Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen Alle Ampeln Auf Gelb! (2014) - ein Review von President Fruitley

Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen, Die: Alle Ampeln Auf Gelb! - Cover
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1 Review
2
2 Ratings
9.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Pop: Disco, Pop-Rock


President Fruitley
30.12.2014 18:44

Als der Festsaal Kreuzberg abbrannte, war meine erste Assoziation mit jenem Verlust das jährliche Superpunk-Spektakel an diesem Ort, jeweils immer ein oder zwei Tage vorm Jahreswechsel. Das Feuer und das folgende, traurige Ende des Festsaals fiel zeitlich auch ungefähr mit der Auflösung der Gruppe Superpunk zusammen. Die Trauer über den Verlust von Superpunk konnte allerdings bald in Freude über die freudige Neugründung der Gruppe Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen umgemünzt werden.

Nun liegt bereits ihr zweites Album vor. 'Alle Ampeln auf Gelb!' soll, ginge es nach meinen Wünschen, alles Schöne an den verblichenen Superpunk enthalten, ergänzt mit einer frischen Brise. Als Fazit muss man direkt feststellen: Die Platte erfüllt diese Erwartungen! Die frische Brise kommt vornehmlich aus echten Blasinstrumenten. Ansonsten ist es natürlich nicht allzu sehr verwunderlich, dass die Unterschiede für den Konsumierenden nicht sehr groß erscheinen.
Nie waren Herrn Friedrichs Texte mehr Bildungsmusik. Auf jedem unter seiner Mitwirkung entstandenen Album konnte man etwas lernen, doch 'Alle Ampeln auf Gelb!' eröffnet besonders viel launigen Gesprächsstoff für die nächste Party. Eben diese Gelegenheiten werden (naheliegenderweise) in 'Alleine auf Partys' besungen. Dort ohne Begleitung zu erscheinen eröffne ganz andere Möglichkeiten der Beobachtung und neuen Bekanntschaften. Offensichtlich wurden einige dieser Begegnungen an dieser Stelle vertont.

Thematisch hangelt sich das Album durch ein buntes Potpourri, allerdings fällt eine gewisse Personenfixierung ins Ohr. Interessante Persönlichkeiten, die vermutlich noch nie besungen wurden, werden mit ohrwurmigen Liedern geadelt. Ich muss zugeben, ich kannte keinen davon.* Das mag nicht der Regelfall sein, denn insbesondere Cineasten sollten eigentlich mit den Namen Werner Enke und Dr. Fritz Fassbender vertraut sein. Letzterer existiert auf der Platte nur im Titel des Instrumentals 'Song for Dr. Fritz Fassbender'. Das ist ein cleverer Schachzug, die Unwissenden dazu zu bringen die Suchmaschine anzuwerfen.

Werner Enke könnte man eigentlich kennen, das Unwissen ist in dem Fall eher selbstverschuldet. Mit ihm eröffnet das Album, sehr krawallig übrigens. Den Aspekt finde ich interessant, denn es sind diverse eher schepperige Lieder auf dem Album zu hören. Ich möchte nicht nostalgisch werden, aber es erinnert mich schon an einige Hits einer gewissen anderen Band. (Entschuldigung, aber 'Das Unglück bin ich' ist doch nur eine alternative Version von 'Mein zweiter Name ist Ärger'.)

Die ganze Anleihendiskussion möchte ich aber nicht weiterführen. Natürlich sind die Lieder voll von popmusikalischen Referenzen, aber das macht im Falle Der Liga der gewöhnlichen Gentlemen eben auch den besonderen Hörgenuss aus.

Ich habe in der nachbarschaftsbeschallenden Dauerrotation drei eindeutige Favoriten ausgemacht, die ich hiermit allen Interessierten ganz besonders ans Herz legen möchte. Da wäre zuallererst das Titelstück 'Alle Ampeln auf Gelb!' zu nennen. Es ist wieder ein Lied über einen Menschen, den ich beschämenderweise vorher nicht kannte und dankbar bin, dass sich dieser Zustand nun geändert hat. Peter-Ernst Eiffe. Ein faszinierender Typ, der leider etwas vergessen wurde. Man kann den Namen entweder googeln, oder aber einfach das Lied hören, denn es ist im Grunde ein vertonter Wikipedia-Artikel. Ich freue mich über die so präsente Würdigung jenes 'Alle Ampel auf Gelb!'-Slogans. Und bitte, welche andere Band im Universum kann ein flottes, großartiges Tanzlied schreiben, in dem 'Statistisches Landesamt' vorkommt?

Meine besondere Empfehlung Nr. 2 enthält ähnlich wundervolle Wörter, wie beispielsweise 'Arbeiterwohlfahrtsbutze'. Es handelt sich um das wirklich wunderschön balladige 'Begrabt mich bei Planten un Blomen'. Das Lied ist eine würdige Hymne an diesen netten, recht pittoresken Park in Hamburg. Ich möchte jetzt bitte dort in der Sonne liegen und das Lied soll durch den Park schallen!

Wie wir wissen, wenn die Gefahr besteht romantisch zu sehr eingelullt zu werden, muss dem eine gänzlich andere Emotion entgegensetzen werden. Diese hast das Lied 'Rock Pop National' im Angebot. Es ist eine Hymne, die beispielweise dem Echo Pop wie auf den Leib geschrieben wurde. Sie ist aber eigentlich viel universeller, denn wer hat sich nicht schon gefragt, warum eigentlich diese ganze Scheiße unter dem Label 'Rock Pop National' gehört wird? Ich höre schon Rufe - "Mäßige dich, da gibt es auch schöne Sachen". Mag sein, dass nicht alles schlimm ist. Diese Haltung kann ich akzeptieren, aber im Großen und Ganzen ist diese giftige Hasshymne mehr als angebracht.

Der Rest des Albums ist freilich auch nicht zu verachten, aber man sollte auch nicht alles verraten und lieber selbst herausfinden was z.B. hinter 'Der Amateur' steckt und warum 'The Out-Crowd' sich so gut im Gehirn festsetzt und dort in der internen Wiedergabe einige Rotationen mehr dreht.

Als Fazit möchte ich kurz und knapp sagen, dass das Album sehr viel Spaß macht und kann es besten Gewissens allen musikliebenden Menschen empfehlen. Und es kann an alle 'Rock Pop National-Fans' verschenkt werden, damit die auch mal sehen wieviel Seele Musik haben kann.

*Albert Hofmanns Erfindung ist mir natürlich - sozusagen rein platonisch - bekannt.

Erstveröffentlichung: http://www.tantepop.de/2014/05/die-liga-der-gewohnlichen-gentlemen.html (7.5.2014)

Punkte: 9.5 / 10


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