Weena Morloch Amok (2011) - ein Review von DarkForrest

Weena Morloch: Amok - Cover
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1 Review
4
4 Ratings
7.25
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic: Industrial


DarkForrest
12.03.2018 17:40

2011 hat Alexander Kaschte unter Weena Morloch das “Amok” Album rausgehauen und ich weiß noch, dass damals ein ziemliches Geschiss um das Album gemacht wurde, das eigentlich schon Jahre vorher rauskommen werden sollte. Angeblich verweigerte sogar das Label den Release, da “Amok” unter anderem den Amoklauf von Emsdetten thematisierte und das Thema wohl zu heikel erschien. Immerhin hat wohl der Amokläufer auch ein paar Textstellen aus “Kugel Im Gesicht” vom Vorgänger “Kadaverkomplex” zitiert, was die ganze Sache einigermaßen interessant hat werden lassen.

2011 war es dann doch soweit und “Amok” wurde mit gemischten Meinungen aufgenommen. Manch einer fragte sich, ob das stilistisch noch Weena Morloch ist oder waren der Meinung, dass man das so auch unter “Samsas Traum” hätte veröffentlichen können. Ich bin da etwas hin und her gerissen. Musikalisch hatte Weena Morloch auch vorher schon kein festes Konzept. Am Anfang stand für mich unhörbares Death Industrial Noise irgendwas Gematsche, mit “Kadaverkomplex” hat die Musik etwas Struktur bekommen und natürlich den Song “Kugel Im Gesicht” auf den die Scheibe gerne reduziert wird, der aber auch dort schon aus der Reihe fiel und dann gab es ja noch die “Trauma 7” EP, die sich stilistisch ja auch schon ziemlich an das Hauptprojekt angenähert hat. Außerdem ist zumindest textlich ein Bezug zu Weena Morloch zu erkennen. Wir haben auf “Amok” genug linnksextreme Songs und auch ein Lied zum namensgebenden Mädchen aus dem Wasser. Trotzdem klingt “Amok” schon nach ziemlich durchschnittlicher deutscher Härte und die saubere Produktion nimmt dem Projekt alle Ecken und Kanten, die es vorher noch hatte. Ich habe jetzt nichts gegen das Genre an sich, aber für Weena Morloch war mir das auch irgendwie zu konventionell und glatt gebügelt. Dazu kommt, dass wir hier den ersten Release von Weena Morloch haben, den man so ohne weiteres kaufen konnte, ohne dass das Teil bald vergriffen war und man dafür irgendwelche Fantasiepreise auf eBay hinlegen musste.

Bevor ich mich den Songs widme, muss ich noch einmal betonen, dass ich die politischen Ansichten, die Kaschte uns hier mehr als deutlich auf die Nase bindet, jetzt nicht so prickelnd finde. Von der RAF bis hin zur Glorifizierung des Kommunismus ist so ziemlich alles dabei auf das die Antifa stolz wäre und ich traue Kaschte auch nicht wirklich zu das ganze ironisch oder überspitzt zu interpretieren (falls doch, geht mir das jedenfalls total ab). Falls jemand damit kein Problem hat oder das prima findet ist natürlich alles tutti, für mich aber schonmal direkt ein kleiner Minuspunkt. Aber man hört Musik ja nicht nur wegen den Texten (ich zumindest nicht, wenn ich zu Weena Morloch greife).

Los geht es dann auch direkt mit der “Nacht Der Stumpfen Messer”, welches sich überraschender Weise mit der RAF auseinandersetzt. Ich muss aber sagen, dass die Samples das Stück sehr sinnvoll einleiten und gut damit verknüpft sind. Sie klingen jedenfalls weniger wie ein Fremdkörper als zum Beispiel auf “Kadaverkomplex”. Auch zeigt Kaschte hier wieder, dass er weiß wie man harte Gitarren mit Elektronik verbindet und einen guten eingängigen Opener macht, der gut vorlegt und einen guten Eindruck vom Album vermittelt. “Kaputt” legt dann gut nach. Die Härte wird gesteigert. Beat und Gitarrenriff holzen hier gut um die Wette und wenn ich das nächste Mal angepisst bin, weiß ich welchen Song ich dann laut hören werde. Bis jetzt habe ich wenig an “Amok” auszusetzen.

Mit “Wenn Ich Einmal Groß Bin” kommt dann für mich der erste Einbruch. Tempo, Musik - passt alles. Man merkt, dass “Amok” um die Zeit erschienen ist als Kaschte ständig Gitarrensolos in seinen Songs unterbringen musste. Teilweise mit etwas fragwürdigen Ergebnissen, aber “Wenn Ich Einmal Groß Bin” würde ich als positives Beispiel sehen. Wo liegt also das Problem? Kaschtes Gesang passt da sehr schlecht rein und vor allem wenn er versucht böse zu klingen kommt bei mir eher Fremdscham auf. “Alarm” macht das ganze besser, groovt so vor sich hin, könnte vielleicht etwas mehr Wiedererkennungswert haben, ist aber eine grundsolide Nummer.

