Exilia Decode (2012) - ein Review von Seth_Echoes

Exilia: Decode - Cover
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1 Review
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3 Ratings
6.83
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Gothic Metal, Metalcore, Nu Metal



09.04.2012 19:47

(Übertragen von: Der Gute Ton. unter http://vio.twoday.net)

Bitte warten, Exilia wird decodiert. Ergebnis: Moderner Metal. Pur.

Frauenstimmen gehören nur in die Popmusik. Das behaupten böse Kritiker und meinen, dass diese niemals gegen E-Gitarren-Sound und Schlagzeug bestehen können. Zumindest nicht ohne aufwendige Produktionsverfahren und verstärkendes Abmischen. Dennoch gibt es immer wieder Ausnahmebands, die aus dem Klischee hervortreten… ja, man könnte fast sagen dem Groll entgegentreten. Und das lautstark. Sehr. Neben Bands wie Evanescence oder auch Flyleaf gehört auch Exilia zu diesen Vertretern. Frisch mit einem neuen Label in Form von Golden Core Records / ZYX Music auf dem harten deutschen Markt Fuß gefasst, will man hiermit das mittlerweile fünfte Album der Bandkarriere nachschieben. Der Musikmarkt im Metalbereich, ob man das Genre hier nun als Nu-, Modern- oder einfach nur als blanken Metal betiteln will oder nicht, in Deutschland ist hart umkämpft. Können die Mailänder mit diesem Album einen Stich setzen? Oder wird die decodierte Message, die Exilia in den Orbit schießen, sang- und klanglos verpuffen?

#1 – Satellite (3:50)
Es ist interessant zu sehen wie allgegenwärtig moderne Popmusik ist. Nicht, dass ich dem Lied diese Mainstream-Prädikat erteilen würde (Um Gottes Willen!). Viel mehr musste ich bei dem Titel ohne Umschweife an den gleichnamigen Eurovision-Song unserer gehasst-liebten Lena Meyer-Landrut denken. Dass alle Lyrics bis auf dieses - bis dahin vermeintliche - Cover im Booklet abgedruckt sind (!), unterstützte mich in meiner Vermutung. Der Sound rüttelte mich dann aber umgehend wach: Gleich zu Beginn zeigen Exilia, dass sie auch nach nun mehr fast 12 Jahren nach ihrem Debütalbum (Rightside Up, 2000) nicht zum alten Eisen gehören und der Sound produktionstechnisch ein sehr hohes Niveau erreicht hat. So melodiös sich Masha anfänglich in den Strophen gibt, umso mehr kracht es im eigentlich Refrain aus ihr heraus. Mündet dann jedoch wieder in eher gesanglichere Parts, ohne an Kraft zu verlieren. Guter, wachrüttelnder Einstieg, dem jedoch der Ohrwurmcharakter irgendwie abhanden gekommen ist.

#2 – Over The Edge (3:54)
Den letzten (guten?) Ton* hatten die Italiener 2010 in Form der Unplugged-Scheibe Naked von sich gegeben. Der Kontrast zum letzten Output war entsprechend krass, aber passend. So spannend „uneingestöpselte“ Exkurse auch immer sind: Exilia blüht mit den harten Instrumenten auf. Im Gegensatz dazu steht Mashas Stimme in den Strophen. Die wirkt hier rauchig-schön verblüht. Im Chorus dafür kraftvoll und eingängig. Wunderbare Kombination. Gerade ab 02:20 ist die instrumentale Steigerung, dann mit dem Vocaleinstieg bis hin zur Ekstase bei 2:50 perfekt umgesetzt. Kommt aber meines Erachtens nicht ganz an die glorreichen Songs wie My Own Army (2009) und insbesondere Can’t Break Me Down (2005, grandioses Stück!) heran.

#3 – Unconventional (3:30)
Hätten SlipKnoT irgendwann zwischen der Subliminal Verses- und der All Hope Is Gone-Platte einen Song veröffentlicht und Masha als Sängerin gewählt – das Ergebnis hätte kaum besser werden können. Die Songkonzeption erinnert an Corey Taylors Maskierte, muss hierbei maximal ein wenig im Bezug auf instrumentalen Druck zurückstecken. Stimmlich ziehe ich Taylor der Masha auch vor, aber das sind subjektive Eindrücke. Es fällt zumindest auf, dass man in den Strophen einen Mittelweg aus Gesang und Gesprochenem wählt, wie es teilweise auch bei SlipKnoT der Fall war. Flüstern als Stilelement, insbesondere um den robusten Refrain-Part hervorzuheben, ist auch eine Spielart, die man in dem Genre kennt und die immer wieder ihre Wirkung zeigt. Gutes Ding. Kleines Detail, was mein Herz höherschlagen lässt: Die Lyrics zu Unconventional und My Exception sind als einzige Songs im Booklet schräg gedruckt worden – während In My Veins als sehr persönlicher Song außerdem auch noch eine andere, handschriften-ähnliche Schriftart bekommen hat.


#4 – Emily (3:25)
Melodiös und einmal durch den Computer gejagt zu Beginn. Klingt zwar gut, aber das hat Masha nicht nötig, weshalb man etwa ab 00:30 auch das Verzerrte weglässt. Man steigert sich sehr schön in den Zenith des Songs bei 1:20 und schwankt immerzu zwischen ruhigeren Up- bis Mid-Tempo-Parts und den üblichen Schrei-Phasen im Refrain. Die Soundintensität hätte ich gerne noch im Text wiedergefunden; das Thema hätte da definitiv mehr hergegeben. Insgesamt sind mir die Parallelen zu Flyleaf zu stark, wobei man hier stimmlich einer Lacey definitiv Konkurrenz machen kann. Einer der besten Songs der Platte.


