Queensrÿche Condition Hüman (2015) - ein Review von Monolith

Queensrÿche: Condition Hüman - Cover
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18 Ratings
8.03
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Progressive Metal


Monolith
29.01.2016 00:06

Nein, was ist hier passiert? Was hat die Band getan? Angesichts des herausragenden, genialen Vorgängers, dem selbstbetitelten Album, haben Queensryche sämtliche genialen Ansätze zurückgefahren. Wo sind die düsteren Melodien? Wo ist der kraftvolle Gesang von LaTorre?

Eigentlich könnte ich mich einfach damit zufrieden geben, dass Queensryche ein weiteres "gutes" Album aufgenommen haben. Eigenartigerweise ist das bei mir diesmal gar nicht der Fall, irgendwie habe ich dasselbe Gefühl, was viele 3 Jahre zuvor bei Black Sabbaths "13" hatten. Kollege Blackened nannte es mal "blutleere Selbstkopiererei". Und das ist wohl die perfekte Bezeichnung für "Condition Hüman".

Hat mir LaTorre noch auf dem Vorgänger richtig gefallen, da er sich als versierten Sänger auszeichnete, und wirklich als weiterer Stern am stählernen Firmament glänzen konnte, so ist er heute kaum noch von seinem Vorgänger Geoff Tate zu unterscheiden, im Gegenteil: LaTorre klingt mehr nach Geoff Tate als dieser selbst.

Die Lieder sind nicht anders: wie angekündigt orientieren sich Queensryche an ihren alten Taten vom Debüt bis hin zu "Operation: Mindcrime" und machen dieses Album somit fast gänzlich austauschbar. Mehr noch: dieser überwiegend helle Sound geht mir teilweise richtig auf den Zeiger und lässt jegliche Dramaturgie vermissen, während mir Queensryche hier stellenweise wie eine Power Metalkapelle der kitschigen Version vorkommen.

Mit jeder Sekunde, die ich "Condition Hüman" höre, habe ich das Gefühl, irgendwelche Stimmen zu hören, die unterschwellig in jedem Lied wiederholt sagen: "Back to the Roots", "bedient unsere alten Fans", "wir brauchen keine Ideen", "scheiß auf Inspiration, LaTorre ist unsere kleine Bitch". Iced Earth haben es uns ja schon vorgemacht. Stu Block ist auch nichts weiter als das Bandhündchen, das gefälligst nach dem Takt tanzen soll, nach dem Schaffer es will. Immerhin bleibt die Band ihrem Stil treu und versucht nicht weiterhin jahrzehnte alten Fans zu gefallen ("Night of the Stormrider" und "Burnt Offerings" haben meines Erachtens zumindest noch keinerlei Hommagen erhalten)
Hätten Iron Maiden und Judas Priest in der Zeit, in der sie ihre Aushilfssänger hatten, so etwas gewusst, die Sänger wären heute noch im Amt und es wäre wohl den Fans egal gewesen, ob Tim Owens oder Rob Halford, Bruce Dickinson oder Blaze Bayley (im Falle von Judas Priest hätten sie wohl Owens bevorzugt, der konnte die hohen Passagen immerhin singen wie sein Idol in seinen Glanzzeiten). Gott sei dank taten sie es nicht und versuchten etwas neues. Ähnliches gilt, um die Kurve an den Anfang zurück zu bekommen, auch für Black Sabbath. Keiner hätte irgendwelche künstlichen Silikone von der Band schlecht geredet, aber auch wenn die Band mehr Erfolg gehabt hätte, Dio, Tony Martin, Ian Gillan und Glenn Hughes als Osbourneimplantate für die Band zu benutzen, die Alben wären billige Eigenplagiate gewesen und hätten vielleicht die Fans erreicht, wären aber niemals musikalisch so außergewöhnlich gewesen, wie sie es wurden.

Den Vogel in dieser oben genannten Art schoss dann aber wirklich "Just us" ab. Legionen von ehemaligen Queensryche-Fans pissen wohl seit "Q2K" in ihre Lautsprecher, weil sie diesen Kitschrock nicht ertragen, auf den Queensryche seit dieser Zeit setzen, allen voran Geoff Tate zu der Zeit, wie süchtige Zocker auf ihre alles geliebte Schicksalszahl, mit dem sie jetzt ihren (2.) Durchbruch schaffen wollen, und höchstwahrscheinlich grinsen die Nostalgiker selbst diesem Neuaufguss alten Billigmetalls mit einem "So happy to have you back!" entgegen.

Ich will jetzt aber die Band nicht völlig verdammen, schließlich habe ich "Condition Hüman" die halbe Punktzahl gegeben und nicht nur das Minimum: Todd LaTorre macht nichts destotrotz seine Sache gut, was hat er auch für eine Wahl? Und auch Queensryche können nicht wirklich anders, denn bis zu Tates Ausstieg hat die Band eine Horde an Fans verloren (dass sie neue hinzubekommen haben spielt wohl erstmal keine Rolle) und auch der Rechtsstreit hat an einigen Nerven gezehrt. Dass Queensryche hier also erstmal wieder mit einem großen lauten "da simmer wieder" einigen Leuten die Kindheitserinnerungen aus den Augen tränen lassen wollen ist in dem Fall auch verständlich (wenn auch nicht weniger schlimm anzusehen). Auch haben Queensryche ihren Neuzugang nicht ganz vernachlässigt: "Toxic Remedy" steht qualitativ seinem älteren Bruder "Spore" (jede Art von Lob an dem Stück ist eine Untertreibung!) kaum nach und mit "Eye 9", "Hourglass" und dem fast epischen "All there was" geben Queensryche auch Fans des Vorgängers (also mir) einige neue Häppchen, die man bei jedem Durchlauf genüsslich durchhören kann. So kann man Queensryche zwar weiterhin nicht von erzwungenen Rückbesinnungen freisprechen, aber immerhin stellenweise ein wenig behaupten, sie würden den Blick nach vorne richten. Mit viel Großzügigkeit versteht sich. Zum Glück haben Queensryche mit dem Lied "Guardian" sich auch mal von einer ganz anderen, nämlich stahlharten Seite gezeigt und damit ein für ihre Verhältnisse neues, ausgefallenes Lied präsentiert.

Puristen, die alles ab "Hear in the Now Frontier" nur für gequirlte Scheiße halten, werden dieses Album lieben. Wer eine wieder erstarkte und vor allem innovative Band hören will, sollte dieses Album besser stehen lassen.

Vielleicht, aber auch wirklich nur vielleicht, werde ich an "Condition Hüman" Gefallen finden, wenn ich das Album wirklich mal so höre, ohne dass jegliche Vergleiche in mir aufkommen können. Soll heißen erstmal völlig die Ohren von Queensryche zu lassen und "Condition Hüman" hinterher, frei von jeglichen Vergleichen, neuhören.

Mal nebenbei: Jemand sollte in der Datenbank unbedingt mal das Bandfoto austauschen.

Punkte: 5 / 10


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