Mit “Attentat” wird es dann ziemlich mainstreamig. Hier haben wir das eingängige leicht zugängliche Stück mit einem Text mit dem sich irgendwie jeder identifizieren kann unter den Weena Morloch Songs. Bisschen weniger verzerrte Gitarren minus 1-2 Textstellen und das Ding wäre radiotauglich. Das klingt jetzt negativ, ist so aber nicht gemeint, denn “Attentat” funktioniert sehr gut so wie es ist, auch wenn es soweit von Weena Morloch entfernt ist wie irgend möglich. “Ein Lied, Dich Zu Töten” knüpft dann inhaltlich an “Weena Morlock” und “Wasser” an. Schöne intensive Nummer, die auch die langsamen Töne trifft und zumindest musikalisch wie ein sehr gutes Samsas Traum Lied klingt.

Kaum gefällt mir “Amok” richtig gut, kommt direkt ein Scheißsong, der das Niveau vom Feinsten runterzieht. Die Rede ist von “Disko-Vampir”. Wo fängt man da an? Dass das Ganze weder musikalisch noch thematisch in irgendeiner Weise als Weena Morloch Stück zu rechtfertigen ist, ist echt das geringste Problem. Alles an der Nummer klingt einfach nach Resterampe und etwas, das man irgendwann einmal irgendwo verwursten wollte und das hier getan hat. Es klingt absolut langweilig und belanglos, bei den Lyrics verziehen auch unter 16 - jährige, die hier wohl die Zielgruppe ausmachen sollten vor Fremdscham das Gesicht und selbst das Gitarrensolo klingt hier deplatziert und macht die Sache nur noch schlimmer. Also schnell weiter zu “Versprochen”, welches wieder einiges wett macht. Ein hübsches Liebesdrama Lied, in welchem Kaschte gegen Ende zeigt, dass er ja doch einigermaßen harte Vocals liefern kann.

Ein bisschen prätentiös wird’s dann nochmal mit “Einen Lenin Pro Tag”. Hier gibt sich Kaschte schon wieder als böses Kind und dementsprechend haben wir hier auch genau die gleichen Stärken und Schwächen wie bei “Wenn Ich Einmal Groß Bin”. Beide Songs klingen einander wirklich ähnlich, wobei “Einen Lenin Pro Tag” immerhin etwas runder klingt und mich selbst das Keyboard hier nicht nervt. Trotzdem eher Durchschnitt. Bei “Herz Und Faust” freuen sich dann nochmal die kommunistisch angehauchten Hörer. Der Rest wendet sich genervt ab oder erfreut sich wenigstens am ordentlichen Tempo und der Tanzbarkeit, die man dem Lied nicht absprechen kann.

Das große Finale bildet dann der “kontroverse” Titeltrack. Oh man, antiklimaktisch ist gar kein Ausdruck. Wenn ich Kaschte jetzt einfach mal unterstelle, dass er nicht einfach nur Profit aus einer schlimmen Sache schlagen, sondern sich ernsthaft und respektvoll damit auseinandersetzen wollte, dann ist ihm das immerhin in so weit gelungen, dass er die Tat weder glorifiziert noch mit dem erhobenen Zeigefinger drauf zeigt. Ziemlich pathetisch und plakativ wird die ganze Kritik an der bösen Gesellschaft dann aber doch schnell. Dass er sich dazu noch dafür entschieden hat eine ruhige Ballade mit viel Piano- (oder billig Keyboard-) geklimper draus zu zimmern, macht die Sache für mich fast schon unhörbar. Sorry, aber sowas möchte ich nicht unbedingt auf einem Weena Morloch Album hören. Okay, vielleicht bin ich da nicht offen genug, klingt für mich aber trotzdem scheiße und ich frage mich, in wie weit dieser Song wirklich nötig war. Aber gut, damit wäre das Thema dann auch abgefrühstückt.

Ziemlich schwierig mir ein abschließendes Urteil zu bilden. Ich gehe mal auf ganz knappe 7 Punkte. Einiges an “Amok” nervt - und zwar hart. Songs wie der Titelsong oder “Disko-Vampir” tun einfach nur weh. Auf der anderen Seite kann “Amok” mit richtig gutem Material punkten. Songs wie “Versprochen”, “Ein Lied, Dich Zu Töten” oder “Kaputt” reißen ordentlich was raus und damit die Wertung nach oben und wenn ich mir den “durchschnittlichen” Song auf “Amok” anschaue, fällt es mir schwer eine durchschnittliche Wertung so zwischen 5 und 6 Punkten zu rechtfertigen. Trotzdem ist noch viel Luft nach oben übrig. Ich weiß übrigens nicht, was der gute Alexander Kaschte noch so alles danach auf den Markt geworfen hat, also weder unter Weena Morloch noch unter Samsas Traum. Deshalb kann ich “Amok” auch schwer in Bezug zum restlichen Schaffen des Künstlers setzen.

Punkte: 7 / 10


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