Damals, 1993, hörte sich "Guitar Noir" unausgegoren an. Die Durststrecke war lang. Das letzte wirklich gute Hackett-Album schon zwölf Jahre alt ("Defector") und der von Mr. Hackett fabrizierte Schrott - mit Verlaub! - in den Achtzigerjahren groß genug ("Till We Have Faces", "GTR", "Feedback" - das so übel war, dass es zunächst noch nicht einmal veröffentlicht wurde). Auch der Vorgänger "Momentum" von 1988 wollte nicht so richtig zünden. Und so war "Guitar Noir" erst einmal eine Enttäuschung. "Sierra Quemada" (doofer Titel) ganz nett, der Rest aber eher lau! Und Hacketts Gesang: au weia.
Und heute?
Mag es das Alter des Albums oder die Milde meines eigenen Allters sein, fast zwanzig Jahre später...
Vergleicht man "Guitar Noir" mit dem, was vorher war, und bedenkt, dass Hackett noch fast ein Jahrzehnt gebraucht haben wird, um letztlich zu seinem ur-eigenen Stil zu finden ("Darktown" von 1999 hatte da auch einige ganz ordentliche Ansätze!) dann kommt man - oder komme zumindest ich - zu dem Schluss, dass "Guitar Noir" gar nicht so übel ist. Im Gegenteil: verhältnismäßig homogen, sehr rund, der Gesang ist gar nicht schlecht - den kann er nämlich noch weitaus schlechter, der Hackett! - und plötzlich findet die Platte immer häufiger den Weg in meinen CD-Player. Whoa! Und mehr noch: "Sierre Quemada" ist ein tolles Hackett-Instrumental, das ein wenig an Genesis denken lässt, "Take these Pearls" und "There are many Sides to the Night" (inklusive TUI-Melodie) sind richtiggehend schön! Und so geht es weiter und weiter und das Album stimmt versöhnlich, so sehr, dass man nicht einmal "Vampyre" wegskippen möchte.
Guter, gereifter, dunkelroter Wein! Und dank dem finalen "Tristesse" bekommt man nicht einmal Sodbrennen.
Ach ja: Reissue kommt mit "There Are Many Sides..." Live-CD. Ein Live-Konzert mit Klassik-Gitarre und Keyboards. Sehr ruhig und sehr schön. An der Qualität von "Sides" bestand für mich nie ein Zweifel.
Punkte: 9 / 10