Humble Pie Performance Rockin' The Fillmore (1971) - ein Review von Spike65

Humble Pie: Performance Rockin' The Fillmore - Cover
1
1 Review
9
9 Ratings
9.50
∅-Bew.
Typ: Live
Genre(s): Rock


Spike65
13.02.2017 14:30

Ich weiß noch, wie ich damals als 16-jähriger Schüler bei Frank Laufenberg im Oldies-Radioclub diese Wahnsinns-Version von "I don't need no Doctor" gehört habe - muß in der Rubrik "10 Jahre zurück" gewesen sein - und diese Live-Scheibe mußte ich haben. Für mich als Schüler waren die 26,95DM ein kleines Vermögen - und noch schlimmer: Die LP mußte erst bestellt werden, ich mußte also auch noch darauf warten. Aber schon beim hören des ersten Songs "Four Day creep" wußte ich, daß sich jeder Pfennig und jede Minute Wartezeit gelohnt hatten:
Die ersten Töne des Riffs sind schon pure Energie, umso wuchtiger, wenn dann auch der Rest der Band einsteigt. Dazu die 3 völlig unterschiedlichen Stimmen von Steve Marriott, Peter Frampton und Greg Ridley, von denen jeder eine Strophe übernimmt, der eine souliger, der andere mit Rock-Röhre - und dann das Solo von Peter Frampton! Dann vor "I'm ready" die fast 2-minütige Einleitung von Steve Marriott, der mit seiner Soul-Stimme im Frage-und-Antwort-Spiel mit der Leadgitarre das Publikum anheizt "Are you ready? This song comin' up is a long one, so you better get ready" und genau auf den Punkt setzt Jerry Shirley mit diesem ungewöhnlichen Schlagzeugrhythmus ein, der dem Song seinen unverwechselbaren Charakter gibt - nein, das ist keine Cover-Version des Willie Dixon Klassikers: Humble Pie machen diesen Song zu ihrem eigenen, der eigenständig neben dem Original besteht, weil komplett neu arrangiert und interpretiert. Auch hier teilen sich die 3 Sänger wieder die Strophen, wie sie das fast immer bei Fremdkompositionen tun. Und jeder der drei singt dabei mit Leidenschaft und Energie. Seite A der Doppel-LP endet mit dem einzigen Humble-Pie Original des Albums "Stone cold fever", das von einem kraftvollen zweistimmigen Gitarrenriff getrieben und von Steve Marriotts 3-Liter-Whiskey-Stimme dominiert wird und beim Gitarrensolo vom strammen 4er-Rockrhythmus in jazzigere Gefilde abschweift. Seite B enthält eine 24-Minuten-Fassung von "I walk on gilded splinters" mit ausufernden Improvisationen. Seite C dann den Muddy Waters Blues "Rolling Stone", den Steve Marriott mit einer improvisierten Geschichte, halb erzählend, halb singend erweitert und der nach 15 Minuten dann noch zu einem fulminanten Finale kulminiert. Seite D beginnt mit dem Ray Charles Klassiker "Hallelujah, I love her so", der herrlich swingend und doch rockig interpretiert wird, und wieder teilen sich die drei Sänger die Strophen oder wechseln z.T. sogar zeilenweise ab, am Schluß improvisiert Steve Variationen über den Refraintext. Das Album schließt mit einem weiteren Ray Charles Song:"I don't need no doctor". Und auch diesen macht sich Humble Pie so zu eigen, daß man das Original komplett vergißt. Hochenergetisch rocken die Gitarren und genauso energiegeladen der Gesang von Steve Marriott. Und wie schon bei "Stone cold Fever" geht der Song nach 2 Strophen in einen jazzigen Instrumentalteil über, der groovt ohne Ende. Zunächst nur Baß und Drums, dann steigen die Gitarren ein mit abwechselnden Soli von Steve und Peter, der eine rockiger, härter, der andere melodiöser, jazziger, aber doch homogen und stimmig, schließlich wieder Steve mit einer souligen Gesangsimprovisation mit Publikumsteil, der dann wieder zum rockenden Schluß führt.
Ich kenne wenige Live-Alben, bei denen so viel Energie und knisternde Atmosphäre rüberkommt, wo instrumentales Können und gleich drei tolle Rockstimmen zusammen auf solchem Niveau zu hören sind. Dazu die Präsenz von Steve Marriott, der viel mit dem Publikum kommuniziert, viel aus dem Hut erzählt und improvisiert. Es sind nur 7 Songs mit dafür beachtlichen fast 72min Spielzeit und für mich zumindest nirgendwo ein Punkt, wo der Finger zur Skip-Taste will. Die Scheibe ist das Dokument einer der besten Livebands der frühen 70er Jahre auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Ganz ohne Frage ist dieses Album eines der 10 besten Live-Alben aller Zeiten und wird nicht umsonst in eine Reihe mit "Made in Japan" von Deep Purple, "Live at Leeds" von The Who und dem fast gleichzeitig entstandenen "At Fillmore East" der Allman Brothers genannt ...

Punkte: 10 / 10


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