Ein schwaches Album kann schon einmal vorkommen, dachte ich. Es folgten auch wieder plusminus gute. Doch als das erste Avantasia-Album angekündigt wurde, war das nicht nur den damaligen Edguy-Fans suspekt, sondern auch mir. Man hörte es sich erst einmal an. Die meisten fanden es okay, ich fand von Anfang an, dass ein gewisser Herr Sammet nun wohl endgültig der Geldgier verfallen war. Das wäre alles egal gewesen, aber als Jorn Lande auch noch bei weiteren Avantasia-Alben mitmachte und überdies auch einige, nun ja, fragwürdige Solo-Alben auf den Markt losliess, kamen mir doch ernsthafte Zweifel. Besonders in den letzten paar Jahren drängte sich die Frage auf: Ist nun auch Jorn der Erfolgssucht verfallen? Hat er die Grossartigkeit seiner Musik an bessere Verkaufszahlen verfüttert? Mein Standardspruch war: «Ich kaufe es trotzdem, solange Jorn draufsteht.»
So ging ich auch an das neue Album, «Life On Death Road», heran. Skepsis war angebracht, denn schliesslich hatte Lande dieses Mal nicht nur seine halbe, sondern gleich die ganze Band ausgetauscht und das noch mit diversen Mitgliedern von Primal Fear. Böse Zungen bezeichneten die Songs der ersten Videos schon als «Jorn mit Primal Fear als Backingband.» Lasst mich eins vorweg klarstellen: «Primal Fear» ist eine verdammt gute Backingband für Jorn!
Das Album beginnt mit dem Titelsong sehr gewagt. Es ist ein Longtrack, was für Jorn sehr ungewöhnlich ist. Das soll kein falsches Bild erzeugen: Der Song ist grossartig, er geht ab wie schon lange nichts mehr und die ausführlichen Solos sind angesichts der Gesamtlänge durchaus gerechtfertigt. Tatsächlich gibt dieser Song den Ton des ganzen Albums an. Es folgt ein Feger am nächsten, nur zwischenzeitlich unterbrochen durch sanftere Klänge, wie etwa bei der Powerballade «Dreamwalker» oder dem freundlichen «The Optimist» weiter hinten. Jorn kehrt ganz zu seiner Tradition zurück. In «Hammered To The Cross (The Business)» findet sich eine Textzeile, (die ich aus rechtlichen Gründen leider nicht zitieren darf), in der der Erzähler sagt, er lasse sich vom Business nicht den Rock’n’Roll töten. Ob das autobiographisch ist oder nicht, wissen wir nicht, aber das Album klingt definitiv danach. Als hätte jemand zur Besinnung und damit zu seinem Herzblut zurückgefunden. So bietet Jorn zum Beispiel mit «I Walked Away» eine grandiose Mischung aus den Stilen von Whitesnake und Dio, zwei seiner viel genannten Einflüsse. Ja, selbst das poppige «Man Of The 80’s» besitzt diesen Drive, von dem ich weiter oben gesprochen habe und der in den letzten Jahren fehlte. Die Texte kommen, wie auch Jorns Stimme wesentlich positiver und selbstbewusster daher als auch schon. Das Album klingt, als habe Lande zu seine alte Stärke endlich wiedererlangt und erinnert zur Freude aller mehr an die frühen Werke wie etwa «Out To Every Nation», als an Party-Metal.
Fazit: «Life On Death Road» ist nicht nur ein rundum gelungenes Album, sondern das wohl beste seit dem «Duke». Ein Must-Have für alle Fans des gepflegten Heavy Rock und das reinste Fest für alle Fans des Sängers.
Punkte: 10 / 10