Nun steht der Nachfolger "Echo Street" in den Startlöchern und die Proggemeinde ist sicher schon gespannt wie ein Flitzebogen, ob Mastermind Sel Balamir und seine Mitstreiter erneut von einem solchen Monstrum heimgesucht werden.
Nun, nach etlichen Durchgängen von "Echo Street" bleibt als Fazit festzuhalten: Der Oktopus hat die Briten losgelassen, prägt jedoch immer noch unterschwellig ihre Gedanken. Der Opener 'Matmos' beginnt sehr verhalten, fast sogar schüchtern, als ob AMPLIFIER Angst haben würden, die in der Tiefe lauernde Riesenkrake würde einen ihrer Tentakel nach ihnen ausfahren. Ja, dezent getragen gefällt sich 'Matmos' in atmosphärischen Klängen, ohne groß auffällig zu werden. Doch schon bei 'The Wheel' grummelt es in der Tiefe. Balamirs Effekt-Kiste produziert wieder tief verzerrte, hallende Gitarrensounds, unterlegt von einem bissigen Bass und groovigen Drums. Eine Haifischschar wird aufgeschreckt, dunkle Synthiesounds durchziehen das Weltmeer und ein Tiefenbeben möchte einen Tsunami auslösen. Eine saftige Steigerung gegen Ende des Songs mit tausend Schichten wirbelnder Gitarreneffekte bringt den Oktopus zum Atmen. Auch 'Extra Vehikular' schlägt nach anfänglichen Late-FLOYD-Vibes in eine ähnlich Kerbe. Doch AMPLIFIER wecken den Oktopus nicht komplett auf. 'Where The River Goes' ist eher ein durchdachtes (New-)Art-Rock-Epos mit tollem Gesang, 'Between Today And Yesterday' eine herzerwärmende, von tollen Akustikgitarren und Satzgesängen geprägte Ballade mit feinen Twists und auch der Rest der CD wirkt irgendwie aufgeräumter und sortierter als zuvor.
Natürlich grummelt die Krake hin und wieder in Form von wilden, ausschweifenden Soundorgien, zum Beispiel beim Titelsong, aber insgesamt hat "Echo Street" einen weitaus gesetzteren Charakter als das tobende Chaosopus "The Octopus". Doch es ist auch kein Schritt zurück zum Debut oder zu "Insider", dafür ist der floydig-spacerockige Anteil in der Musik zu dominant. AMPLIFIER bewegen sich weiterhin vorwärts, der Klang der CD ist kaum zu toppen, die Musiker agieren auf höchstem Niveau und Sel Balamir mit seinem unaufdringlichen Gesang und vor allem mit seinem Gitarrenspiel, das den Einsatz von Effekten zur großen Kunst macht, ist mittlerweile mehr und mehr ein Hero des Progrocks. Somit ist "Echo" in der Tat ein gutes Motto zu "Echo Street", die ich am besten mit der Phrase "ein Nachglühen auf den Oktopus" zusammenfassen kann. Wieder einmal faszinierende Musik einer faszinierenden Band.
www.powermetal.de 12.03.2013
Punkte: 9 / 10