur Zeit ihrer ersten drei Alben zwischen 1990 und 1994 schlechte Vertriebsmöglichkeiten hatten und früher oder später ganz die Segel strichen. Dann kam eine lange Veröffentlichungspause bis 2002, wonach das neue Label Black Lodge dafür sorgte, dass neben dem selbstbetitelten neuen Album auch das zweite Album "The Treasures Within" neu aufgelegt wurde. Nun ist der Drittling "Unbound" an der Reihe, und der hat es wirklich in sich.

War der Thrash der Schweden auf dem Debüt noch ziemlich ungestüm, roh und abwechslungsarm, schreiten die Jungs einige Jahre später auf "Unbound" deutlich gereift zur Tat, was in einem ausschließlich positiven Sinn gemeint ist. Sie haben ihre Energie und Bissigkeit nicht verloren, aber sie verstehen es nun besser, jene so zu kanalisieren, dass richtig gute, variantenreiche Songs herauskommen. Jedes Stück hat geniale nackenbrechende Thrash-Riffs und prägnante Leads. Bei all dem Inferno, das MERCILESS entfachen, schlagen immer wieder eingängige Melodiebögen durch. Das eine oder andere singende Solo, sowie akustische Intros und Zwischenspiele sorgen für eine gespenstische Atmosphäre. Dieses hinzugewonnene Gefühl für Melodien manifestiert sich bereits im akustischen Intro zum eröffnenden Titelstück, das sodann in ein meisterliches Riff-Festival übergeht und von einem majestätischen Refrain gekrönt wird. Besser kann man Thrash eigentlich nicht machen, und das setzt sich auf dieser Scheibe fort. Das schnelle 'The Land I Used To Walk' wird in bester alter KREATOR- oder DESTRUCTION-Manier runtergeholzt, ohne dabei die unkitschigen aber bemerkenswerten Melodien aus den Augen zu verlieren. Dazu Roggas unbarmherziges Shouten... eine wahre Freude! 'Feebleminded' setzt in Sachen Geschwindigkeit und Kompromisslosigkeit noch mal eins drauf, bevor das mächtige 'Back To North' das Tempo wieder drosselt, und dazu mit Hörspielelementen und klaren Chören gegen Ende eine epische Note einführt, die ein kleines bisschen an eine Thrash-Variante von BATHORY gemahnt. Das Stück profitiert vom guten Mix, der alle Instrumente klar herausarbeitet. So kann gerade das Basssolo toll wirken und allgemein sind die ausgedehnten Instrumentalpassagen dieses Stücks aller Ehren wert. Bei 'The Silent Truth' hacken die Jungs wieder aggressiver und kommen auch bei einigen Screams mit leichter SLAYER-Schlagseite aus den Boxen, krönen ihren Song aber im Gegensatz zu den Totschlägern mit einem sehr melodischen Solo. Eine etwas schwarzmetallischere Seite von MERCILESS begegnet uns dann bei 'Lost Eternally', das auch späteren schwedischen Kapellen im Schnittbereich aus Black, Thrash und Death Metal gut zu Gesicht stehen würde und das durch etliche unvorhergesehene Effekte, ein sehr dramatisch marschierendes Mittelstück und erneute cleane Backings besonderen Reiz entwickelt. Das Kontrastprogramm bietet der neu eingespielte Bandklassiker 'Nuclear Attack', der kurz und ungehobelt wie die alten SODOM aus den Boxen knüppelt, während der reguläre Abschlusstrack 'Forbidden Pleasure' sich ähnlich schnell, aber etwas rockiger und verspielter gibt, was hier und da ein kleines bisschen die Bay-Area-Szene - insbesondere die zweite EXODUS-Scheibe - in Erinnerung ruft.

Langer Rede kurzer Sinn: Schwedens beste Thrash-Metal-Band legte uns also 1994 mit "Unbound" ein königliches Album vor, das in seiner neuen Fassung um eine gelungene Coverversion von SLAYERs 'Crionics' erweitert wurde. Ein wenig schade ist, dass das schöne Kristian-Wåhlin-Cover farblich nicht ganz originalgetreu wiedergegeben ist, doch das lässt sich verschmerzen. Es überwiegt ganz klar die Freude, dass diese fast vergessene Thrash-Perle endlich wieder regulär erhältlich ist, denn selten bekamen wir im extremen Thrash so viele zündende Melodien und prägnante Refrains auf einmal aufgetischt. Definitiv essentiell für jeden spätberufenen Old-School-Thrasher.

Anspieltipps: Unbound, Back To North, Lost Eternally, Forbidden Pleasure

Rezension ursprünglich veröffentlicht unter:
http://powermetal.de/review/review-Merciless/Unbound,7939.html

P.S.: Das Review betrifft die Neuauflage mit geändertem Artwork. Die Note betrifft das Album als solches.

Punkte: 10 / 10


Merciless: Unbound

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