#5 – Invisible (3:45)
Einmal Herzzerreißen bitte. Streicht all meine Aussagen, die ich über Intensität getroffen habe bezüglich Emily. Invisible hat solche Begriffe noch ein wenig mehr verdient. Das macht richtig Laune zu hören. Das Thema Liebe und deren leidiges Ende war schon immer ein Optimum für Musik und mit entsprechendem Sound auch ganz gerne ein Hitgarant. Herzstück der Platte. Sprichwörtlich.


#6 – My Exception (3:29)
Bonnie Tyler anyone? Wie auch immer… Ich könnte mir ein wenig in den Hintern beißen. Mancher weiß ja um meine Liebe zu einem starken Kontrast aus Strophe und Chorus – gerade bei dem Song ist das eher kontraproduktiv gewesen, behaupte ich. Ab dem ersten Vers bekommt man hier ein sehr tiefes Gefühl vermittelt, welches zwar im Vergleich zum eigentlichen Inhalt einen leicht melancholischen, dafür vielleicht auch umso wohl-klingenderen Unterton hat, aber im Refrain wird das unschön aufgebrochen. Das ist zu „hell“. Fast schon zu positiv. Exilia steigen einfach zu sehr aus dem bisherigen Song aus.


#7 – The Wrath of Gaia (3:25)
Exilia mit Nachdruck, mit Aussage und hörbarem Sound. Eine wünschenswerte Kombination – und die wird hiermit auch gut umgesetzt. Auch wenn die Akzente fehlen.


#8 – Myself (3:27)
Exilia zeigen ihr Innerstes – und das macht einen unschönen Eindruck. Also textlich. Solche Gefühle möchte man nicht teilen – ein Konzerterlebnis bei diesem Song jedoch schon. Das könnte durchaus intensiv auf die Bühne gezimmert werden, gerade durch den etwas besonnenen Gesang… der pünktlich zum Refrain wieder auf- und ausbricht. Natürlich, sonst wäre es nicht Exilia! Das ist aber vielleicht auch einer der Kritikpunkte, den man an der Stelle äußern könnte: Ähnliche, nahezu typische Schemata hinter den Songs. Nicht immer, aber immer öfter.


#9 – Forever (3:37)
„Waiting for you!“ - Kaum skippste in den Song rein, wirste erstmal angeschrieen. Wow, das kam überraschend. Masha scheint schon etwas länger zu warten. Außerdem scheint auch ihre Stimme in dem einen oder anderen Vers etwas zu zerbrechen, fügt sich jedoch gut in das Songkonzept ein. Gesanglich kann man da nichts aussetzen, viel mehr ist es lobenswert, dass ein(e) Vocalist(in) den Sprung von der normalen, eher zurückhaltenden Gesangslinie zum harten Scream/Growl schafft und wieder zurück.


#10 – Fully Alive (3:14)
Und wieder verfallen wir in ein ähnliches Schema wie zuvor. Was man bei Forever, Myself etc. gut fand, wird man auch hier finden. Wieder. So gut ich diese Liedstruktur finde, so sehr verabscheu ich es aber auch, selbige immer wieder vorgespielt zu bekommen. Klar, das Gewand ist ein wenig anders, nichtsdestotrotz stellen sich da bei mir die ersten Ermüdungserscheinungen ein.

#11 – All In Vain (3:52)
Wie wahr. Alles vergebens, die Blaupause wird wieder auf das Exilia-Reißbrett gelegt und formschön der nächste Song auf die CD geschustert. Zugegebenermaßen hebt sich das Stück jedoch erheblich ab: Ein fast schon paranoider Unterton im Gesang der Ich-Erzählerin, der die ganze Sache wesentlich interessanter klingen lässt und vorallem: Ein vorzüglicher Refrain. Da springt die Bewertung nochmal ein Stück nach oben!


#12 – In My Veins (3:23)
Wir lassen das Album emotional ausklingen. Weg mit den Instrumenten, weg mit gnadenloser Überproduktion im Studio. Marsha weiß auch ohne Lead-Guitar stimmlich zu überzeugen, einzig und allein begleitet durch das Klavier. Ein überzeugendes Werk einer Band, die auch abseits der harten Gefilde eine Heimat und ganz klar ein Herz haben. Zwar wird man sich bei solchen Songs stets mit der artverwandten Konkurrenz messen lassen müssen – allen voran mit Amy Lee (Evanescence) –, dennoch zeigen Exilia, dass sie auch hier auf sich aufmerksam machen können.

Beruhigt durch In My Veins trete ich aus dem schmetternden Decode von Exilia heraus. Die Jungs und Mädels machen Druck, so viel steht fest. Zugegebenermaßen ist es nicht der erste Durchgang gewesen, der mir die eine oder andere Perle sofort aufgezeigt hat (mit Ausnahme von All In Vain), aber nach dem zweiten und dem dritten Mal verliebt man sich in die Nuancen eines insgesamt leider sehr steif geratenen Albums. Der eine schwört auf den Sound und wird von konsequenter Weiterführung alter musikalischer Werte sprechen, die Exilia von Beginn an predigte – anderen wird fad nach dem x-ten ähnlichen Song. Exilia-Fans werden dementsprechend mehr als beruhigt zugreifen können. Bei Neu-Fans könnte sich eine Übersättigung einstellen – oder ein spontanes Verlieben in die Ausnahmestimme einer Masha.

Anspieltipps: Invisible – All In Vain – Over The Edge

Seth "Vio" Echoes

Punkte: 6.5 / 10


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