Witchfynde Lords Of Sin (1984) - ein Review von Doominator

Witchfynde: Lords Of Sin - Cover
2
2 Reviews
10
10 Ratings
8.75
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Heavy Metal


Doominator
19.01.2014 18:41

1984, die NWOBHM gedeiht bereits seit einigen Jahren, viele große Künstler dieser Bewegung sind bereits in der Versenkung verschwunden, andere zünden erst jetzt, wieder andere verlieren sich in Stilwechseln und Orwell erwähnen wir hier nicht. WITCHFYNDE, Pioniere der Bewegung (gegründet bereits 1973, seit 1979 am veröffentlichen) und thematisch stets in südlicheren Gefilden des Heavy Metal Himmels angesiedelt, komponieren The Lords of Sin. Ein selten thematisiertes Werk, welches die musikalischen Änderungen seit dem Einstieg von Sänger Luther Beltz und seinem Einstand auf „Cloak and Dagger“ aufnimmt und gleichermaßen verfeinert.

Kompakter und eingängiger wurde das Songwriting, verglichen mit dem Frühwerk, rifflastiger das Gitarrenspiel. Das knochentrockene und bisweilen sperrige Material der ersten beiden Alben, weicht hier endgültig einem durchweg geradlienigen Sound. Wäre das Album kommerziell erfolgreich gewesen, so wäre der Kommerzvorwurf mehr als angebracht, das Material ist teils mehr als radiotauglich. Finster, schwer und böse und verdammt radiotauglich zugleich. Die Melodieführungen wären teils auch in der gleichzeitig auftretenden New Wave (ohne „of British Heavy Metal“) nicht Fehl am Platze. Gleichzeitig halten die besagte Rifflastigkeit und die organische Produktion das Album eindeutig schwermetallisch. Eine äußerst deliziöse Kombination, die meines Erachtens die bereits sehr starken früheren Outputs noch übertrifft. Wären Begriffe wie Dark Metal oder Düsterrock nicht bereits existent und teilweise so negativ konnotiert, so wären dies hier angemessene Bezeichnungen.

Ich möchte nur auf besonders ohrenfällige Stücke dieses Werks eingehen.
Der einleitende Titeltrack ist ein auf Anhieb faszinierend eingängiger Trip direkt in die mit sanfter Gewalt zupackenden Arme der Sündengötter. Finster-poppige Melodielinien treffen auf sattes NWOBHM-Riffing und Herrn Beltz‘ durchdringenden Gesang. Mittelhoch, leicht kratzig und stets brutal charismatisch kommt seine einzigartige Stimme daher. Der Song wabert über 6 Minuten im gemäßigten Midtempo vor sich hin, bietet im Prinzip wenig Variation, was er jedoch auch nicht muss, denn das Songwriting ist wirklich sehr geschickt, das Stück ist kurzweilig und die der Sünde anheimgefallene Seele will mehr.

Dann wäre da „Heartbeat“, eine leidenschaftliche und wieder durch den enorm intensiven Gesang regelrecht entfesselt daherkommende Ballade. Während frühere diesbezügliche Versuche aus dem Hause WITCHFYNDE einen gewissen Klebrigkeitsfaktor hatten (Madeline), kommt diese hier ohne jeden Kitsch aus und repräsentiert hingegen die dem Album innewohnende düster-sehnsüchtige Atmosphäre auf balladeske Weise. Der Refrain wird inflationär wiederholt, schafft es aber, nicht zu nerven, sondern eine eigentümlich hyptnotische Wirkung zu entfalten.

„Scarlet Lady“ knüpft inhaltlich an das unvergessene „Pay Now, Love Later“ an. Ähnlich wie im Falle des Letzteren auch hier eine schnelle Rock ‘n Roll Nummer, die jedoch ihrer locker-frivolen Ausrichtung zum Trotze die Düsternis des Albums nicht außen vor lässt, sondern beide Elemente auf eine Weise miteinander verknüpft, wie es wohl nur im Rahmen einer Sexparty mit den Huren Satans möglich ist.

Das mit Abstand überlegene Stück, nicht nur dieses Werkes, sondern WITCHFYNDEs überhaupt, stellt nach meinem Dafürhalten „Conspiracy“ dar. Eine absurd starke Melodieführung, die sich immer wieder selbst übertrifft, gepaart mit einem der stärksten Riffs aus dem Handgelenk von Montalo, liegt diesem Songmonster zugrunde. Die Verse lassen bereits aufhorchen, wenn nicht gleich beim ersten Mal mitpfeiffen, der Subchorus setzt dem noch mehr als nur einen drauf, kündigt eine gewaltige Kulmination an und der letztendliche Refrain ist so unfassbar hymnisch, es ist ergreifend. Lyrisch ist das Stück scharfzüngig, aber allgemein genug gehalten für Interpretationen über Verschwörungen aller Art, sei es in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder einfach im Bekanntenkreis. Eine zeitlose Thematik. Ich kann mir richtig bildhaft vorstellen, wie man dieses Lied zur Akustikgitarre am Lagerfeuer trällert, alle im Chor, denn „we’re in this together and we aaaall agree, there’s no escape from this conspiracy“. Vergesst doch weinerliche, abgenudelte Sachen wie „Blowing in the Wind“, singt WITCHFYNDE. Nun ja, eigentümliche Utopien beschleichen mich beim Hören des Songs, aber das Potential dazu hätte er.

Auch der Rest des Albums lässt sich durchweg mit Freude hören, bietet aber keine vergleichbar zwingenden Kompositionen mehr. Es regiert angenehm düsterer Stoff, durch Tempowechsel zwischen den Stücken abwechslungsreich, aber so richtig mitreißend wird es bei den meisten Songs doch nicht.

Hervorzuheben ist die Produktion, diese ist gereift, ohne dadurch an Charisma zu wünschen übrig zu lassen. Auf den Werken bis Stagefright herrschte ein ultratrockener Sound, der den Knochenstaub der zerriebenen Gebeine entthrohnter Fürsten atmete. Hier hingegen ein im Rythmusbereich organisch-warmer, gleichzeitig von relativ hoch gestimmten Gitarren geprägter Klang, was wunderbar miteinander harmoniert und die einzigartige Stimmung des Albums sicher entscheidend mitprägt.

Die „Begleitumstände“ sind ausgesprochen gelungen: Das Cover zeigt einen überzeugend bedrohlich wirkenden Sündengott, sowie kleinere Details. Finster, eigensinnig, aber kompakt und nicht überladen. Ebenso wie auch das darauf gebannte akustische Gut. An Stelle der Songs zählt das Backcover Sünden auf, eine witzige Idee, da der Leser, bedingt durch die Anordnung, zunächst denkt, die Songs hießen entsprechend.

Insgesamt für dieses eigensinnige Werk, welches genial düster-poppige Melodielinien monolitisch mit schwerem, bodenständigem Heavy Metal verschmilzt 8,5 Punkte. 11 für Conspiracy.

Punkte: 8.5 / 10


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