Somit ist also dieses 2005er Werk das erste DM-Album mit Songs aus der Feder Gahan's, der beim Writing durch den Drummer Christian Eigner und den Studiotechniker Andrew Philpott unterstützt wurde. Auf diesen Tracks lag natürlich ein großer Augenmerk im Rahmen der Veröffentlichungen, und nicht selten wurden Vergleiche mit den Gore-Songs angestrengt.
Wichtigste Veränderung aber war: Nach der experimentellen und sehr ruhigen "exciter" von 2001 fanden DEPECHE MODE wieder einen Weg zu höheren Tempi und härteren Beats. Schon die Vorabsingle "precious" gab den Weg vor: Ein wunderbar melodiöser Popsong an der Grenze zur Kommerzialität, der in seiner Struktur dem Überhit "enjoy the silence" nicht ganz unähnlich ist, der aber trotz allem eine gewisse Distanz zum Mainstream wahrt und eben eine klassische DM-Nummer ist. Der Song hielt sich mehrere Wochen in den deutschen Single-Top-10 und war der erfolgreichste Song der Band seit "i feel you" von 1993.
Auch ansonsten hat der Longplayer viele schöne Momente zu bieten: Der mit Sirenengeheul startende und durch donnernde Drums vorangetriebene Opener "a pain that i'm used to" bringt direkt zu Beginn auf Touren und klingt so klassisch nach Depeche Mode der neueren Phase, dass es eine Freude ist. Auch "the sinner in me" klingt intensiv, die schneidenden Sequencer fördern die Leidenschaft ungemein, und die Gesangsharmonien von Dave und Martin sind absolut fantastisch. Die beste Gahan'sche Komposition, "suffer well", ist eine Uptempo-Nummer, die sich auf klassichem DM-Terrain bewegt und mit ihren klickenden Synthisounds wie eine modernisierte Version von "world in my eyes" daherkommt. Sie verweist "nothing's impossible", ebenfalls von Dave verfaßt, auf den zweiten Rang. Doch auch hier zeigt sich, daß der Leadsänger mittlerweile in der Lage ist, Songs im typischen DM-Stil zu schreiben. Gut getimte Gitarrensounds und ein schönes Synthi-Leadriff lassen keine Zweifel am Interpreten. Martin Gore übernimmt bei zwei Songs die Leadstimme: Während "macro" sperrig und sehr speziell wirkt, ist der Refrain von "damaged people" einfach nur wunderschön warm und gefühlvoll. Ganz großes Tennis spilet sich am Schluß der Platte ab: "the darkest star" ist fast schon quälend langsam, sehr intensiv, schwermütig - und unglaublich athmosphärisch. Zunächst recht minimal gehalten und an den Sound von "exciter" erinnernd, steigert sich der Track im Verlauf und wirkt insgesamt wesentlich kraftvoller als jeder Song des Vorgängers.
Allerding muß man auch sagen: "playing the angel" beinhaltet auch das erste Mal Songs, die überhaupt nicht wirken. "lilian" wirkt wie ein Song, mit dem eine Band ihren Idolen nacheifern möchte und dabei gnadenlos ins Klo greift. Der Refrain wirkt fürchterlich erzwungen, die Sounds wenig orginell, und der Track insgesamt wirkt einfach nur uninspiriert. "i want it all" ist gepflegte Langeweile in vertonter Form, die jeglichen Spannungsbogen vermissen läßt. Und auch "john the revelator" wirkt deplaziert, als würde die Band sich zwingen, wieder schnellere Tracks zu produzieren, um gewisse Erwartungen zu erfüllen.
Letztendlich ist "playing the angel" ein schöner und weiterer Schritt der Band, mit dem man als Fan gut leben kann. Klassiches Material findet sich hier neben einigen Neuerungen, und ein Hit ist auch dabei. ;) Schöne Sache!
TOP-SONGS:
- a pain that i'm used to
- the darkest star
- the sinner in me
- precious
- suffer well
- nothing's impossible
Punkte: 7.5 / 10