Bereits der erste Track ”I Am Colossus“ ist Programm. Die Jungs stampfen sich ihren Weg frei um unmissverständlich klar zu machen, dass Meshuggah immer noch eine Macht sind. Man kann sich das ganze musikalisch ungefähr so vorstellen wie richtig fiese Fear Factory, die es geschafft haben, Gene Hoglan in Zeitlupe spielen zu lassen und ihre Instrumente noch ein paar Töne tiefer zu stimmen.
Das mit dem Zeitlupen-Tempo lässt sich von der nächsten Nummer ”The Demon‘s Name Is Surveillance“ wohl nicht behaupten. Mit ihrer kultivierten Polyrhythmik und getriggerten Drums schlägt dieser Song eine Schneise ins Hirn. Ich hätte große Lust, sämtliche Metzel- und Gartenmetaphern jetzt schon zu verbraten, aber acht weitere Songs warten schließlich noch auf uns. Nichtsdestotrotz kloppen uns Meshuggah hier hörenswerte Melodien an den Kopf, wenn man die denn so nennen mag. Auf jeden Fall wirkt die Musik. Wer nach einem frustierenden Arbeitstag mit der geballten Faust in der Tasche nach Hause komme und am liebsten das Inventar zertrümmern möchte, findet hier entweder absoluten Ausgleich oder den Soundtrack zu selbiger Aktion. Mit aufgerissenem Verstärker macht jedenfalls beides Laune!
Vertrackter geht es bei ”Do Not Look Down“ zu. Eine richtig starke Nummer, die ordentlich nach vorne geht und breaktechnisch sämtliche Metalcore-Kiddies in ihren Röhrenjeans so richtig nass macht. Wer hier im „Takt“ headbangen kann, verdient Respekt!
Nach dem recht unspektakulären ”Behind The Sun“ pflügen sich Meshuggah mit ”The Hurt That Finds You First“ wieder energischer durch das Feld. Typische Meshuggah-Vollbedienung, die am Ende etwas psychedelisch abdriftet und schließlich ausklingt. Ob das einen höheren Sinn hatte?
”Marrow“ entpuppt sich als einer der besten Songs auf ”Koloss“. Hier wird demonstriert, wie groovend die vertrackten Hooks klingen können ohne dabei an Aggressivität zu verlieren. Six Feet Under meets The Almighty Punchdrunk. Endlich dürfen die Gitarren auch mal in höheren Registern etwas frickeln, da kommt Freude auf.
”Break Those Bones Whose Sinews Gave It Motion“. Klingt doch nett, oder? Leider ist in diesem Fall der Titel interessanter als weite Strecken des Songs selbst. Es geht für meinen Geschmack zu belanglos daher, man ist leicht versucht, die Skip-Taste zu betätigen.
Das ändert sich aber mit dem nächsten Track ”Swarm“ deutlich. Das Riffing ist deutlich besser geraten und verliert sich nicht in der Belanglosigkeit. So darf es weiter gehen.
Tut es aber nicht ganz. Denn ”Demiurge“ ist mit Abstand das beste, was ”Koloss“ zu bieten hat. Ein bang-freudiger Groove mit brachialen Saiteninstrumenten (alleine der Bass-Sound macht diese Nummer zu einem Highlight) ist die ultimative Abrissbirne. Nach der Bedeutung des Tracktitels (Demiurg war in der Antike eine Bezeichnung für den Schöpfergott) ist es tatsächlich die schöpferische Wurzel von ”Koloss“. Das ist Meshuggah in Reinkultur!
Auf ”The Last Virgil“ soll anscheinend die 50-minütige Tracht Prügel namens ”Koloss“ verarbeitet werden. Es gibt keine verzerrten Gitarren, keine Drums, sondern nur ein vor sich hin plätscherndes Outro. So ähnlich wie ein Cool-Down im Fitness-Studio. Im Falle Meshuggah aber gänzlich unnötig.
So bleiben nach zehn Tracks etliche davon im Ohr und verlangen nach einer Zelebrierung in Maximallautstärke. Leider mischen sich ein paar schwächere Songs dazwischen, die Meshuggah 2012 für mich zu beliebig klingen lassen. Das ging in der Vergangenheit schon deutlich besser, so dass für die nächste Langrille Steigerungsbedarf angesagt ist. 7,5 Punkte für den Math Metal aus Schweden.
(7,5/10 Punkte)
geschrieben von mir und erschienen auf rockandrollcircus.de (http://www.rockandrollcircus.de/meshuggah-koloss/042634)
Punkte: 7.5 / 10