Schon der Bandname allein genügt, um heutzutage bei den ernstzunehmenden Musikkonsumenten im Bekanntenkreis Schrecken zu verbreiten. Pur liefen schon zu Erscheinen von „Abenteuerland“ verächtlich unter der Kategorie „Hausfrauenrock. Geht absolut gar nicht“, „Kaufhausrock“ oder ähnlichem. Damit befasste man sich einfach nicht, ob man damals mit 18/20 Jahren nun Metal, Crossover, Hip Hop, Funk oder sonst was hörte. Zumindest hätte man es nicht zugegeben. Ins Abenteuerland wollte aus Prinzip niemand mit (und scheinbar hat sich das bis heute wenig geändert).
Nun hab ich mich in etwas reiferem Alter aber doch mal damit befasst und bin schlicht positiv überrascht und durchaus angetan. Nicht maßlos begeistert, nein, das nicht, aber ich höre immer wieder gern in das Album rein. Das kann man zu allen möglichen Gelegenheiten tun, nebenbei beim Kochen oder ganz bewusst gerne auch mal zwischen zwei beliebigen Metal-Platten (ohne wie einst gedacht kotzen zu müssen).
„Abenteuerland“ ist ein gut gemachtes, ehrliches Pop-Rock-Album mit durchweg schönen Liedern, die zwar nicht allzu fordernd sind, aber eben auch weit davon entfernt sind, belanglos und seicht am Hörer vorbeizuplätschern. Ob man nun Pop-Rock, sanfte Rockmusik oder meinetwegen auch Kuschelrock dazu sagen mag, sei mal dahingestellt. Die Lieder haben durchaus Schwung, ich konnte hier mal einen an Dire Straits erinnernden Drive entdecken wie auch da mal ein Deep Purple-ähnliches Orgelsolo (Mitte /späte 80er Phase).
Ja, und wenn schon, dann hab ich auch noch auf die Texte geachtet. Die sind vielleicht gelegentlich leicht kitschig („…ich lieb mich in dir fest, wenn du mich nur lässt…“), aber nicht schlimm. Es ist sicher nichts dabei, was nicht auch die Scorpions sich hätten ausdenken können („ to be with you in heaven i would go through the darkest hell“ o. Ä., und noch besser: "There's no one like you, I can't wait for the night with you, I imagine the things we do"). Insgesamt eher humorvoll, nachdenklich und auch mit ausreichend kritischen Gedanken, dass man auch als Fan von Hard Rock und Heavy Metal was damit anfangen kann. Es scheint gelegentlich etwas Reinhard Mey durch („Ein graues Haar“ etwa). Auf keinen Fall sind Pur eine Band mit billigen 0815-Texten. Spontan überkommt mich der Gedanke, womöglich seien die Texte hier zuweilen sogar besser und ernsthafter als in vielen Scorpions-Songs.
Mein Fazit ist, dass es sich absolut lohnen kann, mit Pur ins Abenteuerland zu kommen. Ein gutes Album, also 7,5 Punkte. Kann/will ich öfter hören als Bathorys "Twilight of the Gods", um auf meine letzte Rezension Bezug zu nehmen. Und das gibt mir NICHT zu denken.
Sehr schön übrigens das abschließende "Merlins Reise", das Titellied in Instrumentalversion.
Und die Frisur des Sängers ist tatsächlich genauso klasse, wie sie in (schlechter) Erinnerung gewesen ist.
Punkte: 7.5 / 10